Pflichten des Auftraggebers und des Auftragnehmers
Mit der Novellierung der Gefahrstoffverordnung 2024 wurde eine besondere Mitwirkungs- und Informationspflicht für den Veranlasser von Tätigkeiten an baulichen oder technischen Anlagen eingeführt.
Der Auftraggeber (in der Regel der Eigentümer, aber auch der Mieter) hat dem Auftragnehmer (dem zu beauftragenden Handwerksbetrieb) bereits bei der Vertragsanbahnung alle ihm vorliegenden Informationen zur Bau- oder Nutzungsgeschichte über vorhandene oder vermutete Gefahrstoffe bereitzustellen. Bei Gebäuden mit Baujahr zwischen 1993 und 1996 muss dem Auftragnehmer das Datum des Baubeginns mitgeteilt werden. Bei Gebäuden mit Baujahr vor 1993 oder nach 1996 reicht die Angabe des Baujahres aus.
Wurde der Bau eines Gebäudes nach dem 31. Oktober 1993 begonnen, kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass kein Asbest vorhanden ist.
Der Auftragnehmer als Arbeitgeber muss die ihm zur Verfügung gestellten Informationen überprüfen und in seiner Gefährdungsbeurteilung berücksichtigen. Reichen die Informationen hierfür nicht aus, hat der Auftragnehmer im Rahmen einer besonderen Leistung zusätzlich zu prüfen, ob bei den geplanten Tätigkeiten Gefahrstoffe freigesetzt werden, die eine Gesundheitsgefährdung der Beschäftigten darstellen können.
Ist hierzu eine technische Erkundung mit Probennahme erforderlich, ist diese eine notwendige Voraussetzung für die Durchführung der Tätigkeiten.
Von verbauten, fest gebundenen Asbestprodukten geht in der Regel keine Gefahr aus. Asbestzement wurde beispielsweise verwendet für Dach- oder Fassadenplatten, Rohre und Kabelkanäle, Fensterbänke oder auch Blumenkästen. Problematisch wird es, wenn Gebäude oder Gebäudeteile abgebrochen werden oder die asbesthaltigen Produkte beim Renovieren zerstört oder bearbeitet werden (zum Beispiel Zerschlagen, Anbohren, Sägen, Schleifen, Dampfstrahlen). Unsachgemäße Arbeiten können eine erhebliche Menge Asbestfasern freisetzen.
Insbesondere bei schwach gebundenen Asbestprodukten besteht Handlungsbedarf, wenn die Bindemittel altern. Dann können durch Erschütterung oder Luftströmungen Fasern freigesetzt werden. Hierbei ist die „Richtlinie für die Bewertung und Sanierung schwach gebundener Asbestprodukte in Gebäuden“ zu beachten. Beispiele sind Spritzasbest, Leichtmörtelputze und Leichtbauplatten. Aber auch in Bodenbelägen, Heizkörpernischen, Nachtspeicheröfen und Heizkesseln (Isolation) kann schwach gebundener Asbest vorhanden sein.
Welche Tätigkeiten mit Asbest sind zulässig?
Werden asbesthaltige Materialien unsachgemäß entfernt, können sich die gefährlichen Fasern auch nach Abschluss der Arbeiten noch lange in der Luft halten. Deshalb ist besondere Vorsicht geboten. Rechtlich betrachtet bedeutet dies, dass die Regelungen der im Dezember 2024 novellierten Gefahrstoffverordnung und der Technischen Regel für Gefahrstoffe TRGS 519 „Asbest – Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten“ eingehalten werden müssen:
- Abbrucharbeiten, die das vollständige Entfernen asbesthaltiger Bauteile oder Materialien (gegebenenfalls auch von Teilflächen) umfassen.
- Sanierungsarbeiten:
- Maßnahmen zur räumlichen Trennung asbesthaltiger Materialien, wenn ein vollständiges Entfernen technisch nicht möglich ist.
- Sofortmaßnahmen zur vorläufigen Sicherung beschädigter asbesthaltiger Bauteile oder Materialien, sofern ein vollständiges Entfernen nicht sofort möglich ist, aber unverzüglich eingeleitet wird.
