Kommunaler Klärschlamm zählt zur Gruppe der Siedlungsabfälle und ist somit dem Regelungsbereich des europäischen und nationalen Kreislaufwirtschaftsrechts unterworfen. Damit fallen die kommunalen Klärschlämme unter die Bestimmungen der EU-Abfallrahmenrichtlinie (RL 2008/98/EG) zuletzt geändert durch Richtlinie (EU) 2018/851) und deren Umsetzung durch das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG).
In der Klärschlammverordnung (AbfKlärV) ist die Verwertung von Klärschlamm, Klärschlammgemischen und Klärschlammkomposten geregelt. Bei der bodenbezogenen Verwertung von Klärschlämmen sind zudem die Bestimmungen des Düngerechts, insbesondere der Düngemittelverordnung zu beachten.
Die Klärschlammverordnung von 2017 hat mit den verpflichtenden Regelungen, Phosphor zurückzugewinnen und aus der direkten bodenbezogenen Verwertung auszusteigen bundesweit die Weichen für die Phosphor-Rückgewinnung gestellt und gleichzeitig den Ausstieg aus der landwirtschaftlichen Klärschlammverwertung weiter forciert.
Pflicht zur Phosphor-Rückgewinnung aus Klärschlamm und Klärschlammasche
Wesentliche Neuerung in der Klärschlammverordnung ist die ab 2029 geltende Pflicht zur Phosphor-Rückgewinnung aus Klärschlamm und Klärschlammasche. Diese Pflicht gilt grundsätzlich für alle Abwasserbehandlungsanlagen unabhängig von deren Ausbaugröße, sofern der Klärschlamm 20 Gramm oder mehr Phosphor je Kilogramm Trockensubstanz (TS) enthält.
Darüber hinaus dürfen Klärschlämme aus Abwasserbehandlungsanlagen mit einer Ausbaugröße von mehr als 50.000 Einwohnerwerten (EW) ab dem Jahr 2032 nicht mehr bodenbezogen verwertet werden. Gleiches gilt für Abwasserbehandlungsanlagen größer als 100.000 Einwohnerwerten (38 Kläranlagen) bereits ab dem Jahr 2029.
Die bodenbezogene Verwertung von Klärschlamm bei Kläranlagen bis 50.000 Einwohnerwerten bleibt eingeschränkt möglich. Von Bedeutung sind hier zusätzlich einzuhaltende Grenzwerte und Untersuchungspflichten, die seit dem Inkrafttreten der Klärschlammverordnung ohne Übergangsfrist sofort gelten.
Gleichzeitig besteht für Abwasserbehandlungsanlagen mit einer Ausbaugröße von bis zu 50.000 Einwohnerwerten (809 Kläranlagen) in begründeten Einzelfällen die Möglichkeit, die anfallenden Klärschlämme nach Zustimmung der zuständigen Behörde ohne vorherige Phosphor-Rückgewinnung einer anderweitigen Verwertung im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zuzuführen, also einer energetischen Verwertung.
Die Zwischenlagerung von Klärschlammaschen mit dem Ziel der späteren Aufbereitung und Phosphor-Rückgewinnung ist grundsätzlich unbefristet möglich. Aufgrund der dabei zu berücksichtigenden Anforderungen (unter anderem Verbot zur Vermischung mit anderen Abfällen oder Stoffen und Gewährleistung einer späteren Phosphor-Rückgewinnung aus den gelagerten Klärschlammaschen) wird die Langzeitlagerung von Klärschlammaschen in Baden-Württemberg ab 2029 nur in Ausnahmefällen zur Anwendung kommen.
Der Phosphor in Klärschlämmen ist gemäß Klärschlammverordnung so zurückzugewinnen, dass entweder 50 Prozent des enthaltenen Phosphors gewonnen werden oder der P-Gehalt im behandelten Klärschlamm auf weniger als 20 Gramm pro Kilogramm Trockenmasse (2 Prozent) reduziert wird. Bei Klärschlammverbrennungsaschen müssen mindestens 80 Prozent des enthaltenen Phosphors zurückgewonnen werden.
Wird Phosphor bereits im Rahmen der Abwasserbehandlung zurückgewonnen, sind die Anforderungen der Klärschlammverordnung nur dann erfüllt, wenn dadurch der Phosphorgehalt im Klärschlamm auf weniger als 2 Prozent reduziert werden kann. Andernfalls wäre für den betreffenden Klärschlamm und die Klärschlammasche eine erneute Phosphor-Rückgewinnung gemäß Klärschlammverordnung erforderlich.
Aufgrund der langen Vorlaufzeiten für Planung und Genehmigung der dafür erforderlichen Anlagen müssen sich die Kläranlagenbetreiber im Land bereits heute damit befassen, wie eine Phosphor-Rückgewinnung erfolgen kann. Hierzu ist zu empfehlen, auch interkommunale Kooperationen und sich daraus ergebende Synergieeffekte zu prüfen.
Mengen und Entsorgungswege in Baden-Württemberg
Bei einer aus heutiger Sicht realistischen Phosphor-Rückgewinnungsquote von 70 Prozent könnten in Baden-Württemberg pro Jahr insgesamt etwa 5.500 Tonnen Phosphor aus kommunalen Klärschlämmen gewonnen werden. Damit ließen sich theoretisch knapp 50 Prozent der derzeit im Land mit mineralischen Düngemitteln zugeführten Phosphormenge abdecken und der Import von mineralischem Phosphordünger könnte entsprechend verringert werden.
Nahezu jeder Betrieb und fast jeder Einwohner in Baden-Württemberg ist über die Kanalisation an eine der rund 900 kommunalen Kläranlagen angeschlossen. Bei der Abwassereinigung fallen jährlich etwa 240.000 Tonnen Klärschlamm (Trockenmasse) an, wovon über 99 Prozent verbrannt werden. In die Landwirtschaft und in den Landschaftsbau gehen insgesamt weniger als 1 Prozent der Klärschlämme.
Die energetische Verwertung von Klärschlamm aus Baden-Württemberg erfolgt bislang in drei Klärschlamm-Monoverbrennungsanlagen, in einer Klärschlamm-Vergasungsanlage sowie in Kohlekraftwerken und Zementwerken in und außerhalb Baden-Württembergs.
Da die Kohlekraftwerke im Zuge der Energiewende Zug um Zug abgeschaltet werden, sind für die Verwertung der Klärschlämme neue Monoverbrennungsanlagen aufzubauen. Das Umweltministerium arbeitet mit den Abwasserzweckverbänden der Stadt- und Landkreise eng zusammen, um rechtzeitig vor dem Abschalten der Kohlekraftwerke ausreichende Entsorgungskapazitäten für die heimischen Klärschlämme gewährleisten zu können.