Erhalten, was uns erhält – das Land Baden-Württemberg verpflichtet sich zum Erhalt der biologischen Vielfalt als Lebensgrundlage. Deshalb hat die Landesregierung Ende 2017 das Sonderprogramm zur Stärkung der biologischen Vielfalt aufgelegt. Das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft, das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz und das Ministerium für Verkehr setzen mit dem bundesweit einmaligen Sonderprogramm zahlreiche Maßnahmen zur Stärkung der biologischen Vielfalt um.
Fachlich begleitet wird das Sonderprogramm durch ein wissenschaftliches Fachgremium, bestehend aus neun Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern unterschiedlicher Hochschulen in Baden-Württemberg. Das Fachgremium berät die Ressorts bei der Umsetzung des Sonderprogramms, evaluiert die Maßnahmen und gibt Impulse für die Weiterentwicklung.
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Abschlussbericht 2018/2019: Evaluation durch das wissenschaftliche Gremium [PDF; 10/20; 1 MB]
Wichtige Partnerinnen und Partner sind unter anderem die Landschaftserhaltungsverbände, die Regierungspräsidien, Landesanstalten der betroffenen Fachgebiete (Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg, Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg, Landwirtschaftliches Technologiezentrum Augustenberg, Landwirtschaftliches Zentrum Baden-Württemberg, Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau (LVG) Heidelberg, Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau Weinsberg), die unteren Behörden, die Biosphärengebiete, die Landkreise, verschiedene Universitäten in Baden-Württemberg. Sie nehmen eine Schlüsselfunktion ein: als Ideenschmiede für biodiversitätsfördernde Vorhaben, Beraterinnen und Berater, als wichtige Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner für die Akteurinnen und Akteure vor Ort. Mit dem Sonderprogramm werden vielgestaltige und zukunftsweisende biodiversitätsfördernde Impulse gesetzt, die landesweit wirken und auch über die Grenzen Baden-Württembergs hinaus Beachtung finden.
Seit 2018 stehen dem Sonderprogramm jährlich insgesamt circa 15 Millionen Euro für Projekte und Vorhaben zur Verfügung. Seit dem Start des Programms wurden über 160 Einzelprojekte umgesetzt. Die Finanzierung des Sonderprogramms ist bis 2027 in der mittelfristigen Finanzplanung gesichert.
Von 2018 bis 2021 wurden zusätzlich 12 Millionen Euro in Monitoringmaßnahmen investiert, um flächendeckende Daten zu Beständen und Entwicklungen der Tier- und Pflanzenarten in Baden-Württemberg zu erhalten. Die Finanzierung der Monitorings der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg wurde bereits verstetigt, im Waldbereich werden sie mit finanzieller Unterstützung aus der Waldstrategie fortgeführt.
Ende Februar 2019 wurde ein erster Zwischenbericht mit einer Evaluation vom Fachgremium verfasst, woraufhin die inhaltliche Ausrichtung des Sonderprogramms in den Folgejahren stringenter wurde und die Vorhaben häufiger auf längerfristige Wirkungen, in Einzelfällen sogar auf dauerhafte Wirkungen (selbsttragende Prozesse), ausgelegt wurden. Die Handlungsfelder, wurden auf sieben reduziert, mit Fokus auf ressortübergreifende Vorhaben. Seit dem Start des Sonderprogramms wurden über 160 Einzelprojekte umgesetzt und Monitoringkonzeptionen etabliert.
Auch in den kommenden Jahren werden im Sonderprogramm zur Stärkung der biologischen Vielfalt in Baden-Württemberg unterschiedliche und zukunftsweisende biodiversitätsfördernde Vorhaben in unserer landwirtschaftlich und forstlich geprägten Kulturlandschaft umgesetzt. Basierend auf den Bewertungen des Fachgremiums und des Koordinationsteams, werden in allen drei Ministerien erfolgreiche Projekte verlängert und neue finanziert. Es wird auch Impulse durch neue Projektanträge geben. So soll die Erhaltung der Biodiversität im Land verstetigt und weiterentwickelt werden.
2021 hat das Fachgremium die Idee der biodiversitätsorientierten Modelllandschaften angestoßen. In einem ressortübergreifenden Ansatz sollen vorhandene Projekte und Erkenntnisse gebündelt werden, um eine Stärkung der Biodiversität zu ermöglichen. Dadurch soll auch ein Rahmen geboten werden um erfolgreiche Projekte des Sonderprogramms landesweit auszurollen. Künftig wird dieser Ansatz zusätzlich zu dem bisherigen Vorgehen über Einzelprojekte verfolgt.
Grundlage für die Modelllandschaften für Biodiversität (MoLaBi) ist eine 2023 extern entwickelte Konzeption (Jedicke et al. 2024). Eng eingebunden waren bei der Entwicklung der Konzeption neben der Koordinationsgruppe der drei beteiligten Ministerien auch die mittlere Verwaltungsebene Fachbereiche Naturschutz, Land- und Forstwirtschaft, Straßeninfrastruktur und Landesstudie Gewässer. Eine breite Öffentlichkeitsbeteiligung kam durch mehrere Workshops und Informationsveranstaltungen und gezielte Praktiker- und Praktikerinnengespräche zustande.
Eine Modelllandschaft für Biodiversität wurde definiert als ein Landschaftsausschnitt, in dem gemeinsam von betroffenen Akteuren beispielhaft und qualitativ anspruchsvoll Biodiversität entwickelt und gefördert wird.
Zentrale Merkmale der Modelllandschaften sind:
- Die Ziele zur Weiterentwicklung der Kulturlandschaft werden ko-kreativ von allen Landschaftsnutzenden in der ausgewählten Landschaft gemeinsam erarbeitet und umgesetzt. Eine Modelllandschaft für Biodiversität kann eine gezielte Fragestellung adressieren, die unterschiedliche Landnutzende in einer Region gleichermaßen betreffen.
- Zielsetzungen von Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Naturschutz, Wasserwirtschaft, Infrastruktur, Energiewirtschaft, Klimaschutz, Bodenschutz und weitere gesellschaftliche Ziele wie die Funktionen als Lebens- und Lernraum werden bestmöglich in die Entwicklung der biologischen Vielfalt integriert. Die bisherigen Aktivitäten und Strukturen dienen als Grundlage und werden in der Modelllandschaft für Biodiversität gebündelt. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Integration von erfolgreichen Projekten des Sonderprogramms.
- Landbewirtschaftende werden Handlungsanreize gegeben durch die Möglichkeit zur Vernetzung, Beratung und die Unterstützung bei Förder- oder Projektmittelanträgen.und genießen ein besseres öffentliches Ansehen durch eine Sichtbarmachung ihrer Aktivitäten in der eigenen Region und darüber hinaus.
Um diese Idee zu testen und weiterzuentwickeln werden in Baden-Württemberg zwei Modellprojekte mit einer Laufzeit von voraussichtlich fünf Jahren etabliert. Sie werden in einem Bewerbungsverfahren ausgewählt. Unterstützt wird das Vorhaben durch eine Geschäftsstelle Modelllandschaften für Biodiversität. Diese wird die Bewerbungsformalitäten definieren und Informationsveranstaltungen dazu durchführen. Nach Start der Pilot-Modelllandschaften für Biodiversität wird die Geschäftsstelle diese fachlich und koordinativ unterstützen. Auf der Grundlage eines Zwischen- (nach etwa drei Jahren) und Endberichtes (nach voraussichtlich fünf Jahren) wird entschieden, ob und wie Modelllandschaften für Biodiversität künftig landesweit etabliert werden könnten.