Am 1. Februar 2023 hat der Landtag von Baden-Württemberg das Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz Baden-Württemberg – abgekürzt Klimagesetz Baden-Württemberg – verabschiedet. Mit diesem Gesetz wird das Klimaschutzgesetz Baden-Württemberg aus dem Jahr 2013, das in den Jahren 2020 und 2021 novelliert wurde, fortentwickelt.
Mit der Fortentwicklung wird unterstrichen, dass mit voranschreitendem Klimawandel die ambitionierten Bemühungen beim Klimaschutz stärker als bislang auch noch um Maßnahmen zur Anpassung an die unvermeidbaren Folgen des Klimawandels ergänzt werden müssen („Klimawandelanpassung“). Mit Änderungsgesetz vom 29. Juli 2025 wurde das Gesetz zudem an bundesrechtliche Vorgaben aus dem Wärmeplanungsgesetz und dem Klimaanpassungsgesetz angepasst. Mit einem Fragen-Antworten-Katalog werden einzelne Inhalte dieses Änderungsgesetzes aufbereitet.
Mit dem Klimagesetz Baden-Württemberg entspricht das Land dabei den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, wonach das Staatsziel Umweltschutz im Grundgesetz neben dem Bund auch die Länder zum Klimaschutz verpflichtet und „die Klimaschutzziele des Bundes ohne Durchführungsmaßnahmen und eigene Gesetzgebung in den Bundesländern gar nicht zu erreichen“ sind. Ergänzend zum Klimaschutz ist nach dem Gericht die Klimawandelanpassung sicherzustellen.
Zentrales Element des Klimagesetzes Baden-Württemberg sind die Klimaschutzziele für die Jahre 2030 und 2040. Sie geben die Richtung für die Klimapolitik des Landes vor. Das 2030-Ziel wird nun auch für einzelne Sektoren wie zum Beispiel die Energiewirtschaft, die Industrie oder den Verkehr durch „Sektorziele“, also konkrete Einsparvorgaben beim Treibhausgasausstoß, handhabbar gemacht. Um diese Ziele zu erreichen, wurde das Instrument des „Klima-Maßnahmen-Registers“ entwickelt, in dem die Maßnahmen der Landesregierung zum Schutz des Klimas einheitlich, übergeordnet und fortlaufend geführt werden.
Mit einem regelmäßigen Monitoring überprüft die Landesregierung die Erreichung der Klimaschutzziele. Falls sich abzeichnet, dass diese nicht erreicht werden, beschließt die Landesregierung zusätzliche Maßnahmen.
Daneben enthält das Klimagesetz Baden-Württemberg auch konkrete Maßnahmen. Dazu zählen insbesondere die kommunale Wärmeplanung, die Erstellung kommunaler Klimaanpassungskonzepte und die Pflicht, auf neugebauten Gebäuden und bei grundlegenden Dachsanierungen Photovoltaikanlagen zu installieren.
Klimaschutz erfordert die Unterstützung und Mitgestaltung aller. Das Gesetz richtet sich daher mit einer allgemeinen Verpflichtung zum Klimaschutz an alle Bürgerinnen und Bürger sowie mit besonderen Regelungen an das Land, die Kommunen und die Wirtschaft.
Zur Erreichung des Klimaschutzziels für das Jahr 2030 werden für einzelne Sektoren konkrete Einsparvorgaben beim Treibhausgasausstoß festgeschrieben. Die Einhaltung dieser Sektorziele liegt in der Verantwortung des jeweils federführend verantwortlichen Ministeriums. Die Sektoren sind folgendermaßen aufgeteilt:
- Energiewirtschaft (Umweltministerium)
- Industrie (Wirtschaftsministerium)
- Verkehr (Verkehrsministerium)
- Gebäude (Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen)
- Landwirtschaft (Ministerium Ländlicher Raum)
- Abfallwirtschaft und Sonstiges (Umweltministerium)
- Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (Ministerium Ländlicher Raum)
Das Klimagesetz Baden-Württemberg schreibt vor, dass die Landesregierung mit einem regelmäßigen Monitoring auf Basis quantitativer und qualitativer Erhebungen überprüft, ob die eingeleiteten Maßnahmen greifen und die Klimaschutzziele erreicht werden. Das Monitoring besteht aus drei Berichten:
- eine jährliche Klima-Berichterstattung (ab dem Jahr 2023),
- ein Klimaschutz- und Projektionsbericht alle drei Jahre (ab dem Jahr 2024) und
- einem Bericht zur Anpassung an die unvermeidbaren Folgen des Klimawandels, der in den Jahren 2025 und 2031 sowie danach alle fünf Jahre erscheint.
