Radon dringt über undichte Stellen wie Risse oder Spalten in Wänden, die mit der Erde in Kontakt stehen, oder in der Bodenplatte in Gebäude ein. Zuvor muss es von seinem Entstehungsort über Porenräume in Gesteinen und in Böden an die Erdoberfläche und an die Gebäudehülle gelangen.
Wo mehr Radon im Untergrund vorkommt, kann prinzipiell auch mehr Radon in ein Gebäude eindringen. Muss Radon auf seinem Weg dichten Untergrund durchqueren, wird dabei ein Teil zurückgehalten. Entsprechend weniger Radon kann in ein Gebäude eindringen. Aus diesem Grund werden bei Radonbodenluftmessungen das Radonvorkommen, die sogenannte Radonaktivitätskonzentration, in einem Meter Bodentiefe und die Durchlässigkeit des Bodens für Gas (Gasdurchlässigkeit oder „Gaspermeabilität“) bestimmt. Beide Messgrößen beeinflussen, wie viel Radon im Untergrund eines Gebäudes verfügbar ist (Radonverfügbarkeit).
Radonpotential RP
Für eine einfache Beschreibung dieser Radonverfügbarkeit hat sich das sogenannte geogene Radonpotential RP von Neznal et al. [1] als hilfreich erwiesen. Es stellt einen mathematischen Zusammenhang zwischen der gemessenen Radonaktivitätskonzentration c im Boden und der gemessenen Gasdurchlässigkeit k her:
Das geogene Radonpotential ist eine dimensionslose Größe, das heißt es besitzt keine physikalische Einheit. In die Formel zur Berechnung des geogenen Radonpotentials wird der Zahlenwert der Radonaktivitätskonzentration in der Einheit Kilobecquerel Radon pro Kubikmeter Bodenluft und der Zahlenwert der Gaspermeabilität in der Einheit Quadratmeter eingesetzt.
Der Wertebereich des geogenen Radonpotentials liegt üblicherweise zwischen 1 und 200. Je größer der Zahlenwert für das geogene Radonpotential ist, desto mehr Radon steht prinzipiell für das Eindringen in Gebäude zur Verfügung.
Die auf Erfahrungen und Beobachtungen beruhende Formel hat allerdings auch ihre Anwendungsgrenzen. Bei sehr gasdurchlässigen Böden kann die Formel rein rechnerisch sehr hohe Zahlenwerte erzeugen, die nicht immer die Realität richtig wiedergeben müssen. Die in Baden-Württemberg bisher ermittelten geogenen Radonpotentiale (423 Messwerten [PDF; 09/20; 461 KB]) liegen je nach Region zwischen 1 und 425.
Bei Karten über die regionale Radonsituation ist generell darauf zu achten, welche Größe tatsächlich dargestellt und vorhergesagt wird. Im Unterschied zu dem häufig dargestellten Radonvorkommen (Radonaktivitätskonzentration) im Boden berücksichtigt das geogene Radonpotential über die Gasdurchlässigkeit auch den Transport des Radons im Boden. Dadurch können sich Karten regional stark unterscheiden.
Karten über die behördliche Festlegung von Radonvorsorgegebieten wiederum geben an, wo nach derzeitigem Kenntnisstand davon ausgegangen wird, dass Gebäude mindestens dreimal wahrscheinlicher als im bundesweiten Durchschnitt den Referenzwert von 300 Becquerel Radon pro Kubikmeter Atemluft in Wohn- und Arbeitsräumen überschreiten. Diese Kartendarstellungen verknüpfen also noch die Radonverfügbarkeit (geogenes Radonpotential) mit Messwerten für Radon in Gebäuden und geben Überschreitungswahrscheinlichkeiten für den jeweiligen Referenzwert an. Das Bundesamt für Strahlenschutz hat hierzu eine Methode [2] entwickelt, die das Umweltministerium für die Ermittlung der Radonvorsorgegebiete in Baden-Württemberg nutzt.
[1] NEZNAL M., et al. (2004), The new method for assessing the radon risk of building sites. Czech Geol. Survey Special Papers, 16, Czech Geol. Survey, Prague, 47 p;. http://www.radon-vos.cz/pdf/metodika.pdf (accessed 28 April 2015)
[2] BOSSEW P. & HOFFMANN B. (2018): Die Prognose des geogenen Radonpotentials in Deutschland und die Ableitung eines Schwellenwertes zur Ausweisung von Radonvorsorgegebieten. Bundesamt für Strahlenschutz
(Herausgeber), Januar 2018; http://doris.bfs.de/jspui/bitstream/urn:nbn:de:0221-2017122814454/3/BfS-SW-24-18%20Radonvorsorgegebiete-180618.pdf