Die grün-rote Landesregierung hat als eine ihrer ersten bundespolitischen Amtshandlungen im Juni 2011 gemeinsam mit dem Bund und den Ländern den Fahrplan für den Ausstieg aus der Atomkraft beschlossen. Damit nahm die so genannte Energiewende richtig Fahrt auf. Im Folgenden beantworten wir einige der drängenden Fragen, die sich im Zusammenhang mit der Energiewende stellen:
„Energiewende“ ist das Synonym für den Systemwechsel von einer vor allem auf Atomkraft und Kohle basierenden Energieerzeugung hin zur zunehmend dezentralen Erzeugung von Strom und Wärme aus erneuerbaren Quellen. Dahinter verbirgt sich die Idee einer nachhaltigen Energieversorgung und Energienutzung mit dem Ziel, das Klima und die Umwelt zu schützen sowie Ressourcen zu schonen, ohne auf Fortschritt, Wachstum und Lebensqualität verzichten zu müssen.
Die Energiewende umfasst daher sehr viel mehr als den Ausbau der erneuerbaren Energien. Auch die Stromnetze müssen modernisiert und ausgebaut werden, zudem müssen wir künftig mehr Energie sparen und die benötigte Energie deutlich effizienter nutzen.
Im Juli 2011 wurde der beschleunigte Atomausstieg in Deutschland beschlossen. In Baden-Württemberg werden derzeit noch 18 Prozent des Stroms aus Kernenergie gewonnen, weshalb unser Land davon besonders betroffen ist. Die Landesregierung unterstützt den Ausstieg aus der Kernenergie und trägt durch das Schaffen der entsprechenden Rahmenbedingungen dazu bei, dass das Abschalten aller Atomkraftwerke die Versorgungssicherheit im Land nicht gefährdet.
Durch den Ausbau erneuerbarer Energien sinken zudem die Rohstoffimporte des Landes. Baden-Württemberg wird so unabhängiger von steigenden Preisen auf dem Weltmarkt.
Der Klimawandel stellt eine massive Bedrohung unserer Lebensgrundlagen dar - die Folgen für Mensch und Natur sind dabei nicht in vollem Maße absehbar. Als eines der wirtschaftlich stärksten Bundesländer trägt Baden-Württemberg zum Ausstoß von Treibhausengasen in die Erdatmosphäre bei, zum Beispiel durch seine Industrie. Um den Klimawandel zu bremsen, muss der Ausstoß von Treibhausgasen weltweit deutlich gesenkt werden – also auch in Baden-Württemberg.
Nein. Es gibt den von allen Parteien getragenen Beschluss, aus der Atomkraft auszusteigen. Seither haben Politiker aller Parteien diesen Beschluss wiederholt bekräftigt und als unumkehrbar bezeichnet. Aus unserer Sicht ist die Energiewende nicht mehr rückgängig zu machen. Es geht jetzt darum die Wende in Deutschland zu gestalten, das heißt den Ausbau der erneuerbaren Energien vernünftig zu steuern, die nötige Infrastruktur für das neue Energiesystem zu schaffen und unsere Politik in einen europäischen Kontext zu integrieren.
Die weltweit immer weiter steigende Nachfrage nach Energie, die gleichzeitig immer knapperen Reserven an fossilen Energieträgern wie Öl und Gas und der damit verbundene Anstieg der Energiepreise, weltweit sowie der bundesdeutsche Ausstieg aus der Atomenergie machen die Energiewende und den Umstieg auf erneuerbare Energien zur einzig sinnvollen Alternative. Darüber hinaus lässt sich nur so der Klimawandel auf ein halbwegs erträgliches Maß begrenzen.
Baden-Württemberg hat im Jahr 2020 rund 41 Prozent der Bruttostromerzeugung aus erneuerbaren Energien gewonnen.
Langfristig wird die Energieversorgung in Baden-Württemberg von Grund auf umstrukturiert werden. Ziel ist es, den Ausstoß von Kohlendioxid drastisch zu reduzieren und gleichzeitig eine zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung zu gewährleisten.
Unser Ziel ist es, in Baden-Württemberg bis spätestens 2040 Klimaneutralität mit Netto-Null-Emissionen zu erreichen.
