Rund 88 Prozent des Potenzials der Dächer Baden-Württembergs sind bisher noch ungenutzt. Die Photovoltaik-Pflicht soll zusätzlichen Flächenverbrauch vermeiden und dafür sorgen, dass elektrische Energie dort erzeugt wird, wo sie gebraucht wird. Um dem Ausbau von Dachflächen-Photovoltaik noch weiter voranzutreiben, wurde daher im Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz eine Pflicht zur Installation von Photovoltaikanlagen beim Neubau von Wohn- und Nichtwohngebäuden und größeren, offenen Parkplätzen aufgenommen. Seit 1. Januar 2023 gilt die Pflicht auch für Bestandsgebäude (Wohn- und Nichtwohngebäude), sobald Dächer grundlegend saniert werden.
Im Zusammenhang mit der neuen Pflicht gibt es immer wieder Fragen. Die häufigsten dieser Fragen beantworten wir auf dieser Seite:
Wann wird die Photovoltaikpflicht angewendet?
Die Photovoltaikpflicht gilt für Bauherrinnen und Bauherren beim Neubau eines Wohn- oder Nichtwohngebäudes und bei der grundlegenden Dachsanierung eines Bestandsgebäudes. Außerdem greift sie beim Neubau eines offenen Parkplatzes mit mehr als 35 Stellplätzen.
Der maßgebliche Zeitpunkt ist für alle Neubauvorhaben das Eingangsdatum des Bauantrags oder der vollständigen Bauvorlagen im Kenntnisgabeverfahren. Bei Dachsanierungen zählt das Datum des Baubeginns:
- Neubau Parkplatz: 1. Januar 2022
- Neubau Nichtwohngebäude: 1. Januar 2022
- Neubau Wohngebäude: 1. Mai 2022
- Grundlegende Dachsanierung: 1. Januar 2023
Grundsätzliche Voraussetzung für die Photovoltaikpflicht ist, dass das jeweilige Bauvorhaben über eine Dach- oder Stellplatzfläche verfügt, die zur Solarnutzung geeignet ist.
Die Pflicht gilt auch bei einem Ausbau oder Anbau an ein bestehendes Gebäude oder an einen bestehenden Parkplatz. Voraussetzung ist ebenfalls, dass durch den Anbau eine neue, zur Solarnutzung geeignete Dach- oder Stellplatzfläche entsteht. Bestehende Dach- oder Stellplatzfläche zählen dabei nicht mit.
Als grundlegende Dachsanierung gelten Baumaßnahmen, bei denen die Abdichtung oder die Eindeckung eines Daches vollständig erneuert wird. Dies gilt auch bei einer Wiederverwendung von Baustoffen. Eine Erneuerung der darunterliegenden Lattungen oder Schalungen wird nicht vorausgesetzt. Ausgenommen sind aber Baumaßnahmen, die ausschließlich zur Behebung kurzfristig eingetretener Schäden vorgenommen werden (zum Beispiel: Sturmschäden).
Die Verpflichtung betrifft Bauherrinnen und Bauherren. Sie müssen, wenn beim Neubau eine für die Solarnutzung geeignete Dachfläche entsteht, eine Photovoltaikanlage installieren. Sie können gleichzeitig Eigentümerin oder Eigentümer des Gebäudes oder Grundstücks sein, müssen es aber nicht.
Die Photovoltaikpflicht gilt bei grundlegenden Dachsanierungen, wenn mit den Bauarbeiten ab dem 1. Januar 2023 begonnen wird. Als Baubeginn gilt die tatsächliche Aufnahme von Bauarbeiten am Dach selbst, das heißt Baumaßnahmen, die eine Erneuerung der Abdichtung oder der Eindeckung eines Daches beinhalten. Davon abzugrenzen sind vorbereitende Arbeiten, wie Planungsleistungen, die Einrichtung der Baustelle, das Aufstellen eines Gerüsts oder vertragliche Vereinbarungen, wie die Zahlung eines Abschlags. In solchen Fällen kann grundsätzlich nicht von einem Beginn der Bauarbeiten ausgegangen werden.
Nein. Für ehrenamtlich tätige Vereine gibt es keine gesonderten Ausnahmeregeln.
