Gewässerökologie

Stehende Gewässer

Schachtsee in Bad Friedrichshall

Stehende Gewässer, also Seen und Weiher, weisen durch ihren bewegungsarmen Wasserkörper physikalische Gesetzmäßigkeiten auf, die besondere ökologische Verhältnisse schaffen. Bei den tiefen Binnenseen, zum Beispiel dem Bodensee, bildet sich im Sommer eine über 20 Grad Celsius warme und bis zu 30 Meter mächtige Deckschicht aus. In der darunter liegenden, wenige Meter mächtigen Sprungschicht fällt die Temperatur steil ab: bis auf circa 4 Grad Celsius in der anschließenden Tiefenschicht. Bei dieser Temperatur hat das Wasser seine größte Dichte und ist deshalb schwerer als das Wasser der oberen Schicht.

Sommerstagnation

Deckschicht und Tiefenschicht verhalten sich in der wärmeren Jahreszeit fast wie zwei selbstständige Gewässerteile. Diese Periode der stabilen Schichtung wird als Sommerstagnation bezeichnet. Während dieser Stagnationsperiode bleibt der Sauerstoffeintrag auf die Deckschicht beschränkt. Die windbedingten Strömungen und Umwälzungen der Deckschicht greifen nicht auf das Tiefenwasser über, das deshalb keinen Sauerstoff aufnehmen kann, sondern auf seinen Sauerstoffvorrat angewiesen ist. In der Tiefenschicht wird jedoch durch den Abbau abgestorbener und abgesunkener Organismen aus der Deckschicht Sauerstoff verbraucht.

In nährstoffarmen Seen ist der Sauerstoffvorrat größer als der Sauerstoffverbrauch. In nährstoffreichen Seen, vor allem bei solchen, die durch Abwasser belastet sind, kann es dagegen zu völligem Sauerstoffschwund in der Tiefenschicht kommen. Folgen davon sind zum Beispiel das Fischsterben und die Rücklösung von Nährstoffen aus dem Sediment durch Reduktionsvorgänge.

Zirkulationsperiode

Die im Herbst einsetzende Abkühlung gleicht die Temperaturunterschiede zwischen den Wasserschichten allmählich aus. Der gesamte Wasserkörper des Sees kann nun wegen seiner gleichmäßigen Temperatur (4 bis 5 Grad Celsius) und Dichte durch die Winterstürme bis zum Gewässergrund durchmischt werden und dabei Sauerstoff aufnehmen (Zirkulationsperiode). Weiher und Flachseen zeigen im allgemeinen keine über längere Zeit stabile Schicht.

Alle unsere Seen sind erdgeschichtlich vor kurzer Zeit entstanden, meist noch in der letzten Eiszeit vor rund 12.000 Jahren. Sie waren ursprünglich nährstoffarm (oligotroph) und biologisch wenig produktiv. Jeder See macht aber in geologischen Zeiträumen einen natürlichen Alterungsprozess durch. Der Nährstoffnachschub aus den Auslaugungen im Einzugsgebiet und aus den Bodenablagerungen nimmt langsam zu. Die Seen werden allmählich nährstoffreich (eutroph). Die Zahl der Organismen und die Intensität der Abbauvorgänge nimmt zu. Diese Entwicklung verläuft bei flachen Seen schneller – sie verlanden schließlich zum Moor.

Im Bodensee konnten trotz seiner 10.000 bis 15.000 Jahre langen Existenz noch Ende der 1930er Jahre kaum gelöste Phosphorverbindungen nachgewiesen werden. Die Produktion von pflanzlichen Organismen war gering. Durch zivilisatorische Einflüsse (zum Beispiel starker Waschmittelzusatz und fehlende Kläranlagen) ist der Phosphorgehalt (P) im Seewasser jedoch stark angestiegen. Das 1979 erreichte Maximum von 87 Milligramm pro Kubikmeter Phosphorgehalt, konnte durch Abwassersanierungsmaßnahmen auf 6 bis 7 Milligramm pro Kubikmeter Phosphorgehalt gesenkt werden.

Uferzonen und Flachwasser sind ökologisch bedeutend

Wichtige ökologische Bereiche der Seen sind Uferzonen und Flachwasserbereiche. Langjährige Untersuchungen haben gezeigt, dass in den vom Sonnenlicht durchfluteten, flachen Uferzonen des Bodensees organische Substanzen besonders intensiv auf- und abgebaut werden. In diesen Seezonen wird der Seeboden durch die fortwährende Wasserbewegung ständig verändert.

Nicht weniger bedeutsam ist der aquatische und der terrestrische Grenzbereich Land/Wasser. Hier laufen eng verknüpfte ökologische Prozesse ab. Die Schilf- und Röhrichtzone, die je nach Jahreszeit überflutet wird oder trocken fällt, ist Lebensgrundlage für Fisch- und Vogelbrut. Durch den intensiven Abbau von organischen Stoffen in der Flachwasserzone werden die tieferen Seebereiche weniger mit schädlichen Stoffen belastet.

Diesen ökologischen Vorgängen ist besondere Beachtung und Schutz zu gewähren. Aus dieser Erkenntnis heraus wurde für den Bodensee eine Untersuchung über den Flachwasserschutz erarbeitet. Durch umfangreiche Renaturierungsmaßnahmen wurden geschädigte Flachwasserbereiche wieder ökologisch aufgewertet. Für stehende Gewässer ist die Einleitung insbesondere von Phosphor- aber auch von Stickstoffverbindungen als Pflanzennährstoffe besonders schädlich. Sie stammen hauptsächlich aus Stoffwechselprodukten und aus Abschwemmungen aus den ländlichen Gebieten (Düngung).

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