Das Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz des Landes dient als umfassende gesetzliche Planungsgrundlage. Dort ist festgelegt, wie stark die CO2-Emissionen in Baden-Württemberg bis wann reduziert werden sollen. Mit den folgenden Maßnahmen will die Landesregierung diese Ziele erreichen:
Ausbau der erneuerbaren Energien
Bei der Umstellung der Stromerzeugung auf erneuerbare Energien bietet in Baden-Württemberg insbesondere die Windkraft großes Potential. Durch die Veröffentlichung von Planungskarten für Windenergieanlagen wird ein Überblick über potentiell geeignete Windkraftstandorte gegeben. Weitere Voraussetzungen für den Ausbau wurden mit dem neuen Landesplanungsgesetz und dem Windenergieerlass geschaffen. Das Land ist hier auf einem guten Weg!
Ressourceneffizienz und Umwelttechnik vorantreiben
Ein effizienter Umgang mit den Ressourcen ist nicht allein unter ökologischen Gesichtspunkten sinnvoll. Er kann zudem einen Beitrag leisten, die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen zu sichern. Zugleich ist die Umwelttechnologie eine Wachstumsbranche und wird daher in den kommenden Jahren ein wichtiger Wirtschaftsfaktor werden.
Um innovative Unternehmen zu fördern und den Standort Baden-Württemberg zu stärken, unterstützt die Landesregierung im Rahmen des Wettbewerbs "ReTech-BW" Investitionen in neue, ressourcenschonende Produktionstechniken.
Bürgerbeteiligung
Die Landesregierung baut auf die Ideen, Maßnahmen und Projekte aber auch das Engagement der Bürgerinnen und Bürger in Baden-Württemberg. Um diese bei Fragen zu Energieeffizienz, erneuerbaren Energien und Fördermöglichkeiten zu beraten, wurde die KEA Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg GmbH sowie die regionalen Energieagenturen gegründet.
Weitere Informationen
Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz Baden-Württemberg
Weitere Links
Die Kernkraftwerke Neckarwestheim I und Philippsburg 1, die am 6. August 2011 ihren Betrieb eingestellt haben, sowie das Kernkraftwerk Obrigheim befinden sich im Rückbau. Dieser findet in mehreren Stufen statt und dauert insgesamt zwischen 15 und 20 Jahren.
Das Kernkraftwerk Philippsburg 2 wurde Ende 2019 endgültig abgeschaltet und befindet sich nun in der sogenannten Nachbetriebsphase, also der Zeit zwischen Einstellen des Leistungsbetriebs und dem Beginn der eigentlichen Stilllegung und des Rückbaus.
Die für den Rückbau notwendigen Genehmigungen nach dem Atomgesetz hat die Betreiberin der Anlagen, die EnBW Kernkraft GmbH, bereits erhalten. Die Genehmigungsverfahren wurden unter Beteiligung der Öffentlichkeit durchgeführt.
Das Kernkraftwerk Neckarwestheim II wird spätestens Ende 2022 seinen Betrieb einstellen.
Der Anteil erneuerbarer Energien an der Bruttostromerzeugung in Baden-Württemberg betrug im Jahr 2020 41 Prozent. Die Landesregierung wird zahlreiche Maßnahmen umsetzen, um den Ausbau erneuerbarer Energien in Baden-Württemberg zu steigern, so dass der Anteil der im Land erzeugten erneuerbaren Energien weiter ansteigt. Die größten Ausbaupotenziale liegen bei der Windkraft und der Photovoltaik.
Neben dem Ausbau erneuerbarer Energien ist die Reduzierung der Gesamtmenge an verbrauchter Energie ein zentrales Ziel der Energiewende: Jede und jeder einzelne kann daher durch bewussten und sparsamen Umgang mit Energie einen Beitrag leisten.
Beispiel Strom: Bereits beim Kauf von Elektrogeräten sollte man auf den Stromverbrauch achten und möglichst Geräte der Energiesparklasse A+++ nutzen. Für die tägliche Verwendung empfiehlt sich eine abschaltbare Steckerleiste, um überflüssigen Stromverbrauch von Geräten im Stand-by-Modus zu verhindern.
Beispiel Heizkosten: Eigenheimbesitzer können durch Investitionen in Wärmedämmung oder eine neue Heizungsanlage hohe Einsparungen erzielen. Auch eine Solaranlage zur Warmwassererzeugung kann sich lohnen.
