In den Fragen und Antworten wird das Genehmigungsverfahren zur Stilllegung und zum Abbau eines Atomkraftwerks allgemein erläutert. Insbesondere wird auf Reststoffbearbeitungszentren und Standortabfalllager eingegangen.
Das hat zunächst einen sehr einfachen Grund: EnKK hat die Errichtung dieser beiden Einrichtungen nicht als Element des genannten Genehmigungsverfahrens beantragt.
Darf EnKK das? Die im Reststoffbearbeitungszentrum und im Standortabfalllager vorgesehene Tätigkeit ist nach Paragraf 7 Absatz 1 der Strahlenschutzverordnung genehmigungsbedürftig. Deshalb musste ein entsprechender Antrag gestellt werden, es sei denn, die beantragte Stilllegung des Kernkraftwerks Philippsburg 1 hätte das Reststoffbearbeitungszentrum und das Standortabfalllager miteingeschlossen. Es lag also in der Hand des Antragstellers, Reststoffbearbeitungszentrum und Standortabfalllager eigenständig genehmigen zu lassen. Das Umweltministerium hat keine rechtliche Möglichkeit, eine Zusammenführung in einem einzigen Stilllegungs- und Abbauverfahren zu erzwingen.
Es gibt aber auch nachvollziehbare Gründe für die eigenständige Behandlung von Reststoffbearbeitungszentrum und Standortabfalllager in gesonderten Verfahren: Standortabfalllager und Reststoffbearbeitungszentrum werden nicht nur für den Nachbetrieb, Restbetrieb und Abbau des Kernkraftwerks Philippsburg 1 errichtet und betrieben, sondern sollen auch dem Betrieb, Restbetrieb und Rückbau des Kernkraftwerk Philippsburg 2 dienen.
Das Reststoffbearbeitungszentrum wird nicht von der EnKK, sondern einer eigenen Gesellschaft für nukleares Reststoffrecycling betrieben. Das Standortabfalllager muss solange betrieben werden, bis ein entsprechendes Endlager zur Verfügung steht. Es ist also nicht an die Dauer der eigentlichen Stilllegung gekoppelt.
Das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) sieht für Anlagen wie das Reststoffbearbeitungszentrum und das Standortabfalllager eine Vorprüfung des Einzelfalls vor. Bei dieser wird abgeschätzt, ob durch das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen zu erwarten sind. Die Prüfung erfolgt anhand bestimmter, im Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung als Anlage 2 festgelegter Kriterien.
Zur Prüfung erstellt der Antragsteller eine Unterlage (Umweltverträglichkeitsuntersuchung), die von der Behörde anhand eines bundesweit geltenden Leitfadens und der in Anlage 2 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung verbindlich vorgegebenen Kriterien überprüft wird. Wenn nötig, wird ein Gutachter zur Unterstützung der Prüfung hinzugezogen. Kommt die Behörde zu dem Schluss, dass keine Umweltverträglichkeitsprüfungs-Pflicht vorliegt, wird diese Entscheidung veröffentlicht.
Das Umweltministerium hat die Vorprüfung der Umweltverträglichkeit sehr gründlich durchgeführt und unter Hinzuziehung kritischen Sachverstands durch das Öko-Institut e. V. vorgenommen. Dabei sind die Gutachter nach Nachbesserungen des Lärmschutzes zu dem Ergebnis gekommen, dass keine Umweltverträglichkeitsprüfungs-Pflicht besteht. Dem hat sich das Umweltministerium in Abstimmung mit dem Landratsamt als Naturschutz- und Baubehörde angeschlossen.
Die EnKK hat die Umweltverträglichkeitsuntersuchung und das Umweltministerium das Gutachten des Ökoinstituts im Internet veröffentlicht.
Reststoffbearbeitungszentrum und Standortabfalllager werden in eigenständigen Genehmigungsverfahren behandelt. Das führt aber nicht zu einem vollständigen Ausschluss aus der Umweltverträglichkeitsprüfung des Vorhabens zum Abbau des Kernkraftwerks Philippsburg 1, da sie dort als „planerische Vorbelastung“ zu berücksichtigen sind.
Das bedeutet, dass neben den Auswirkungen der bestehenden Anlagen (zum Beispiel Kernkraftwerk Philippsburg 2) auch die Auswirkungen von bereits geplanten Vorhaben (hier: Reststoffbearbeitungszentrum und Standortabfalllager) als vorhandene Belastung in die Umweltverträglichkeitsuntersuchung eingehen und zusammen mit den Auswirkungen des Vorhabens (Stilllegung und Abbau des Kernkraftwerks Philippsburg 1) betrachtet werden.
Da für die beiden Vorhaben keine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht, erfolgt keine formale Öffentlichkeitsbeteiligung mit der Möglichkeit Einwendungen zu erheben. Selbst im Falle einer Umweltverträglichkeitsprüfungs-Pflicht sieht das Gesetz bei Genehmigungsverfahren nach Paragraf 7 der Strahlenschutzverordnung keinen Erörterungstermin durch die Genehmigungsbehörde vor.
Da dies unbefriedigend erschien, hat die EnKK – wie vom Umweltministerium gewünscht – mit hohem Aufwand über mehrere Monate hinweg einen Bürgerdialog zum Rückbau insgesamt geführt. Dabei wurden insbesondere auch die beiden Vorhaben Reststoffbearbeitungszentrum und Standortabfalllager vorgestellt und Gelegenheit gegeben, Bedenken vorzubringen und zu erörtern.
Die vorgetragenen Bedenken der Bürger hat die EnKK an das Umweltministerium weitergeleitet, so dass auch in diesen Verfahren eine umfassende, wenn auch nicht förmliche Sachverhaltsermittlung unter Einbeziehung der Bürger stattfindet.
Im Auslegungszeitraum sind circa 60 Schreiben mit Einwendungen im Umweltministerium eingegangen. Insgesamt haben sich dabei knapp 2.800 Personen beteiligt, aus dem Stadtgebiet Philippsburg circa 365 Personen.
Etwa die Hälfte der Schreiben besteht aus Sammeleinwendungen mit zum Teil umfangreichen Unterschriftslisten verschiedener Initiativen, über die sich circa 99 Prozent der Einwenderinnen und Einwender beteiligt haben. Die andere Hälfte der Einwendungsschreiben stammt von Einzelpersonen oder kleineren Personengruppen.
In Summe sind in den Schreiben circa 400 Einwendungen angesprochen, bei denen es aber viele Überschneidungen gibt, zum Teil auch mit den Inhalten der Sammeleinwendungen. Zur Behandlung im Erörterungstermin wurden die Einwendungen thematisch gegliedert und sollen dort in circa 60 Themenbereichen angesprochen werden.