Schutzgebiete dienen einer Vielzahl von Arten als Rückzugsort sowie Fortpflanzungs- und Nahrungsstätte. Besonders dort, wo gefährdete Tier- und Pflanzenarten leben, hat das Land Baden-Württemberg eine Reihe von Schutzgebieten ausgewiesen.
Damit der Zustand der einzigartigen Ökosysteme und der Arten darin weiterhin erhalten bleibt, widmen sich Projekte im Handlungsfeld „Biodiversität in Schutzgebieten“ der gezielten Stärkung der Qualitätskriterien in Schutzgebieten.
Projekte
Mit dem Vorhaben Qualitätssicherung in Naturschutzgebieten (NSG-QS) in den Regierungspräsidien wird ein landesweites Monitoring der Zustände und Handlungsbedarfe in den Naturschutzgebieten Baden-Württembergs erprobt, denn bisher fehlt in Baden-Württemberg ein Überblick über die Qualität der Naturschutzgebiete.
Dafür werden in Modelllandkreisen die Naturschutzgebiete anhand messbarer Indikatoren, wie Pflegezustand, Siedlungsnähe, et cetera einzeln betrachtet. Die weiteren Zielschutzgüter innerhalb der Naturschutzgebiete wurden von Kartierenden erfasst.
Mit dem Projekt wird es möglich, die Zustände der Naturschutzgebiete aktuell aufzeigen und entsprechende Maßnahmen zur Stärkung der Qualität erlassen zu können. Außerdem kann dadurch geprüft werden, ob die Maßnahmen auch zu den erwünschten Zielen beziehungsweise einer Steigerung der Qualität des Naturschutzgebietes führen.
In Baden-Württemberg gibt es insgesamt 302 Natura 2000-Gebiete, das sind nach EU Richtlinie mit bestimmten Schutzpflichten versehene Schutzgebiete. Die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie schreibt einen günstigen Erhaltungszustand vor. Alle sechs Jahre müssen die Mitgliedssaaten der Europäischen Union den Zustand der Schutzgüter offenlegen. Landesweit sind jedoch viele dieser Gebiete in einem unzureichenden oder schlechten Zustand.
Um die Zustände in den Fauna-Flora-Habitat-Gebieten zu verbessern, werden Erhaltungsmaßnahmen in Baden-Württemberg mit dem Sonderprogramm biologische Vielfalt verstärkt umgesetzt und verbessert. Konkret wurden in Offenlandflächen beispielsweise Beweidungen durch Schafe und Ziegen verstärkt durchgeführt oder Gehölzsukzessionen zurückgedrängt.
Zukünftig, gewinnt die Verstärkung von Erhaltungsmaßnahmen in Natura 2000-Gebieten an Bedeutung, da die Naturwiederherstellungsverordnung der Europäischen Union eine Verbesserung der Zustände in diesen Gebieten verbindlich vorsieht. Durchgeführt werden die Maßnahmen durch die Regierungspräsidien.
Ziel des Vorhabens ist die Verbesserung der Erhaltungszustände von Streu- und Nasswiesen und ihrer reichhaltigen Flora und Fauna. Das Projekt wird im Regierungsbezirk Tübingen durchgeführt.
Zur Erreichung des Ziels werden durch Sukzession beeinträchtigte Gebiete renaturiert oder neue Standorte feuchter Wiesen als wesentliche Elemente des Biotopverbunds Baden-Württemberg geschaffen. Insbesondere der Erhaltungszustand von Pfeifengraswiesen soll verbessert werden, da der Zustand hier bisher als ungünstig bis unzureichend eingestuft wird. Das Vorhaben leistet einen Beitrag zur Aufwertung der Streu- und Nasswiesen, der Sicherung gefährdeter Arten in diesen Lebensräumen und damit der Stärkung der genetischen Vielfalt durch Austausch von Populationen.
In den nächsten Jahren kann die Biotopkartierung aktualisiert werden, welche dann ein aktuelles Bild der Verbreitungssituation von Streuwiesen geben kann.
Moore gelten als Lebensräume für verschiedene seltene und geschützte Tier- und Pflanzenarten. Sie spielen darüber hinaus eine wichtige Rolle, um die Klimaziele Baden-Württembergs zu erreichen. Bei der Bildung von Torf wird Kohlenstoffdioxid, das am stärksten zum Klimawandel beitragende Treibhausgas, aus der Atmosphäre entnommen und langfristig im organischen Boden gespeichert. Durch Drainage und Nährstoffeinträge wird die Torfbildung abgeschwächt und der Prozess der Mineralisierung nimmt zu. Folglich sind Moorgebiete heute selten oder in einem schlechten Zustand.
Noch befinden sich die beteiligten Akteure in der Anfangsphase des Projekts, jedoch sollen schon bald das Wasserniveau angehoben, die biochemische Zusammensetzung des Wassers verbessert und der Nährstoffeintrag verringert werden. Dadurch wird die Torfbildung wieder in Gang gesetzt und die Ökosystemfunktion als „Klimaregulierer“ zurückgewonnen. Außerdem können dadurch viele Artgruppen, die sich auf den Lebensraum Moor spezialisiert haben, geschützt werden.