Bei der Photovoltaikpflicht laut Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz Baden-Württemberg handelt es sich um eine ordnungsrechtliche Pflicht, die sich allein an Bauherrinnen und Bauherren richtet. Kommunen werden zwar als Bauherrinnen, nicht jedoch in ihrer Funktion als Trägerinnen der Bauleitplanung erfasst. Hieraus folgt, dass Festsetzungen in bestehenden Bebauungsplänen durch die Photovoltaikpflicht nicht berührt werden. Wird eine Photovoltaiknutzung bauleitplanerisch pauschal ausgeschlossen, würde somit auch die Photovoltaikpflicht im Sinne des Paragraf 23 Absatz 1 Satz 2 Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz Baden-Württemberg entfallen.
Wie wird die Photovoltaikpflicht angewendet?
Voraussetzungen für Dachflächen
Die Mindestvoraussetzungen einer Dachfläche, die zur Solarnutzung geeignet ist, werden in Paragraf 4 Absatz 1 Photovoltaik-Pflicht-Verordnung definiert:
- Ein Dach muss über eine zusammenhängende Mindestfläche von 20 Quadratmetern verfügen, die durch sie umschließende Dachkanten abgrenzbar ist. Handelt es sich um ein Flachdach, darf die Fläche eine maximale Neigung von 20 Grad aufweisen; darüber hinaus muss sie keine Anforderungen erfüllen.
- Handelt es sich um ein Steildach, darf dieses bei einer Neigung von 20 bis maximal 60 Grad nur nach Westen, Osten und allen dazwischenliegenden Himmelsrichtungen nach Süden ausgerichtet sein.
Ein nach Norden ausgerichtetes Stelldach fällt somit nicht unter die Photovoltaikpflicht. Sollen auf einer zur Solarnutzung geeigneten Fläche anderweitige „notwendige Nutzungen“ wie eine Dachterrasse untergebracht werden, muss gewährleistet sein, dass die verbleibende Fläche hinreichend eben und hinreichend von der Sonne beschienen ist. Letzteres kann bei einer jährlichen Sonneneinstrahlung von mindestens 75 Prozent angenommen werden.
Voraussetzungen für Stellplatzflächen
Die Mindestvoraussetzungen für eine zur Solarnutzung geeignete Stellplatzfläche werden in Paragraf 5 Absatz 1 Photovoltaik-Pflicht-Verordnung definiert:
- Es müssen mindestens vier Stellplätze unmittelbar nebeneinander angeordnet sein.
- Die Stellplätze sind ausschließlich für Personenkraftwagen vorgesehen.
- Die Parkplatzfläche weist eine maximale Neigung von 10 Grad auf.
Anders als bei Gebäuden spielt die jährliche solare Sonneneinstrahlung hier keine Rolle, da beim Neubau von offenen Parkplätzen ausreichend Gestaltungsspielraum besteht, Verschattungen zu vermeiden (zum Beispiel durch entsprechende Baumbepflanzung).
Ausnahmen
Darüber hinaus werden in Paragraf 4 Absatz 4 und Paragraf 5 Absatz 2 Photovoltaik-Pflicht-Verordnung Fälle aufgelistet, in denen sich Gebäude beziehungsweise Dach- oder Stellplatzflächen nicht für eine Solarnutzung eignen. Liegt einer der hier aufgeführten Fälle vor, entfällt die Photovoltaikpflicht, ohne dass Sie hierfür ein Antrag auf Befreiung stellen müssen.
- Gebäude mit einer Nutzfläche von weniger als 50 Quadratmetern
- Gebäude mit Dachflächen, die im Rahmen der notwendigen Nutzung temporär entfernt oder bewegt werden müssen
- Gebäude oder Parkplatzflächen, auf denen eine Solarnutzung unter Berücksichtigung der typischen Nutzung und gegebenenfalls von unvermeidbaren externen Einflüssen (zum Beispiel: Schneelast) eine Gefahr für Personen oder Sachen darstellt
Bauvorhaben, die über keinen Anschluss an ein Elektrizitätsversorgungsnetz verfügen und deren Netzanschluss nach Paragraf 17 Absatz 2 Satz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes verweigert wird
Nein. Das Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz Baden-Württemberg gibt nicht vor, wie Dächer gebaut werden sollen. Stattdessen müssen die Behörden prüfen, ob durch ein Bauvorhaben – so wie es geplant ist – eine zur Solarnutzung geeignete Dachfläche entsteht. Ist dies nicht der Fall, besteht keine Photovoltaikpflicht.