Der Klimaschutz- und Projektionsbericht, den die Landesregierung alle drei Jahre veröffentlicht, enthält Projektionen von Treibhausgasemissionen in Baden-Württemberg und deren Auswirkungen auf die Klimaschutzziele.
Wird dabei festgestellt, dass die Ziele (voraussichtlich) nicht erreicht werden können, enthält der Bericht zudem eine Analyse der Ursachen und der betroffenen Ebene wie Bund oder Land. Außerdem beinhaltet er zusätzlich vorgeschlagene Maßnahmen, um die Zielvorgaben noch zu erreichen.
Die Landesregierung legt die Klima-Berichterstattung sowie den Klimaschutz- und Projektionsbericht einschließlich der Stellungnahme des Klima-Sachverständigenrats nach Beschlussfassung dem Landtag vor. Droht eine Zielabweichung, beschließt die Landesregierung innerhalb von vier Monaten nach Beschlussfassung erforderliche Maßnahmen und unterrichtet hierüber den Landtag.
Das Klima-Maßnahmen-Register ist das neue Konzept zur Aufstellung, Umsetzung und Bewertung von Maßnahmen der Landesregierung zum Schutz des Klimas. Es steht in engem Zusammenhang mit der Festlegung der Sektorziele für das Jahr 2030.
Förderprogramme des Landes sind bei erstmaligem Erlass, ihrer Fortschreibung oder Änderung auf die Vereinbarkeit mit dem Zweck des Klimagesetzes Baden-Württemberg und den Klimaschutzzielen zu prüfen. Im Ergebnis sollen schrittweise Subventionen mit nachteiligen Folgen für das Klima abgebaut und beendet werden.
Die heutige Lebens- und Wirtschaftsführung bringt vielfach die Belastung der Umwelt mit sich (zum Beispiel motorisierter Individualverkehr, Abbau und Nutzung von fossilen Brennstoffen). Für diese Inanspruchnahme der Umwelt wird vielfach kein Preis entrichtet. Vielmehr „zahlt“ die Umwelt dafür mit ihrer Schädigung. Bei Tätigkeiten, die mit dem Ausstoß von Treibhausgasen verbunden sind, werden die Atmosphäre belastet und der natürliche Treibhauseffekt durch menschliche Beiträge verstärkt („Klimawandel“).
Der CO2-Schattenpreis ist ein Instrument, um die Kosten der Umwelt, die durch den Ausstoß von Kohlenstoffdioxid entstehen, sichtbar zu machen. In Baden-Württemberg soll künftig bei der Planung von Baumaßnahmen des Landes und bei der Beschaffung durch das Land pro Tonne CO2, die über die Lebensdauer der jeweiligen Maßnahme entsteht, rechnerisch ein Preis, der aktuell 300 Euro beträgt, zugrunde gelegt werden. Der klimaschädliche Einsatz von Finanzmitteln durch das Land wird dadurch verteuert und in der Folge reduziert oder ganz davon abgesehen.
Weitere Informationen
Landesrecht Baden-Württemberg: CO2 -Schattenpreis-Verordnung (CO2-SP-VO)
Mit dem Klima-Sachverständigenrat besteht seit dem Jahr 2021 ein wissenschaftlich ausgerichtetes und unabhängiges Beratungsgremium.
Der Klima-Sachverständigenrat besteht aus sechs Mitgliedern. Er berät die Landesregierung und den Landtag sektorübergreifend zu Klimaschutz und Klimawandelanpassung. Der Klima-Sachverständigenrat ist außerdem befugt, aufgrund eigenen Entschlusses Stellungnahmen und Berichte gegenüber der Landesregierung und dem Landtag abzugeben.
Die Mitglieder des Klima-Sachverständigenrats werden jeweils für fünf Jahre berufen. Eine erneute Berufung ist einmal zulässig.
Beim Klimaschutz kommt es ganz wesentlich auf den Ausbau und die Nutzung der erneuerbaren Energien an. Im Klimagesetz Baden-Württemberg werden daher Flächenziele für den Ausbau der Windenergie und der Freiflächen-Photovoltaik in Baden-Württemberg bestimmt. Diese stellen eine Mindestvorgabe dar und können im Interesse des Klimaschutzes auch überschritten werden.
Das Klimagesetz Baden-Württemberg sieht vor, die unvermeidbaren Auswirkungen des Klimawandels mit Hilfe einer landesweiten Anpassungsstrategie zu begrenzen. Die Landesregierung hat erstmals im Jahr 2015 die Anpassungsstrategie Baden-Württemberg verabschiedet. Eine Neufassung der Anpassungsstrategie erschien im Jahr 2023. Die Strategie wird im Jahr 2029 und danach mindestens alle fünf Jahre durch die Landesregierung fortgeschrieben.
