Kerntechnische Anlagen

Stilllegung und Abbau

Ob im Betrieb, in der Nachbetriebsphase oder bei der Demontage eines Kernkraftwerks: das Ziel der atomrechtlichen Aufsicht ist stets dasselbe: die Sicherheit der Umgebung sowie die des Personals zu gewährleisten.

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Rückbau des Maschinenhauses im Kernkraftwerk Obrigheim (Foto: Umweltministerium Baden-Württemberg)
Rückbau des Maschinenhauses im KKW Obrigheim

Ob im Betrieb, in der Nachbetriebsphase oder bei der Demontage eines Kernkraftwerks: das Ziel der atomrechtlichen Aufsicht ist stets dasselbe: die Sicherheit der Umgebung sowie die des Personals zu gewährleisten. Ein spezifisches kerntechnisches Regelwerk für Stilllegung und Abbau existiert nicht, deshalb werden die existierenden Regelungen für die Errichtung und den Betrieb der Kernkraftwerke sinngemäß angewandt. Ein Hilfsmittel dafür ist der vom Bundesumweltministerium herausgegebene „Stilllegungsleitfaden“.

Rechtliche Voraussetzung für den Rückbau eines Kernkraftwerkes sind die Stilllegungs- und Abbaugenehmigungen. Da sich die Abbaumaßnahmen nicht vollständig und im Detail vorplanen lassen, stecken die Abbaugenehmi­gungen im Wesentlichen den Rahmen der Abbauarbeiten ab und regeln das Verfahren der begleitenden Kontrolle während der Abbauphase. 

Im Gegensatz zu einer Anlage im Leistungsbetrieb verändert sich beim Abbau der Anlagenzustand kontinuierlich. Probleme bei der Durchführung der Abbaumaßnahmen werden oft nur vor Ort ersichtlich oder nachvollziehbar. Diese Situation erfordert eine hohe Präsenz der Aufsichtsbehörde und der zugezogenen Sachverständigen in der Anlage und ist am ehesten mit der Aufsicht während der Revision der Anlagen im Leistungsbetrieb zu vergleichen.

Aufsicht des Umweltministeriums innerhalb des Abbaus

Die Aufsicht des Umweltministeriums innerhalb des Abbaus erfolgt in der Regel in zwei Schritten:

  1. Im ersten Schritt werden vor der Aufnahme einer Abbautätigkeit die detaillierten Planungsunterlagen geprüft. Es wird zum Beispiel darauf geachtet, ob die dargestellten Arbeiten mit dem genehmigten Demontageumfang übereinstimmen und ob zur Vermeidung von Kontaminationen das sichere Ausschleusen von Reststoffen sichergestellt ist. Auch die Gewährleistung des Strahlenschutzes wird überprüft.
  2. Im zweiten Schritt wird die Durchführung der Maßnahmen kontrolliert. Es werden Betreiberberichte über den Beginn und den Abschluss von Tätigkeiten ausgewertet, und dabei insbesondere auch die angefallene Strahlenexposition des Personals beobachtet. Außerdem wird die Dokumentation nach Abschluss von Arbeitsschritten kontrolliert sowie Vorkommnisse während der Abbauarbeiten und geplante Änderungen des Anlagenzustands geprüft und bewertet.

Diese Tätigkeiten werden ergänzt durch Inspektionen vor Ort, häufig mit zugezogenen Sachverständigen. Hier liegen die Schwerpunkte auf der Inspektion des Zustands der Anlage und der neuralgischen Punkte an den Baustellen. Anlassbezogene Aufsichtsbesuche finden ebenfalls statt.

Mit Abbautätigkeiten werden auch Fremdfirmen beauftragt. Selbstverständlich gehört auch die Überprüfung deren Personals zu den Aufgaben der Kernenergieüberwachung im Umweltministerium. Die Prüfung der Betriebsorganisation und der Festlegung der Schnittstellen der Verantwortlichkeiten stellt ebenfalls einen wesentlichen Punkt der Aufsicht dar.

Die Überprüfung der Qualität von Strahlenschutz, Arbeitsschutz und Brandschutz gehört auch zu den Aufgaben einer Aufsichtsbehörde. Der Schutz der Mitarbeiter und der Bevölkerung muss so organisiert sein, dass er eine starke Stellung im Betrieb hat und genügend qualifiziertes Personal zur Verfügung steht. Im Mittelpunkt der Aufsicht stehen zum Beispiel im Bereich des Strahlenschutzes die Minimierung der Strahlenexposition durch entsprechende Planung der einzelnen Rückbautätigkeiten sowie ganz allgemein die Einhaltung der Regelungen für den Personenstrahlenschutz.

Um sicherzustellen, dass keine Aktivität in die Umgebung gelangt, werden außerdem die dafür getroffenen Schutzvorkehrungen des Betreibers einer regelmäßigen kritischen Prüfung unterzogen.

Anlagen im Abbau oder im sicheren Einschluss

In Baden-Württemberg befinden sich nach erfolgter Stilllegung folgende Kernkraftwerke und Versuchs- und Forschungsanlagen im Abbau oder im sicheren Einschluss:

Den Rückbau der Karlsruher Anlagen führt die Kerntechnische Entsorgung Karlsruhe GmbH (KTE) durch. Diese betreibt auch die Hauptabteilung Dekontaminationsbetriebe (HDB) zur Konditionierung und Zwischenlagerung von schwach- und mittelradioaktiven Abfällen.

  • Die Kernkraftwerke GKN I (Neckarwestheim Block I), KKP 1 (Philippsburg Block 1) und KKP 2 (Philippsburg Block 2) sind abgeschaltet und befinden sich in der Phase der Stilllegung beziehungsweise des Abbaus.Anträge zur Erteilung von Stilllegungsgenehmigungen wurden für diese Kernkraftwerke gestellt. Die 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung (1. SAG) für GKN I hat das Umweltministerium Baden-Württemberg am 3. Februar 2017 erteilt. Im Fall von KKP 2 hat das Umweltministerium die SAG am 17. Dezember 2019 erteilt, welche am 30. Januar 2020 von der EnBW Kernkraft GmbH (EnKK) in Anspruch genommen wurde.
  • Der Block GKN II hat laut Atomgesetz noch eine Laufzeit bis spätestens Ende 2022. Im Juli 2016 hat die EnBW auch für dieses letzte baden-württembergischen Kernkraftwerke die Stilllegungs- und Abbaugenehmigung beantragt.
  • Im April 2014 hat die EnKK an den Standorten Neckarwestheim und Philippsburg jeweils ein Standortabfalllager und ein Reststoffbearbeitungszentrum in eigenständigen Genehmigungsverfahren nach Paragraf 7 Strahlenschutzverordnung beantragt. Die entsprechenden Genehmigungen für den Umgang mit radioaktiven Stoffen erteilte das Umweltministerium am 17. Dezember 2018. Die Standortabfalllager wurden im April 2020 (Philippsburg) und im Dezember 2020 (Neckarwestheim) in Betrieb genommen. Im Zuge dieser Inbetriebnahme ging die Genehmigungsinhaberschaft von der EnKK an die BGZ (Gesellschaft für Zwischenlagerung) über und der Name wurde in Abfall-Zwischenlager umbenannt. Betreiber der Reststoffbearbeitungszentren bleibt die EnBW, die im März 2021 die Reststoffbearbeitungszentren Neckarwestheim und Philippsburg in Betrieb genommen hat.