Um Maßnahmen zur Stärkung der biologischen Vielfalt wirkungsorientiert umsetzen zu können, braucht es flächendeckende Daten zu Beständen und Entwicklungen der Tier- und Pflanzenarten in Baden-Württemberg.
Mit den Projekten innerhalb des Handlungsfeldes „Biodiversitätsmonitoring und Grundlagenerhebungen“ werden zu ausgewählten Arten landesweite Monitoringstrategien entwickelt und angewendet, damit in Zukunft schnell auf Veränderungen reagiert werden kann. Die Daten ermöglichen damit ein zielgerichtetes und fortschrittliches Artenschutzmanagement.
Projekte
Maßnahmen zum Schutz der Biodiversität benötigen eine belastbare Datengrundlage, um möglichst effektiv ansetzen zu können. Ein Monitoring kann die erforderten Daten liefern. In diesem Projekt führt die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg ein landesweites Insektenmonitoring durch, das detaillierte und aussagekräftige Daten liefert.
Bisher gab es kein landesweites Monitoring von Insekten, deren Artenvielfalt und Biomasse in den letzten Jahren stark abgenommen hat. Das Monitoring wird seit 2018 auf über 200 Stichprobenflächen von je einem Quadratkilometer Größe auf den Nutzungseinheiten Acker und Grünland durchgeführt, um die nicht bewaldeten Flächen zu repräsentieren. Zum Vergleich werden 40 Naturschutzgebiete auf dieselben Insektenarten untersucht. Ziel des Monitorings ist es, eine Datengrundlage für landesweite Schutzmaßnahmen für Insekten zu schaffen, Trends aufzuzeigen und als Grundlage für politische Entscheidungen bezüglich Natur- und Artenschutz zu dienen.
Erste Auswertungen zeigen, dass Naturschutzgebiete bis zu 50 Prozent mehr Arten an Tagfaltern, Heuschrecken und Wildbienen aufweisen. Der Rückgang der Insektenvielfalt in Baden-Württemberg hängt nachweislich mit dem Flächenanteil gesetzlich geschützter Biotope, dem Einsatz synthetischer Pflanzenschutzmittel auf Äckern und dem Stickstoffeintrag durch Düngemittel in den Böden zusammen.
Das Projekt Monitoring häufiger Brutvogelarten wird durch die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg durchgeführt. Untersucht werden Offenland-Flächen, in dem die meisten häufigen Brutvogelarten heimisch sind. Bis zu 80 Prozent der 400 Probeflächen im Land konnten kartiert werden. Ziel ist es, Trends in den Beständen häufiger Brutvogelarten aufzuzeigen und belastbare Daten für den Artenschutz liefern zu können. Aus diesen Trendentwicklungen sollen Indikatoren für die Förderung abgeleitet werden und eine effizientere Priorisierung der geförderten Arten erfolgen. Zudem kann die rote Liste an gefährdeten Arten aktualisiert werden.
Neben häufigen Brutvogelarten sollen in Baden-Württemberg aufgrund der Berichtspflicht auch seltene und mittelhäufige Brutvogelarten kontinuierlich überwacht und kartiert werden. Ein landesweites Monitoring hat bisher gefehlt und wird durch die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg ermöglicht.
Auf etwa 830 Zählgebieten beobachten 250 ehrenamtlich tätige Personen auf Offenlandflächen bestimmte Vogelarten, wie die Uferschwalbe oder die Zaunammer. Die Vogelarten sollen landesweit nach einheitlichen Bestimmungsmethoden erfasst werden.
Für das Rebhuhn wurden bereits erste Daten des Monitoringprojekts für Schutzmaßnahmen angefragt. Ziel ist es, eine belastbare Datengrundlage zu liefern und anhand von Indikatoren Bestandtrends der einzelnen seltenen Vogelarten aufzuzeigen.
Bei den Artengruppen Amphibien, Reptilien und Libellen herrschen große Datenlücken bezüglich der Verbreitung. Die landesweite Artenkartierung (LAK) ist ein wichtiger Baustein, um den Kenntnisstand zur Verbreitung europaweit geschützter Arten zu verbessern. Das Projekt wird von der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg betreut und trägt zur Umsetzung bestehender Förderprogramme und Fachkonzepte bei, indem es eine wissenschaftliche, flächendeckende Datengrundlage liefert.