Die Regelung der Erstellung kommunaler Klimaanpassungskonzepte dient der Umsetzung des Paragraf 12 Bundes-Klimaanpassungsgesetz (KAnG).
Durch die Konzepterstellung soll die Resilienz gegenüber den bereits eingetretenen und den zu erwartenden künftigen Auswirkungen des Klimawandels erhöht werden, indem für die jeweiligen Gebiete ein systematisches Vorgehen entwickelt wird, das in einen auf die örtlichen Gegebenheiten bezogenen Maßnahmenkatalog zur Umsetzung des Klimaanpassungskonzepts mündet.
Stadtkreise, Große Kreisstädte und Landkreise sind verpflichtet, Klimaanpassungskonzepte für ihr jeweiliges Gebiet zu erstellen. Landkreise sind darüber hinaus verpflichtet, Konzepte für die kreisangehörigen Gemeinden (außer Große Kreisstädte) zu erstellen.
Die Erstellung der kommunalen Klimaanpassungskonzepte ist dabei als weisungsfreie Pflichtaufgabe ohne Fachaufsicht ausgestaltet. Klimaanpassungskonzepte bestehen aus einer Klimawirkungsanalyse, einer Betroffenheitsanalyse und einen auf die örtlichen Gegebenheiten bezogenen Maßnahmenkatalog. Näheres zu den Mindestanforderungen soll in einer Rechtsverordnung der Landesregierung geregelt werden.
Der öffentlichen Hand kommt beim Klimaschutz eine Vorbildfunktion zu. Das Land hat sich zum Ziel gesetzt, die Landesverwaltung bis zum Jahr 2030 netto-treibhausgasneutral („klimaneutral“) zu organisieren. Hierzu hat das Umweltministerium ein Konzept zur klimaneutralen Landesverwaltung vorgelegt.
Alle Gemeinden, Städte und Landkreise müssen ihre Energieverbräuche jährlich in einer vom Land bereitgestellten elektronischen Datenbank erfassen. Ziel ist, in der Folge den kommunalen Energieverbrauch zu senken und insbesondere die Liegenschaften energieeffizienter zu betreiben.
Jeweils bis zum 30. Juni des Folgejahres erfassen alle Kommunen ihre Energieverbräuche und die dazugehörigen spezifischen Daten in sieben Kategorien. Wenn sie bereits ein systematisches Energiemanagement betreiben, genügen Energiebericht und Summendaten.
Die kostenlose Datenbank erlaubt Auswertungen und gibt den Kommunen hilfreiches Feedback, wo sie beim Energieverbrauch stehen. Basis dafür ist „kom.EMS“, ein Werkzeug zur Qualitätssicherung und Bewertung von Energiemanagementsystemen in Kommunen.
Die Datenerfassung der Energieverbräuche schafft – als erster wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem Energiemanagement – Transparenz und Erkenntnisgewinn und somit die Voraussetzung, Einsparpotentiale zu erkennen und zu erschließen.
Weitere Informationen
Ein kommunaler Wärmeplan bildet die Grundlage zur Erreichung eines klimaneutralen Gebäudesektors. Die kommunale Wärmeplanung umfasst eine Bestandsanalyse zum Wärmebedarf und zur Versorgungsstruktur sowie eine Analyse der vorhandenen Potenziale zur Wärmeversorgung mittels erneuerbarer Energien.
Darauf aufbauend erstellen die Gemeinden ein Szenario für eine klimaneutrale Wärmeversorgung im Jahr 2040. Außerdem wird eine Umsetzungsstrategie entwickelt, wie dieser Umbau gelingen kann und wie die Prioritäten zu setzen sind.
Mit Hilfe dieses Fahrplans sollen die Gemeinden die richtigen Entscheidungen treffen, um eine klimaneutrale Wärmeversorgung aller Gebäude zu ermöglichen. Er soll aber auch alle anderen lokalen Akteure und Gebäudeeigentümer bei ihren individuellen Investitionsentscheidungen unterstützen.
Im Jahr 2020 verpflichtete das Land als bundesweiter Vorreiter die Stadtkreise und Großen Kreisstädte im Klimagesetz Baden-Württemberg zur Erstellung kommunaler Wärmepläne bis zum 31. Dezember 2023. Dadurch entstanden Wärmepläne für über die Hälfte der Bevölkerung des Landes. Zudem wurden zahlreiche kleinere Gemeinden bei ihrer freiwilligen Wärmeplanung vom Umweltministerium gefördert.
