Die Versorgungssicherheit in Baden-Württemberg hängt von vielen Faktoren ab. Zentral sind die erneuerbaren Energiequellen, die uns künftig mit Strom versorgen. Mindestens ebenso entscheidend ist aber auch die sie umgebende Infrastruktur: flexible konventionelle Kraftwerke, moderne Speicher und intelligente Netze. Was in diesem Puzzle noch fehlt? Wir, die Verbraucher. Denn auch unser Verhalten hat Einfluss auf die Versorgungssicherheit.
Der Haushalt von morgen: intelligent und flexibel
Waschmaschinen, Trockner oder Warmwasserboiler könnten gezielt anlaufen, wenn viel Wind- und Solarstrom im Netz ist – und Elektroautos könnten genau dann ihre Batterien laden. Neu ist das Prinzip nicht: Verbraucher kennen es von Nachtspeicherheizungen und Wärmepumpen, für die Stromanbieter günstigere Tarife in sogenannten Schwachlastphasen anbieten. Bisher waren diese Phasen wegen schwerfälliger Kraftwerke, die möglichst rund um die Uhr laufen sollten, relativ gut voraussehbar. Das ändert sich nun.
Der Verbrauch muss daher nicht nur zeitlich verschiebbar, sondern idealerweise auch flexibel und intelligent zu steuern sein. Ein wichtiger Baustein dafür sind „Smart Meter", intelligente Messsysteme, die Transparenz herstellen. Sie können zu Hause anzeigen, wann elektrische Energie günstig zur Verfügung steht und damit Anreize dafür setzen, dass entsprechend programmierte Haushaltsgeräte genau dann ans Netz gehen.
Der Markt von morgen: reaktionsschnell und smart
Sind „Smart Meter", in ein auf der Verteilebene intelligentes Stromnetz eingebunden, können regelmäßig Verbrauchsdaten kommunizieren – selbstverständlich anonymisiert, um die Datenschutzrichtlinien zu erfüllen. So tragen sie dazu bei, dass Über- wie Unterversorgung rechtzeitig vorhergesehen werden und in Zukunft möglicherweise korrigierend eingegriffen werden kann. Wir sprechen dann von „Smart Markets“ und „Smart Grids“: Gemeint sind schnell reagierende Märkte, auf denen Energiemengen entsprechend Angebot und Nachfrage gehandelt werden. Und Netze, die das mitmachen.
Anlagen auslasten, wenn viel Strom da ist
Wird der Verbrauch dynamisch an die schwankende Stromerzeugung angepasst, sprechen Experten vom Lastmanagement oder dem „Demand-Side-Management“ (DSM). Daran sind nicht nur Privathaushalte beteiligt, sondern auch die Industrie – denn Betriebe im verarbeitenden Gewerbe, im Bergbau und in der Gewinnung von Steinen und Erden verbrauchen immerhin rund 36 Prozent des Stroms in Baden-Württemberg (Quelle: Energiebericht 2024). Durch flexiblere Prozesse könnte die Industrie in Süddeutschland einen großen Teil ihres Strombedarfs zeitlich verschieben und so einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten. Konkret hieße das, dass Anlagen stärker ausgelastet werden oder beginnen zu arbeiten, wenn viel Strom eingespeist wird – und dann heruntergefahren werden oder vom Netz gehen, wenn Engpässe drohen.
Dass die Industrie bei drohender Netzinstabilität Lasten abschaltet, ist im Übrigen keine reine Zukunftsvision, sondern bereits Praxis: Seit 2013 können Übertragungsnetzbetreiber mit industriellen Großverbrauchern Konditionen aushandeln, damit diese kurzfristig vom Netz gehen. Für diesen Beitrag zur Versorgungssicherheit sowie fürs tatsächliche Abschalten erhalten sie dann eine Entschädigung. Es geht aber bei weitem nicht nur um Notmaßnahmen: Wenn zukünftig der Strompreis aufgrund der Verfügbarkeit von Wind und Sonne viel stärker schwankt als heute, kann es ein lohnendes Geschäftsmodell sein, hohe Preisspitzen zu vermeiden oder seinen Stromverbrauch in Zeiten niedriger Preise zu verlagern. Notwendig sind dazu zum Beispiel Speicher für Zwischenprodukte.