Um die Photovoltaikpflicht zu erfüllen, muss die installierte Photovoltaikanlage eine bestimmte Mindestmodulfläche in Quadratmetern aufweisen. Diese wird anhand der Dachfläche bemessen, die zur Solarnutzung geeignet ist. Im Regelfall reicht es gemäß Paragraf 6 Absatz 1 Photovoltaik-Pflicht-Verordnung, wenn die Photovoltaikanlage eine Modulfläche im Umfang von mindestens 60 Prozent der Dachfläche aufweist.
Wird die ursprüngliche Eignungsfläche eines Daches durch anderweitige „notwendige Nutzungen“ wie Dachterrassen verkleinert, müssen vergleichsweise etwas mehr Photovoltaikmodule installiert werden – im Umfang von mindestens 75 Prozent der verbleibenden Eignungsfläche.
Fällt die Photovoltaikpflicht mit einer öffentlich-rechtlichen Pflicht zur Dachbegrünung zusammen, reduziert sich der oben beschriebene Umfang der Mindestnutzung um 50 Prozent. Entscheidet sich eine Bauherrin oder ein Bauherr freiwillig zu einer Dachbegrünung, greift diese Regelung nicht.
Beim Neubau eines Wohngebäudes oder bei einer grundlegenden Dachsanierung besteht außerdem die Möglichkeit, den Umfang der Mindestnutzung anstatt als Mindestmodulfläche in Quadratmetern wahlweise anhand der installierten Leistung einer Anlage zu berechnen. Dabei gilt die Photovoltaikpflicht als erfüllt, wenn die Photovoltaikanlage eine installierte Mindestleistung von 0,06 Kilowatt Peak je Quadratmeter der überbauten Grundstücksfläche aufweist.
Die überbaute Grundstücksfläche umfasst dabei die Fläche, mit der ein Gebäude über seine Außenwand den Erdboden berührt, sowie darüber hinausragende Dachüberstände. Entscheidet sich eine Bauherrin oder ein Bauherr außerdem dazu, die Photovoltaikpflicht ersatzweise durch die Installation einer solarthermischen Anlage zu erfüllen, entspricht 1 Kilowatt Peak installierte Photovoltaik-Leistung umgerechnet 5,5 Quadratmetern Kollektorfläche. Diese alternativen Berechnungsmaßstäben sollen insbesondere privaten Bauherrinnen und Bauherren die Umsetzung der Photovoltaikpflicht erleichtern.
Beim Neubau von Parkplätzen reicht es aus, wenn die über der geeigneten Stellplatzfläche installierten Module einen Mindestumfang von 60 Prozent der Eignungsfläche aufweisen. Oberhalb von Fahrgassen müssen keine Module angebracht werden.
Die mindestens zu installierende Modulfläche ist nach oben hin gedeckelt. So soll gewährleistet werden, dass nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz bestehende Förderansprüche der späteren Anlagenbetreiberinnen und Anlagenbetreiber nicht von einem Zuschlag der Bundesnetzagentur abhängen. Aktuell liegt diese Grenze bei einer installierten Leistung von 1.000 Kilowatt Peak. Sie kann sich mit zukünftigen Novellen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes aber verschieben.
Zur Beschaffenheit, Ausrichtung und Platzierung der Photovoltaikmodule machen das Gesetz und die Verordnung zur Photovoltaikpflicht keine Vorgaben. Bauherrinnen und Bauherren können somit frei wählen, welchen Teil einer zur Solarnutzung geeigneten Dach- oder Stellplatzfläche sie nutzen wollen. Dabei steht ihnen stets frei, freiwillig mehr Photovoltaikmodule zu installieren als zur Pflichterfüllung erforderlich wäre.
