Praxisbericht

BITBW spart Energie durch Kaltgangeinhausung

Kaltgangeinhausung von Servern in einem Rechenzentrum

Der Energieaufwand für die Kühlung der Serverräume in Rechenzentren ist allgemein sehr hoch. Meistens steht er nach dem Energiebedarf der aktiven IT-Komponenten an zweiter Stelle. Ein optimiertes Kühlsystem bietet somit ein großes Energiesparpotenzial.

Dieses Potenzial wollen Manfred Haide (Leiter des Referats Rechenzentrum) und Djordje Bogdanovic (Technischer Leiter des Rechenzentrums) von der BITBW in Stuttgart ausschöpfen. Schon längerfristig planen sie daher eine Kaltgangeinhausung in den Maschinensälen des BITBW-Rechenzentrums. Im Jahr 2018 wurde die Einhausung der ersten fünf Kaltgänge in zwei Maschinensälen umgesetzt.

Geschätzte Energieersparnis: 100 Megastunden pro Jahr

Durch die Einhausung der fünf Kaltgänge wird geschätzt 10 Prozent weniger Energie zur Kühlung benötigt. Bei einem Verbrauch von 1.120 Megawattstunden im Jahr 2017 beläuft sich die Energieersparnis auf 100 Megawattstunden pro Jahr. Aktuell sind 50 Prozent der BITBW-Serverräume eingehaust. Bei einer Kompletteinhausung der restlichen 50 Prozent, die in den Folgejahren geplant ist, können schätzungsweise 200 Megawattstunden pro Jahr eingespart werden.

BITBW spart Energie durch Kaltgangeinhausung

Die Bedingungen vor Ort

Der Bau in der Krailenshaldenstraße 44 ist aus dem Jahr 1973. 2008 wurde das Rechenzentrum im Keller des Gebäudes komplett erneuert.

Neben BITBW betreibt Komm.ONE ein Rechenzentrum im selben Gebäude. Das Rechenzentrum der BITBW belegt mit 800 Quadratmeter den größten Flächenanteil und verbraucht rund 75 Prozent der Gesamtstromkosten. Die Klimatisierung des Gebäudes erfolgt zentral.

Nächster Schritt: Austüfteln der optimalen Kaltlufttemperatur

Im Dezember 2018 war die Einhausung der fünf Kaltgänge abgeschlossen. Es folgte die Abdichtung der Serverschränke sowie die Einstellung der richtigen Temperatur der Umluftkühlgeräte. Dazu statteten Klimatechniker die Maschinensäle mit Sensoren und Druckfühlern aus und führten ein Monitoring durch. Die Herausforderung hierbei war das Ermitteln der optimalen Kaltlufttemperatur. Zu warme Luft erzielt nicht den gewünschten Kühleffekt. Zu kalte Luft bewirkt dagegen das unerwünschte Kondensieren von Feuchtigkeit.

Kosten und Förderung

Die Gesamtkosten für die Maßnahme belaufen sich auf rund 100.000 Euro. Die Einhausung der fünf Kaltgänge schlug mit rund 80.000 Euro zu Buche, Sensoren, Klimatechnik und Temperatureinstellung kosteten 15.000 Euro. Weitere Kosten in Höhe von 5.000 Euro entstanden durch Blenden und Bürsten zur Verbesserung der Luftzirkulation.

40 Prozent der Kosten förderte die Kompetenzstelle Green IT des Umweltministeriums Baden-Württemberg.

Bei der erwarteten Energieeinsparung von 100 Megawattstunden (im Endausbau 200 Megawattstunden) amortisieren sich die Kosten innerhalb von drei bis fünf Jahren.

Weitere Einhausungen geplant – in Zukunft mehr freie Kühlung nutzbar

Bis 2020 sollen die restlichen Kaltgänge in den BITBW-Maschinenräumen eingehaust sein. Sofern alle Mieter bis dahin eine Einhausung vorgenommen haben, kann die Vorlauftemperatur der zentralen Wasserkühlung erhöht werden. Dann erhöht sich auch der Anteil der freien Kühlung an der Klimatisierung der Rechenzentren. Wird freie Kühlung genutzt, kann ein Kühlsystem je nach Standort pro Grad Celsius erhöhter Kaltgangtemperatur 300 bis 500 Stunden pro Jahr ohne den Einsatz einer Kältemaschine betrieben werden.

Projektfazit und Tipps

Haide und Bogdanovic sind mit der Umsetzung der Maßnahme zufrieden. Neben der hohen Energieeinsparung hebt Bogdanovic den Platzgewinn für zusätzliche Server hervor. Dank der effizienteren Kühlung kann die Leistungsdichte in den Racks um 70 Prozent erhöht werden. Da die Serverlandschaft der BITBW stetig wächst, bedeutet dies weitere Einsparungen: Die Erschließung zusätzlicher Gebäude ist erstmal nicht notwendig.

Vor der Einhausung

  • Temperatur der Zuluft im Kaltgang: 22 Grad Celsius
  • Leistungsdichte in den Racks: 3,5 Kilowatt

Nach der Einhausung

  • Temperatur der Zuluft im Kaltgang: 24 bis 27 Grad Celsius
  • Leistungsdichte in den Racks: 6 Kilowatt

Positiv ist auch, dass die Maßnahme ohne Betriebsausfall durchgeführt werden konnte.

Den Verzicht auf das Energie-Contracting sieht Haide im Nachhinein positiv. Beim Energie-Contracting entscheidet in der Regel der Contracting-Geber, welche Materialien er verbaut. Aus Kostengründen wird daher häufig Plexiglas für Einhausungen verwendet. Der Nachteil: Plexiglas verfärbt sich mit der Zeit. Zudem flattert es im Luftstrom. Haide ist daher froh, dass die BITBW diese Entscheidung selbst fällen und Echtglas verwenden konnte.

Fazit der Kompetenzstelle Green IT

Aus Sicht der Kompetenzstelle Green IT ist die Maßnahme ein klarer Erfolg. Der höhere Wirkungsgrad der Kühlanlage spart Energie und verringert die Kohlenstoffdioxid-Emissionen. Wird für die genutzte Energie der deutsche Strommix zugrunde gelegt, werden bei einer Einsparung von 200 Megawattstunden pro Jahr rund 98 Tonnen Kohlenstoffdioxid eingespart.

Hinweis: CO2-Emissionen aus dem deutschen Strommix 2017 (Hochrechnung): 489 Gramm CO2 pro Kilowattstunde (vergleiche Hochrechnung des Umweltbundesamts: Entwicklung der spezifischen Kohlendioxid-Emissionen des deutschen Strommix in den Jahren 1990 – 2017 [PDF]).

Auch der zusätzliche Platz für weitere Server durch die höhere Packungsdichte in den Racks ist aus Green-IT-Sicht ein großer Gewinn. Andernfalls müssten weitere Räumlichkeiten gefunden oder neu gebaut werden. Ein Neubau bietet zwar Chancen, von Anfang an eine noch energieeffizientere Kühlung einzuplanen. Die Versiegelung von Flächen und der hohe Rohstoffverbrauch bedeuten jedoch stets negative Auswirkungen für Natur und Umwelt.