- Instandhaltungsarbeiten:
- Wartung und Inspektion asbesthaltiger Bauteile oder Materialien in oder an baulichen oder technischen Anlagen.
- Funktionale Instandhaltung baulicher Anlagen im Rahmen der weiteren Nutzung (ohne Instandsetzung des asbesthaltigen Materials).
- Anpassungen an den Stand der Bautechnik, beispielsweise energetische Sanierung.
- Keine Tätigkeiten im Bereich hohen Risikos (Freisetzung von maximal 100.000 Asbestfasern pro Kubikmeter).
- Erhalt der ursprünglichen Funktion des asbesthaltigen Materials (Nutzungsdauer noch nicht abgelaufen).
- Keine Kaschierung des Asbestmaterials, wenn das spätere Erkennen verhindert oder erschwert wird.
- Kein erheblicher Mehraufwand für eine spätere vollständige Entfernung des Asbestmaterials.
- Feste Überdeckung, Überbauung oder Aufständerung auf Asbestzementdächern (beispielsweise für Photovoltaikanlagen), Asbestzement-Wand und Deckenverkleidungen, asbesthaltigen Bodenbelägen
- Reinigungs- und Beschichtungsarbeiten an nicht vollflächig beschichteten Asbestzementdächern und Außenwandverkleidungen aus Asbestzement.
Ohne Schutzmaßnahmen geht es nicht
Privatpersonen, die Arbeiten an asbesthaltigen Materialien durchführen möchten, müssen Folgendes beachten:
- Die gesetzlichen Regelungen gelten auch für private Haushalte. Prüfen Sie, ob die geplanten Arbeiten an asbesthaltigen Materialien zulässig sind und welche Fasermengen bei den Arbeiten freigesetzt werden können.
- Arbeiten Sie nicht ohne Fachkenntnis an asbesthaltigen Materialien!
- Staubentstehung und Einatmen von Asbestfasern unbedingt vermeiden!
- Tragen Sie unbedingt geeignete Schutzausrüstung!
- Wenn möglich, geprüfte und anerkannte emissionsarme Verfahren verwenden.
- Beauftragen Sie einen Fachbetrieb mit Sachkunde, der weiß, welche Verfahren geeignet sind!
Achtung: Tätigkeiten im Bereich hohen Risikos (Freisetzung von mehr als 100.000 Asbestfasern pro Kubikmeter) erfordern nach der novellierten Gefahrstoffverordnung eine Zulassung des Betriebs gemäß TRGS 519. Für Betriebe mit bestehender Zulassung nach der zuvor geltenden Gefahrstoffverordnung gelten Übergangsfristen.
Wer gegen Verwendungsbeschränkungen verstößt oder asbesthaltige Materialien nicht fachgerecht entsorgt, macht sich unter Umständen strafbar.
Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner
Sie führen einen Betrieb und haben Fragen zum Umgang mit asbesthaltigen Materialien? Die für Sie zuständige Gewerbeaufsicht unterstützt Sie gerne.
Sie sind auf der Suche nach Sachverständigen? In den folgenden Datenbanken finden Sie jemanden in Ihrer Nähe:
Gewerbeaufsicht Baden-Württemberg: Sachverständigenverzeichnis der Industrie- und Handelskammern Gesamtverband Schadstoffsanierung e. V. Datenbank akkreditierter Stellen (DAkkS) Arbeitsgemeinschaft ökologischer Forschungsinstitute
Emissionsarme Verfahren
Eine Übersicht über Verfahren mit geringer Exposition gegenüber Asbest bei Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten gemäß der TRGS 519 finden Sie in der DGUV Information 201-012 (bisher: BGI 664; Asbestsanierung) der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e. V. (DGUV).
Industriestaubsauger und Entstauber
Eine Übersicht über Anforderungen für Industriestaubsauger und Entstauber, die für Tätigkeiten mit asbesthaltigen Materialien geeignet sind, bietet die DGUV Information 209-084 der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e. V. (DGUV).
Bitte beachten Sie jedoch: Staubarm ist nicht gleichzusetzen mit emissionsarm!