Nein. Die Photovoltaikanlage kann auch ein Dritter betreiben. So steht es Bauherrinnen und Bauherren frei, ein fertig errichtetes Gebäude oder einen fertig errichteten Parkplatz einschließlich der darauf installierten Photovoltaikanlage zu verkaufen, eine zur Solarnutzung geeignete Dachfläche an einen Dritten zu verpachten (zum Beispiel Stadtwerke) oder ein sogenanntes Contracting-Modell zu wählen.
Im Regelfall reicht als Nachweis aus, der zuständigen Behörde spätestens zwölf Monate nach Baufertigstellung eine Bestätigung darüber zukommen zu lassen, dass die Photovoltaikanlage im Markstammdatenregister der Bundesnetzagentur registriert worden ist.
Eine solche Registrierungsbestätigung wird den Nutzerinnen und Nutzern durch das Marktstammdatenregister automatisch per E-Mail zugesendet.
Wird bei genehmigungs- oder kenntnisgabepflichtigen Bauvorhaben der Umfang einer zur Solarnutzung geeigneten Dachfläche durch anderweitige „notwendige Nutzungen“ (zum Beispiel Dachterrasse) reduziert, muss der zuständigen unteren Baurechtsbehörde zusammen mit der Registrierungsbestätigung außerdem ein Dachplan im Sinne des Paragrafen 8 Photovoltaik-Pflicht-Verordnung vorgelegt werden. Für nicht-genehmigungs- oder kenntnisgabepflichtige Bauvorhaben (im Regelfall: Dachsanierung) gilt dies nicht.
Die Behörde prüft die vorgelegten Nachweise. Bestehen Anhaltspunkte, dass die Photovoltaikpflicht nicht erfüllt ist, kann die Behörde das Bauvorhaben vor Ort begutachten. Die Behörde weist die Bauherrin oder den Bauherrn auf Versäumnisse hin und setzt eine angemessene Frist, diese zu beseitigen.
Ersatzmaßnahmen
Ja. Beim Neubau von Gebäuden und bei grundlegenden Dachsanierungen kann die Photovoltaikpflicht gemäß Paragraf 23 Absatz 4 Nummer 1 Buchstabe a Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz Baden-Württemberg auch durch die Installation einer solarthermischen Anlage zur Wärmeerzeugung erfüllt werden. Eine Kombination von Photovoltaik und Solarthermie ist ebenso möglich. Mit den Kollektoren einer solarthermischen Anlage ist die die Photovoltaikpflicht entsprechend dem genutzten Flächenanteil ebenfalls erfüllt. Bei grundlegenden Dachsanierungen können vorher genutzte Solarthermieanlagen zur teilweisen Erfüllung der Pflicht erneut auf das Dach angebracht werden.
Ja. Gemäß Paragraf 23 Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 des Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetzes Baden-Württemberg können Bauherrinnen und Bauherren Photovoltaikanlagen und solarthermische Anlagen ersatzweise auch auf anderen Außenflächen eines Gebäudes (zum Beispiel Fassade) oder in dessen unmittelbarer räumlicher Umgebung installieren.
Unmittelbare räumliche Umgebung ist bei Flächen gegeben, die entweder auf demselben Grundstück wie das Gebäude, einem unmittelbar angrenzenden Grundstück oder auf demselben Betriebsgelände vorhanden sind. Auch hierbei wird der durch die Photovoltaikanlage oder die solarthermische Anlage in Anspruch genommene Flächenanteil auf die Pflichterfüllung angerechnet.
Beim Neubau eines Parkplatzes mit mehr als 35 Stellplätzen besteht die Möglichkeit, Photovoltaikmodule anstatt auf der Stellplatzfläche ersatzweise auf der Dachfläche oder auf anderen Außenflächen eines gleichzeitig neu errichteten Gebäudes in unmittelbarer räumlicher Umgebung des Parkplatzes zu installieren. Gemäß Paragraf 23 Absatz 4 Satz 2 Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz Baden-Württemberg dürfen hierbei aber nur Flächen in Anspruch genommen werden, die nicht zur Erfüllung der Photovoltaikpflicht beim Neubau eines Gebäudes nach Paragraf 23 Absatz 1 Satz 1 Satz 3 Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz Baden-Württemberg benötigt werden.
