Für Rinder ist das Risiko einer Verletzung oder Tötung durch einen Wolf verglichen mit Schafen und Ziegen gering. Daher müssen Rinder ab Beginn der neunten Lebenswoche – anders als Schafe und Ziegen – in der Regel nicht durch wolfsabweisende Zäune geschützt werden.
Alle im Folgenden aufgeführten Maßnahmen sind für Rinderhalterinnen und Rinderhalter freiwillig und werden im Fördergebiet Wolfsprävention gefördert, soweit ein Zusatzaufwand für die genannten zumutbaren Maßnahmen des Herdenschutzes entsteht.
Ein Antrag auf Förderung der im Folgenden aufgeführten Maßnahmen beziehungsweise Maßnahmenpakete kann in den Fördergebieten Wolfsprävention bei der zuständigen unteren Naturschutzbehörde gestellt werden. Antrag und Bewilligung müssen vor der Maßnahmenausführung erfolgt sein.
Eine Herdenschutzberatung durch die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt vor Antragstellung wird empfohlen. Wenn die Förderung einer Behirtung, von Herdenschutzhunden oder Lamas gewünscht wird, ist eine Herdenschutzberatung mit einer abschließenden Empfehlung der Herdenschutzberatung der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt obligatorisch, deren Protokoll ist den Antragsunterlagen beizulegen. Dies sollte bereits bei der Anschaffung der Herdenschutztiere berücksichtigt werden.
Die im Folgenden dargestellten zumutbaren Herdenschutzmaßnahmen werden unter anderem in einem Projekt des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbands, der Erzeugergemeinschaft Schwarzwald Bio-Weiderind und des Naturparks Südschwarzwald umgesetzt, evaluiert und weiterentwickelt. Anhand der Projektergebnisse und weiterer Erkenntnisse können sich Änderungen an der Beschreibung der zumutbaren Herdenschutzmaßnahmen oder an der Höhe der Förderung ergeben.
Maßnahmenkonzept zum Schutz von Rinderherden vor Wolfsrissen
Das Umweltministerium hat unter Beteiligung des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbands ein detailliertes Maßnahmenkonzept zum Schutz von Rinderherden vor Wolfsrissen erarbeitet.
Eine ausführliche Beschreibung und Definition der Maßnahmen hat die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt zusammengestellt: Zumutbarer Herdenschutz bei Rindern in Baden-Württemberg [PDF]. Die Maßnahmen werden umfangreich finanziell durch das Land gefördert. Das Land bietet zudem eine kostenlose und umfassende Beratung durch die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt BW (FVA).
Kälber bis einschließlich achte Woche und Zwergrinder jeden Alters
- Im Stall befinden sich gesunde Alttiere, die die Kälber bei einem Angriff schützen können (gilt nicht für Zwergrindrassen); keine Barrieren zwischen Kälbern und Alttieren, keine Anbindehaltung und die Kälber und Alttiere haben keine Möglichkeit, aus dem Stall zu entkommen.
oder
- Der Stall ist rundum geschlossen (auch Fenster und Türen) und weist keine Stellen mit Risiko für Einschlupf oder Untergraben auf.
Förderung
Zaunförderung nach Landschaftspflegerichtlinie (LPR) D5 *)
- Zaunmaterial und Zubehör 100 Prozent
- Arbeitskosten Erstellung Festzaun beziehungsweise halbmobiler Zaun 50 Prozent
- Arbeitskosten Nachrüstung Festzaun beziehungsweise halbmobiler Zaun 100 Prozent
- maximal 0,2 beziehungsweise 0,3 Hektar je Kalb bis 12 Monate beziehungsweise Zwergrind
- maximal 30.000 Euro/Jahr
*) Förderung für natürliche Personen und juristische Personen des Privatrechts. Für juristische Personen des öffentlichen Rechts gelten abweichende Fördersätze/-beträge.
- Ausführungsvorgaben „empfohlener Schutz“ vergleiche Managementplan Wolf, Februar 2022, Seite 63, Abbildung 14
- Wenn ein Stall nicht die oben aufgeführten Vorgaben erfüllt, kann er mit einem wolfsabweisenden Zaun umgeben werden.
- Auch andere Strukturen, zum Beispiel Unterstände, Kälberboxen et cetera können mit einem wolfsabweisenden Zaun umgeben werden.
Förderung
Zaunförderung nach Landschaftspflegerichtlinie (LPR) D5 *)
- Zaunmaterial und Zubehör 100 Prozent
- Arbeitskosten Erstellung Festzaun beziehungsweise halbmobiler Zaun 50 Prozent
- Arbeitskosten Nachrüstung Festzaun beziehungsweise halbmobiler Zaun 100 Prozent
- maximal 0,2 beziehungsweise 0,3 Hektar je Kalb bis 12 Monate beziehungsweise Zwergrind
- maximal 30.000 Euro/Jahr
*) Förderung für natürliche Personen und juristische Personen des Privatrechts. Für juristische Personen des öffentlichen Rechts gelten abweichende Fördersätze/-beträge.
- Herdenschutzhunde (HSH)
- mindestens zwei Herdenschutzhunde pro Herde
- Herdenschutzhunde müssen zauntreu sein
- Zertifizierung HSHs und Sachkundenachweis Halterin/Halter sind erforderlich.
Förderung Herdenschutzhunde nach LPR F2
- 2.386 Euro/Herdenschutzhund und Jahr
- Herdenschutzberatung (FVA) ist Voraussetzung
- tagsüber ständige Anwesenheit einer Hirtin/eines Hirten auf der Weide
- in der Nacht Haltung im Stall oder im wolfsabweisenden Zaun nach den oben ausgeführten Kriterien und Förderbedingungen.