Darüber hinaus gibt es über Bürgerenergieanlagen und Energiegenossenschaften die Möglichkeit, selbst zum Stromproduzenten zu werden – und so gleichzeitig von der staatlichen Einspeisevergütung für erneuerbare Energien zu profitieren.
Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, die Energiewende mitzugestalten. Ein großes Vorhaben wie die Energiewende gelingt nicht allein durch Großvorhaben: Ebenso wichtig sind viele kleine Schritte
Die Landesregierung treibt unter anderem die energetische Sanierung öffentlicher Gebäude voran.
Entscheidend für die erfolgreiche energetische Sanierung der über 8.000 Landesgebäude ist ein systematisches und strukturiertes Vorgehen. Hierzu hat der Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg ein umfassendes Energie- und Klimaschutzkonzept für Landesgebäude entwickelt. Die Umsetzung dieses Konzepts wurde von der Landesregierung am 11. Dezember 2012 beschlossen. Mit den darin enthaltenen Maßnahmen sollen die durch Landesgebäude verursachten CO2-Emissionen gegenüber dem Ausgangswert im Jahr 1990 bis zum Jahr 2020 um 40 Prozent und bis zum Jahr 2030 um 60 Prozent reduziert werden. Das Spektrum der Maßnahmen reicht von der Errichtung von energieeffizienten Neubauten, der Verstärkung der energetischen Sanierung, über die Nutzung erneuerbarer Energien bis zur Optimierung des Gebäudebetriebs.
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Damit die Energieversorgung auch in Zukunft gewährleistet bleibt, muss unsere Infrastruktur angepasst werden. Darum engagiert sich die Landesregierung neben dem Ausbau der erneuerbaren Energien auch für den Ausbau und die Ertüchtigung der Versorgungsnetze. Dabei werden Bürgerinnen und Bürger über Beteiligungsverfahren und Konsultationen sowie im Rahmen lokaler Dialogveranstaltungen in den Entscheidungsprozess miteinbezogen.
Die Energiewende ist eine Generationenaufgabe mit vielen unterschiedlichen Handlungsfeldern. Prognosen über die Kosten sind mit vielen Annahmen und Unsicherheiten verbunden. Wir dürfen uns aber nichts vormachen: Die Energiewende gibt es nicht umsonst.
Allein der Ausbau der Netze, mit denen zum Beispiel Windenergie vom Norden Deutschlands in den Süden transportiert werden soll, wird von der Bundesnetzagentur auf 20 Milliarden Euro geschätzt. Andere rechnen noch mit deutlich höheren Investitionen. Diese Kosten werden zum allergrößten Teil erst einmal die Verbraucherinnen und Verbraucher tragen müssen, deren Stromrechnungen um entsprechende Centbeträge pro Kilowattstunde höher wird.
Es wäre allerdings falsch, alle Kostensteigerungen und Preiserhöhungen allein der Energiewende zuzuschreiben. Denn auch ohne sie wären erhebliche Modernisierungs- und Ausbaumaßnahmen an den Übertragungsnetzen nötig gewesen, die ebenfalls auf die Stromrechnung umgelegt worden wären. Längerfristig entscheidend sind ohnehin nicht die hohen einmaligen Investitionskosten. Entscheidend ist die Gesamtbilanz unterm Strich.
Die Energiewende sorgt mittel- und langfristig für kalkulierbare und niedrigere Stromkosten, denn Sonne und Wind schicken bekanntlich keine Rechnung für ihre Energielieferung. Eine Studie im Auftrag des baden-württembergischen Umweltministeriums hat ergeben, dass spätestens ab dem Jahr 2030 die Stromerzeugung durch erneuerbare Energien kostengünstiger sein wird, als die Erzeugung mit Hilfe konventioneller Energieträger.
Die Versorgungssicherheit weiter zu garantieren hat für die Landesregierung bei der Umsetzung aller Maßnahmen Priorität. Weil die Stromerzeugung mit Windenergie- und Solaranlagen stets vom Wetter abhängt, sind auch intelligente Stromnetze und -speicher ein wichtiger Faktor für die Versorgungssicherheit. Pumpspeicherkraftwerke oder Erdgasspeicher können Strom zwischenspeichern, um die Versorgung in Phasen niedriger Produktion weiter zu gewährleisten.