Die Erweiterung der Moorflächen und die hydrologische Sanierung benötigen viel Zeit. Die meisten Moorgebiete im Land fallen unter die Zuständigkeit des Regierungspräsidiums Tübingen, das für das Projekt zur hydraulischen Sanierung der Moore verantwortlich ist.
Das Projekt „NaturLicht-Lichtverschmutzung reduzieren“ zielt darauf ab, die Lichtverschmutzung in und um Naturschutzgebieten in Baden-Württemberg zu reduzieren. Hierbei liegen besonders die Fledermauswochenstuben und die Artgruppe der Insekten im Fokus. Baden-Württemberg weist im Vergleich zu anderen Bundesländern eine hohe nächtliche Lichtbelastung auf. Insekten werden vom künstlichen Licht angezogen und verhungern oder sterben an Erschöpfung. Fledermäuse werden in ihren Flug- und Jagdrouten gestört und verlieren ihre Orientierung.
Wichtige Bestandteile des Vorhabens sind die quantitative Untersuchung der Lichtverschmutzung, basierend auf Nachtsatelliten, die Entwicklung und Umsetzung von Lösungsansätzen zur Reduktion der Lichtverschmutzung, die Forschung über die Auswirkungen von Lichtverschmutzung für Insekten und Fledermäuse sowie die Sensibilisierung und Schulung beteiligter Partner.
In drei Naturschutzgebieten und drei Fledermauswochenstuben ist die Straßenbeleuchtung auf insektenfreundliches Licht umgerüstet worden. Es zeigen sich bereits positive Auswirkungen, da weniger Insektenleichen an den Lampen entdeckt wurden. Die Verwaltungen in den Kommunen müssen geschult werden, um die gesetzliche Vorgabe zur insektenfreundlichen Beleuchtung umsetzen zu können und damit einen großen Beitrag für die Insektenvielfalt in Baden-Württemberg leisten zu können.
Das Regierungspräsidium Karlsruhe führt dieses Projekt durch.
Im Biosphärengebiet Schwäbische Alb gibt es große Flächen von Wacholderheiden und anderer Magerwiesen, in denen viele Arten leben, die sich auf diese Naturräume spezialisiert haben. Um Wacholderheiden erhalten zu können, müssen die Heiden beweidet werden.
Durch das Vorhaben, das von der Geschäftsstelle des Biosphärengebiets durchgeführt wird, sollen Wacholderheiden geschützt und gepflegt werden. Gleichzeitig soll die traditionelle Hüteschafhaltung beziehungsweise Wanderschafhaltung gefördert werden. Diese Art der Beweidung sorgt für die optimale Pflege der Wacholderheiden und transportiert nebenbei Insektenarten und Pflanzensamen über Fell und Kot. Die traditionelle Beweidungsart stellt also einen bedeutenden Beitrag für die biologische Vielfalt dar.
Damit die Beweidungsart weiterhin existiert, sollen im Zusammenhang mit dem Vorhaben sogenannte Pferchflächen aufgebaut werden. Nur wenn genügend Pferchflächen zur Verfügung stehen, kann die Wanderschafhaltung erhalten bleiben und damit auch die Magerwiesen und Wacholderheiden auf der Schwäbischen Alb bestehen bleiben.
Zum Projekt gehört eine Vernetzung und Abstimmung aller Vertreterinnen und Vertretern der teilnehmenden Flächen, beispielsweise Kommunen, Schafhaltende, Naturschutzbehörden, Landwirtinnen und Landwirte und der Öffentlichkeit.
Die traditionelle Schafhaltung, wie Hüte- oder Wanderschafhaltung, ist eine kulturell bedeutende Landwirtschaftsform und spielt in Baden-Württemberg eine große Rolle. Durch die industrielle Herstellung von Wolle und billigerem Fleisch sind Schäferinnen und Schäfer schon lange unter Druck geraten, sodass die traditionelle Beweidung in Gefahr ist. Heutzutage sind für viele Schäfereien finanzielle Fördermittel durch die Agrarpolitik der Europäischen Union oder das Land Baden-Württemberg überlebenswichtig.
Um die Abhängigkeit durch die Politik zu verringern, möchte das Projekt die traditionelle Schafhaltung durch ökonomische Anreize stärken. Es gilt die traditionelle Landwirtschaft, welche deutlich ökologischer als hochtechnisierte konventionelle Landwirtschaft ist, zu erhalten und ihren Beitrag für die Artenvielfalt auf Magerflächen und Fauna-Flora-Habitat-Flächen des Biosphärengebiets Schwäbische Alb zu fördern.
Maßnahmen zur Stärkung der Schäferei in Baden-Württemberg waren unter anderem eine enge Zusammenarbeit mit lokalen Gastronomiebetrieben und Fleischereien, Werbekampagnen, Vertriebshilfe und neue Lösungen für den Vertrieb von Produkten aus Wolle und Fleisch der Schäfereien. Zielführend war auch eine breite Öffentlichkeitskampagne in den Kommunen, welche einerseits die Lage der Schäfereien im Land verdeutlichen und andererseits das Interesse für regionale Schafsprodukte steigern sollte.
Durchgeführt wird das Projekt durch den Verein Biosphärengebiet Schwäbische Alb e. V..