Im Jahr 2024 wurde vom Bund das Wärmeplanungsgesetz erlassen. Dieses Gesetz enthält im Vergleich zu den bisherigen Regelungen im Klimagesetz Baden-Württemberg – bei grundsätzlicher Beibehaltung der Planungslogik und des Planungsablaufs – detailliertere Regelungen für die Wärmeplanung. Die Verpflichtung betrifft nun alle Gemeinden unabhängig von deren Einwohnerzahl. Für Gemeinden bis zu 100 000 Einwohnern sind die Wärmepläne bis spätestens 30. Juni 2028 zu erstellen. Das Wärmeplanungsgesetz enthält zusätzlich zu den Regelungen über Ablauf und Inhalt der Wärmeplanung verbindliche Vorgaben für die Betreiber von bestehenden und neuen Wärmenetzen zur schrittweisen Dekarbonisierung ihrer Netze. Das Änderungsgesetz vom 29. Juli 2025 fügte die Einzelheiten der Umsetzung des Wärmeplanungsgesetzes in das Klimagesetz Baden-Württemberg ein.
Aufgrund des vom Wärmeplanungsgesetz gewährten Bestandsschutzes wird es in Baden-Württemberg einige Zeit zwei Typen von Wärmeplänen geben:
- fertiggestellte und zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des genannten Änderungsgesetzes bereits begonnene Wärmeplanungen, die noch nach den bisherigen Regelungen im Klimagesetz Baden-Württemberg ohne Geltung des Wärmeplanungsgesetzes fertiggestellt werden und
- nach diesem Zeitpunkt neu begonnene Wärmeplanungen, für die das Wärmeplanungsgesetz und die neuen ergänzenden Landesregelungen aufgrund des Änderungsgesetzes vom 29. Juli 2025 gelten. Erst die Fortschreibung der Wärmepläne erfolgt dann einheitlich nach den Vorgaben des Wärmeplanungsgesetzes mit den ergänzenden Landesregelungen.
Das Klimagesetz Baden-Württemberg sieht verschiedene Pflichten zur Installation von Photovoltaikanlagen zur Stromerzeugung vor:
- beim Neubau von Nichtwohngebäuden (ab 1. Januar 2022)
- beim Neubau von Wohngebäuden (ab 1. Mai 2022)
- bei einer grundlegenden Dachsanierung eines Gebäudes (ab 1. Januar 2023)
- beim Neubau von Parkplätzen mit mehr als 35 Stellplätzen (ab 1. Januar 2022)
Das Umweltministerium hat im Oktober 2021 eine Rechtsverordnung erlassen, die die Bestimmungen der Photovoltaik-Pflichten beim Neubau von Gebäuden, grundlegenden Dachsanierungen und Parkplätzen konkretisiert.
Weitere Informationen
Fragen und Antworten zur Photovoltaik-Pflicht
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Gemeinden, Städte und Landkreise können Klimamobilitätspläne aufstellen. Mit Hilfe dieser Pläne sollen die Kommunen ihre Treibhausgasemissionen im Mobilitätsbereich dauerhaft senken.
Fachlich zuständig für die Klimamobilitätspläne ist das Verkehrsministerium.
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Unternehmen können auf freiwilliger Basis mit dem Land Klimaschutzvereinbarungen abschließen. Dadurch sollen sie zu zusätzlichen Klimaschutzaktivitäten motiviert werden. Zudem soll das Land als Anteilseigner bei Unternehmen, an denen es mehrheitlich beteiligt ist und die ein hohes Potenzial zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen aufweisen, im Rahmen des rechtlich Möglichen dafür eintreten, dass diese eine Klimaschutzvereinbarung abschließen.
Das Klimagesetz Baden-Württemberg stärkt das nachhaltige Bauen in Förderprogrammen des Landes für den Hochbau. So sollen diese Förderprogramme, die Nichtwohngebäude zum Gegenstand haben, den Grundsätzen des nachhaltigen Bauens grundsätzlich Rechnung tragen. Denn nachhaltiges Bauen soll die ökologischen, ökonomischen und soziokulturellen Gebäudequalitäten steigern.
Mindestvoraussetzung für die Förderung ist, dass der Antragsteller nachweist, dass er die Grundsätze des nachhaltigen Bauens geprüft hat.
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Die Regierungspräsidien sollen bei bestimmten Bauleitplanverfahren, die die Standorte von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien regeln, als Träger öffentlicher Belange für den Klimaschutz beteiligt werden.