Nein. Solar- oder Solarthermie-Anlagen auf bereits bestehenden Gebäuden und Dächern können nicht zur ersatzweisen Erfüllung einer Photovoltaik-Pflicht angerechnet werden. Die Photovoltaik-Pflicht knüpft daran an, ob bei dem jeweiligen Bauvorhaben eine Dach- oder Stellplatzfläche neu entsteht. Ist diese Fläche zur Solarnutzung geeignet, soll sie standardmäßig zur Erzeugung von Solarstrom genutzt werden.
Ausnahmen und Einschränkungen der Photovoltaikpflicht
In Paragraf 23 Absatz 1 Satz 3 Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz Baden-Württemberg wird vorgegeben, dass eine öffentlich-rechtliche Pflicht zur Dachbegrünung bestmöglich mit der Photovoltaikpflicht in Einklang gebracht werden muss. Dabei schließt die eine Pflicht die andere nicht aus. Eine öffentlich-rechtliche Gründachpflicht kann sich dabei beispielsweise aus einer kommunalen Satzung im Sinne des Paragraf 74 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Landesbauordnung ergeben.
Fällt die Photovoltaikpflicht mit einer öffentlich-rechtlichen Pflicht zur Dachbegrünung zusammen, reduziert sich der Umfang der Mindestnutzung um 50 Prozent. Um die Photovoltaikpflicht zu erfüllen, reicht es somit im Regelfall aus, wenn eine Photovoltaikanlage mit einer Mindestmodulfläche im Umfang von 30 Prozent der Eignungsfläche installiert wird. Entscheidet sich eine Bauherrin oder ein Bauherr freiwillig zu einer Dachbegrünung, greift diese Regelung jedoch nicht.
Die Photovoltaikpflicht entfällt, wenn deren Erfüllung sonstigen öffentlich-rechtlichen Pflichten widerspricht (Paragraf 23 Absatz 1 Satz 2 Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz Baden-Württemberg). Solche öffentlich-rechtlichen Pflichten können sich unter anderem aus dem Denkmalschutzrecht ergeben. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass sowohl der Denkmalschutz als auch der Klimaschutz verfassungsrechtlich geschützte Güter darstellen. Beide Belange sind somit im Rahmen der Gesetze und der Verfassung in einem angemessenen Ausgleich zu bringen, sodass ihnen größtmögliche Geltung verschafft wird.
Das heißt, die Installation von Photovoltaikanlagen auf und an denkmalgeschützten Gebäuden beziehungsweise in deren Umgebung ist grundsätzlich möglich. Denkmalgeschützte Gebäude oder Bauvorhaben in der Umgebung eines Kulturdenkmals sind nicht pauschal von der Photovoltaikpflicht ausgenommen. In der Regel ist die Einholung einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung erforderlich.
Bei der Entscheidung über die Genehmigungserteilung ist bis zur Erreichung der Netto-Treibhausgasneutralität bis zum Jahr 2040 nach dem Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz Baden-Württemberg der besonderen Bedeutung von Energieeinsparung, Energieeffizienz und erneuerbaren Energien sowie des Verteilnetzausbaus gegenüber denkmalschutzrechtlichen Belangen Rechnung zu tragen (Paragraf 7 Absatz 2 Satz 2 Denkmalschutzgesetz).
Zahlreiche gelungene Beispiele zeigen, dass häufig denkmalverträgliche Lösungen gefunden werden können (hierzu: Broschüre der Landesdenkmalpflege „Denkmalpflege und Erneuerbare Energien“ [PDF]).
Ja. Auf Antrag kann eine Bauherrin oder ein Bauherr von der Photovoltaikpflicht ganz oder teilweise befreit werden, wenn diese nur mit unverhältnismäßig hohem wirtschaftlichen Aufwand erfüllbar wäre. Eine solche wirtschaftliche Unzumutbarkeit ist gemäß Paragraf 7 Absatz 1 Photovoltaik-Pflicht-Verordnung dann gegeben, „wenn die Durchführbarkeit des Bauvorhabens insgesamt oder bei unbilliger Härte in sonstiger Weise aufgrund einer Erfüllung der Photovoltaikpflicht gefährdet wäre“.