Die Daten konnten seit 2014 mit dem LAK Amphibien und Reptilien umfassend aktualisiert und erweitert werden. Die positiven Erfahrungen des LAK lieferten den Anstoß, mit Hilfe der Förderung durch das Sonderprogramm zur Stärkung der biologischen Vielfalt eine vergleichbare Kartierung im Jahr 2020 für die Artengruppe der Libellen zu starten. Des Weiteren wurden Verbreitungslücken geschlossen und es wurde ein Monitoringsystem erarbeitet.
Tragende Stütze der Kartierung ist die wertvolle Arbeit der Ehrenamtlichen vor Ort, die die Zusammenarbeit mit dem hauptamtlichen Naturschutz stärkt. Die übermittelten Daten der Populationshäufigkeiten in den Kartiergebieten werden von einer zentralen Koordinierungsstelle am Naturkundemuseum Stuttgart ausgewertet.
Mit den Daten können die Bestände der Artgruppen erfasst werden und die Rote Artenliste aktualisiert werden. Außerdem werden durch Öffentlichkeitskampagnen die Bereitschaft zur Beschäftigung in der dringend benötigten Artenbestimmung erhöht.
Als Ergänzung zum bundesweiten Fauna-Flora-Habitat-Stichprobenmonitoring, wurde im Sonderprogramm zur Stärkung der biologischen Vielfalt ein landesweites Fauna-Flora-Habitat-Stichprobenmonitoring mit der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg gestartet.
Für insgesamt sieben, nach Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Richtlinie schützenswerte Arten, untersuchen Expertinnen und Experten verschiedene Stichprobenflächen. Die Aussagekraft zu den Populationen bestimmter Fauna-Flora-Habitat-Arten soll damit auch auf Landesebene erhöht werden. Die Ergebnisse müssen dann in einem zweiten Schritt bewertet und in Handlungsempfehlungen und Maßnahmen zum Erhalt und der Verbesserung der Bestände der Fauna-Flora-Habitat-Arten überführt werden.
Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg: FFH-Berichtspflicht und Monitoring
Mit dem landesweiten Fledermausmonitoring werden Beobachtungen zu den Beständen ausgewählter Fledermausarten geliefert. Sie bilden eine fundierte Datengrundlage für zukünftige Artenschutzmaßnahmen oder Planverfahren von Infrastrukturprojekten. Bisher gibt es noch in keinem anderen Bundesland ein landesweites Fledermausmonitoring.
Die Untersuchungsflächen sind gleichmäßig auf alle Naturräume Baden-Württembergs verteilt, da die Fledermäuse hochmobil sind und eine Vielzahl von unterschiedlichen Naturräumen nutzen. Eine Bewertung der Daten über die Etablierung einer Koordinationsstelle für Fledermausschutz ist erst nach mindestens zwei Untersuchungen pro Fläche möglich. Insgesamt handelt es sich um über 88 Untersuchungsflächen.
Eine Verstetigung des Fledermausmonitorings ist erforderlich, damit die Auswertung der erhobenen Daten starten kann. Außerdem soll das Monitoring eine landesweit einheitliche Methodik für die Datenerhebung entwickeln, sodass am Ende ein praxistaugliches Umsetzungskonzept für das Fledermausmonitoring entsteht.
So werden in naher Zukunft flächendeckend Informationen zu den Beständen sowie den Bestandtrends der Fledermausarten und ein einheitliches Konzept vorliegen, um effektive Schutzmaßnahmen treffen zu können und politische Entscheidungen zielorientierter auslegen zu können.
Durchgeführt wird das Projekt durch die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg.
Als Teil des landesweiten Arten-Monitorings werden im Greifvogel-Monitoring die Datengrundlagen für Bestände der Rotmilane, Schwarzmilane und Wespenbussarde erarbeitet. Jährlich werden mit Hilfe der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg die Individuen der oben genannten Arten von Greifvögeln im Zeitraum März bis Juli auf insgesamt 800 Quadratkilometer gezählt.
Die Zählungen basieren auf systematischer Beobachtung nach einheitlicher Methode. Zudem wird auch die Brutaktivität der Vögel dokumentiert. Die Daten können genutzt werden, um Bestandtrends aufzuzeigen, die Rote Liste zu aktualisieren und um gezielte Schutzmaßnahmen für die Greifvögel zu erstellen.
Die ersten Auswertungen zeigen positive Bestandsentwicklungen für alle drei untersuchten Arten. Des Weiteren bewiesen die Daten eine Abhängigkeit der beobachteten Arten von den Witterungsbedingungen. Sind die Witterungsbedingungen gut, können Bestandsverluste durch stärkere Brutaktivität aus vorherigen Jahren kurzfristig potenziell ausgeglichen werden.