Erforschung und Ausbau neuer Netz- und Speichertechnologien tragen langfristig dazu bei, Stromerzeugung und –bedarf besser zur Deckung zu bringen.
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In der Tat stellt die Energiewende eine große Herausforderung dar: Wind- und Solarkraftwerke müssen gebaut, das Stromnetz erweitert und neue Technologien erforscht werden.
Doch gerade weil es viel zu tun gibt, bietet die Energiewende großes wirtschaftliches Potential. Die Umstellung der Energieversorgung und die Entwicklung effizienter Technologien ist eine einzigartige Chance für unser Land, um zum Beispiel durch neue Technologien und neue Arbeitsplätze auch wirtschaftlich von der Energiewende zu profitieren und im globalen Wettbewerb zu bestehen.
Erneuerbare Energien sind nach menschlichem Ermessen unendliche Ressourcen, von daher sind sie auf der Zeitschiene deutlich verlässlicher als die begrenzten Energiequellen Öl, Kohle oder Gas. Uns langfristig von diesen immer knapper werdenden Ressourcen zu lösen und unsere Energieversorgung zukunftsfähig zu machen, ist ein ganz wesentliches Ziel der Energiewende.
Richtig ist aber auch, dass Sonne und Wind nicht immer gleichmäßig zur Verfügung stehen. Darauf müssen wir uns einstellen. Der Ausbau der Speicherkapazitäten ist ein Instrument dafür. Das andere sind so genannte smart grids beziehungsweise smart system. Mit „intelligenten Netzen“ beziehungswiese einem „intelligenten System“ ist die Fähigkeit gemeint, Lastschwankungen im Netz zu erkennen und durch kluge und schnelle Steuerung auszugleichen. Technisch ist eine solche Steuerung zum Ausgleich von Angebot und Nachfrage durchaus möglich.
Zum einen ist die Energiewende auch ein Thema des Klimaschutzes, der eine globale Herausforderung darstellt. Deshalb ist es wichtig, auch auf europäischer Ebene zusammenzuarbeiten. Wegweisend in diesem Zusammenhang sind die europäischen Klima- und Energieziele, die den politischen Rahmen in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union setzen.
Die Europäische Kommission präsentierte im Dezember 2019 das Konzept des Europäischen Grünen Deals, mit dem Europa als erster Kontinent bis zum Jahr 2050 klimaneutral werden soll. Im Juli 2021 hat die Europäische Kommission zwölf Rechtsetzungsvorschläge vorgelegt. Ihr Ziel: die Klima- und Energiegesetzgebung der Europäischen Union auf das neue 2030-Klimaziel anzupassen – gemäß dem Europäischen Klimaschutzgesetz. Ziel ist es, die Netto-Treibhausgasemissionen um 55 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren.
Gemäß dem Änderungsentwurf der Europäischen Kommission für die Erneuerbare-Energien-Richtlinie soll das verbindliche Gesamtziel für erneuerbare Energien am Endenergieverbrauch auf EU-Ebene auf 40 Prozent erhöht werden. Infolge der Überarbeitung der Energieeffizienzrichtlinie soll das verbindliche Energieeffizienzziel auf EU-Ebene auf 36 Prozent am Endenergieverbrauch beziehungsweise 39 Prozent am Primärenergieverbrauch erhöht werden.
Zum anderen ist es wichtig, dass sich die Bundesländer untereinander, darüber hinaus aber auch mit der Bundesregierung über verschiedene Fragen der Energiewende verständigen. Wichtige gesetzliche Vorschriften werden auf der Bundesebene erlassen, wie zum Beispiel das Erneuerbare-Energien-Gesetz oder Regelungen zum bundesweiten Netzausbau. Hier besteht für die Bundesländer in verschiedenen Fachgremien und Arbeitsgruppen die Möglichkeit, sich für das Voranbringen der Energiewende einzusetzen.
Die Informationskampagne „Zukunft Altbau“ sowie die regionalen Energieagenturen beraten Mieter, Hausbesitzer und Unternehmen in Sachen Energieeffizienz. Sie helfen außerdem beim Planen und Realisieren von Energieanlagen wie Biogas- oder Solarthermieanlagen und sind für die Energiewende kompetenter Ansprechpartner vor Ort.