Die Durchführbarkeit eines Neubauvorhabens gilt als insgesamt gefährdet, wenn die Kosten einer Photovoltaikanlage die Baukosten des Vorhabens um folgende Schwellenwerte übersteigen:
- Neubau Wohngebäude: 10 Prozent
- Neubau von Nichtwohngebäuden: 20 Prozent
- Neubau eines Parkplatzes mit mindestens 35 Stellplätzen: 30 Prozent
Wird einer dieser Schwellenwerte durch die Kosten einer Photovoltaikanlage überschritten, soll eine Bauherrin oder ein Bauherr nicht vollständig von der Photovoltaikpflicht befreit werden, sondern nur bis zum Schwellenwert. Im Ergebnis wäre dann zumindest eine kleinere Photovoltaikanlage zu installieren.
Bei der Gegenüberstellung von Kosten können sowohl bei den Kosten einer Photovoltaikanlage als auch bei den Baukosten die damit jeweils einhergehenden Planungskosten berücksichtigt werden.
Anders als bei Neubauvorhaben können sich durch die Installation von Photovoltaikanlagen auf Bestandsgebäuden Mehrkosten insbesondere aufgrund von zusätzlichen bau- und elektrotechnischen Maßnahmen ergeben. So kann es beispielsweise erforderlich sein, die Tragfähigkeit eines Gebäudes an die zusätzliche Last der Photovoltaikmodule anzupassen.
Je nach Beschaffenheit eines Bestandsgebäudes können diese Mehrkosten stark variieren, im Einzelfall auch sehr hoch ausfallen. Übersteigen die mit der Installation einer Photovoltaikanlage verbundenen Netzanschluss- und sonstigen Systemkosten einen Anteil von mehr als 70 Prozent der übrigen Kosten der Photovoltaikanlage, sind diese Kosten gegenüber Bauherrinnen und Bauherren nicht mehr vertretbar. Eine Kostenanpassung wie im Falle von Neubauvorhaben wird an Bestandsgebäuden in der Regel nicht möglich sein. In diesem Fall sind die Bauherrinnen und Bauherren bei grundlegenden Dachsanierungen von der Photovoltaikpflicht auf Antrag vollständig zu befreien. Bei Neubauvorhaben ist eine vollständige Befreiung nur im Falle „unbilliger Härte in sonstiger Weise“ möglich.
Zu den sonstigen Systemkosten zählen (gebäudespezifische) Kosten, die bedingt durch die Photovoltaikanlage für bau- und elektrotechnische Maßnahmen aufgewendet werden müssen, wie zum Beispiel für Brandschutz, Sicherheit und Statik. Im Übrigen setzen sich die Kosten einer Photovoltaikanlage aus den Kosten für Module, die notwendige Unterkonstruktion, Wechselrichter, Messeinrichtungen sowie den Planungs- und Montagekosten zusammen.
Wird dieser zumutbare Schwellenwert bei grundlegenden Dachsanierungen überschritten, sind die für die Installation einer Photovoltaikanlage erforderlichen Mehrkosten gegenüber Bauherrinnen und Bauherren nicht mehr vertretbar.
Eine Befreiung von der Photovoltaikpflicht ist auch möglich, wenn eine sogenannte „unbillige Härte“ vorliegt. Hohe Kosten für eine Photovoltaikanlage reichen hierzu allein nicht aus. Es müssen weitere Umstände gelten, die von der zuständigen Behörde im Einzelfall bewertet werden müssen. Das kann beispielsweise eine fehlende Kreditzusage oder die fehlende Verpachtungsmöglichkeit einer Dachfläche sein. Solche Umstände sind gegenüber der Behörde nachzuweisen.
Bei Neubauvorhaben beziehungsweise bei verfahrenspflichtigen Bauvorhaben müssen Bauherrinnen und Bauherren Befreiungsanträge zusammen mit der Bauvorlage einreichen, bei grundlegenden Dachsanierungen beziehungsweise bei verfahrensfreien Vorhaben spätestens zwei Monate vor Beginn der Bauarbeiten. Sobald der Antrag vollständig vorliegt, entscheidet die zuständige Behörde hierüber. Bei verfahrensfreien Bauvorhaben oder solchen im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren fällt die Entscheidung innerhalb eines Monats, oder, soweit ein Baugenehmigungsverfahren durchgeführt wird, innerhalb von zwei Monaten. Weitere Hilfestellungen bieten die vom Umweltministerium bereitgestellten Muster-Formulare für Befreiungsanträge.
Zum Herunterladen: Formulare
Befreiungsantrag: Photovoltaikpflicht beim Neubau eines Wohn- oder Nichtwohngebäudes [PDF; 3/23; 189 KB]
Befreiungsantrag: Photovoltaikpflicht beim Neubau eines offenen Parkplatzes [PDF; 3/23; 176 KB]
Befreiungsantrag: Photovoltaikpflicht bei einer grundlegenden Dachsanierung [PDF; 3/23; 170 KB]
Allgemeine Fragen zur Photovoltaikpflicht
Die Photovoltaikpflicht ist inParagraf 23 des Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetzes Baden-Württemberg (KlimaG BW) geregelt. Hier steht, in welchen Fällen und für wen die Pflicht gilt, en die pflichtauslösenden Tatbestände, welche Ersatzmaßnahmen zulässig sind, unter welchen Bedingungen von der Verpflichtung abgesehen werden kann und welche Behörde für den Vollzug zuständig ist. Außerdem wird klargestellt, was passiert, wenn die Photovoltaikpflicht mit anderen öffentlich-rechtlichen Pflichten zusammenstößt – zum Beispiel Dachbegrünung oder Denkmalschutz.
Diese grundsätzlichen Bestimmungen des baden-württembergischen Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetzes werden durch die Photovoltaik-Pflicht-Verordnung (PVPf-VO) des Umweltministeriums konkretisiert und ergänzt. Beide Regelwerke müssen Sie daher immer zusammenlesen.
Die Photovoltaikpflicht bei Neubauten und grundlegenden Dachsanierungen ist eine bauordnungsrechtliche Pflicht, die daran anknüpft, ob bei dem jeweiligen Bauvorhaben eine Dachfläche neu entsteht. In diesen Fällen sind für den Vollzug der Photovoltaikpflicht die unteren Baurechtsbehörden gemäß Paragraf 31 Absatz 1 Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz Baden-Württemberg sachlich zuständig. Auch Befreiungsanträge sind bei dieser Behörde zu stellen.
Untere Baurechtsbehörde ist je nach Standort des Gebäudes die Gemeinde- beziehungsweise Stadtverwaltung oder das Landratsamt. Die Kontaktdaten der für das Gebäude zuständigen Baurechtsbehörde erfahren Sie über das Serviceportal Baden-Württemberg.
Soll ein öffentlicher Parkplatz entstehen, ist die Straßenbaubehörde zuständig.
Verweist die Photovoltaik-Pflicht-Verordnung vereinzelt auf Vorschriften des Klimaschutzgesetzes Baden-Württemberg, das mittlerweile außer Kraft ist, führt dies nicht dazu, dass die Vorschriften der Photovoltaik-Pflicht-Verordnung nicht angewendet werden. Die Verweisungen sind als „dynamische Verweisung“ auf die Nachfolgeregelungen des Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetzes Baden-Württemberg zu verstehen. Bis zur nächsten Anpassung der Verordnung sind die Vorschriften so auszulegen, dass die inhaltsgleichen und regelungsgleichen Vorschriften des Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetzes Baden-Württemberg anzuwenden sind.
Installation und Betrieb einer Photovoltaikanlage werden insbesondere durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz gefördert. So gewährleistet es etwa einen auf zwanzig Jahre befristeten gesetzlichen Vergütungsanspruch für den Strom, der in das öffentliche Versorgungsnetz eingespeist wird.
Darüber hinaus fördert die Kreditanstalt für den Wiederaufbau die Installation einer Photovoltaikanlage und eines Stromspeichers über ihren Standard-Förderkredit „Erneuerbare Energien“ (Nr. 270): Erneuerbare Energien – Standard (270) | KfW.
Für eine weitere Beratung empfehlen wir Ihnen, mit der für Sie zuständigen regionalen Energieagentur Kontakt aufzunehmen: Regionale Energieagenturen (kea-bw.de)