Förderung im Einzelfall nach LPR F3
Eine Empfehlung der Herdenschutzberatung (FVA) ist Voraussetzung.
Rinder älter als acht Wochen (keine Zwergrinder): Maßnahmengruppe Ziffer
Innerhalb der Gruppe sind alle Maßnahmen alternativ zu sehen, jede Ziffer muss mit einem Buchstaben kombiniert werden.
- vor Beginn der Beweidung mindestens drei Tage gemeinsame Einstallung in einem Laufstall, so dass sich ein Herdenverbund bildet
- bei der Kombination 1. mit a) müssen die wehrhaften Rinder bereits mit im Stall sein
Förderung
23 Euro/Rind und Jahr (auch für eventuell zu integrierende wehrhafte Rinder)
- vor Beginn der Beweidung mindestens drei Tage gemeinsame Weide auf reduzierter Fläche (100 Quadratmeter pro Tier), so dass sich ein Herdenverbund bildet
- bei der Kombination 2. mit a) müssen die wehrhaften Rinder bereits bei der Vorweide dabei sein.
- bei der Kombination 2. mit b) muss die Vorweide mit Turbo Fladry versehen werden
Förderung
18 Euro/Rind und Jahr (auch für eventuelle zu integrierende wehrhafte Rinder)
Förderung des Fladry-Materials vergleiche unter b)
- Ziel sind kleine Weideflächen über die gesamte Weidesaison, damit die Rinder beieinanderbleiben und so im Falle eines Wolfsübergriffes wehrhafter sind. In Abgrenzung zu Ziffer 2 sinnvoll bei regelmäßigem Tierwechsel in der Herde.
- Die jeweilige Weideeinheit wird so abgezäunt, dass sie der Rindergruppe für drei Tage Futter bieten. Nach spätestens drei Tagen zieht die Rindergruppe auf die nächste Weideeinheit, die im Vorfeld oder direkt vor dem Umtrieb abgezäunt wurde.
- Die Tierhaltenden beachten die bestehenden Vorgaben zur Konditionalität (zum Beispiel keine Verschlechterung von Biotopen). Die UNB berät bei Bedarf.
Förderung
58 Euro/Weidetier und Jahr (auch für eventuell zu integrierende wehrhafte Rinder oder Lamas)
zusätzlich Förderung nach LPR D5 möglich:
- für Portionsweide zusätzlich erforderliches Zaunmaterial
- in der Regel Mobilzaun oder einfacher Halbmobilzaun
- nach individuellem Antrag
- 100 Prozent für natürliche Personen und juristische Personen des Privatrechts
Rinder älter als acht Wochen (keine Zwergrinder): Maßnahmengruppe Buchstabe
Innerhalb der Gruppe sind alle Maßnahmen alternativ zu sehen, jeder Buchstabe muss mit einer Ziffer kombiniert werden.
- in Jungviehherden werden wehrhafte Rinder zusätzlich integriert
- Definition wehrhaftes Rind:
- keine Zwergrindrassen (Dexter, Zwergzebu, et cetera)
- gesund und vital
- Bullen/Ochsen/Färsen ab 24 Monate
- Kühe nach der zweiten Kalbung, bei Trächtigkeit jeweils bis acht Wochen vor Geburt
- Weideerfahrung mindestens eine Saison
Hinweis: Ist in Milchvieh- oder Mutterkuhherden in der Regel gegeben, so dass keine weitere Maßnahme (und damit kein förderfähiger Mehraufwand) erforderlich ist.
Förderung
Haltung nur während einer Weidesaison: 470 Euro/Rind und Jahr
ganzjahres beziehungsweise mehrjährige Haltung: 1.600 Euro/Rind und Jahr
gefördert werden je Jungviehherde mindestens zwei wehrhafte Rinder, ab 21 Jungrindern in einer Herde drei wehrhafte Rinder, ab 31 Jungrindern vier wehrhafte Rinder und so weiter
- Stromlitze rund um die jeweilige Weideeinheit (mindestens 4000 Volt, 2 J, angepasste Erdung, maximal 1,5 Kilometer lang) in Kombination mit farbigen beziehungsweise kontrastreichen frei schwingenden Lappen maximal alle 50 Zentimeter („Fladry-Seil mit Fähnchen“)
- Bestandszaun entsprechend den Vorgaben der BZL-Broschüre „Sichere Weidezäune“
- maximal umspannte Weidefläche 15 Hektar, in unübersichtlichem Gelände entsprechend weniger
- Trassenwechsel nach maximal 4 Wochen; Umstellen der Herde entsprechend erforderlich
- Dokumentation ist mit Zahlungsantrag vorzulegen (Termin Trassenwechsel, Weidefläche, Anzahl Arbeitsstunden).
Förderung
Arbeitsaufwand wird mit 20 Euro/Stunde nach individuellem Nachweis gefördert.
Eine zusätzliche Förderung nach LPR D5 ist möglich:
- Material (Fladry-Seil, Isolatoren, gebenenfalls Pfosten, Erdung, Weidezaungerät) nach individuellem Antrag
- 100 Prozent für natürliche Personen und juristische Personen des Privatrechts
- nicht im Territorium eines Wolfspaares oder Wolfrudels
- die Bedingungen werden im Rahmen der Herdenschutzberatung erläutert
Förderung im Einzelfall
Eine Empfehlung der Herdenschutzberatung (FVA) ist Voraussetzung.
Ausgleichszahlung aus dem Ausgleichsfonds Wolf
Wird ein Rind auf der Weide nachweislich von einem Wolf verletzt oder getötet, wird eine Ausgleichszahlung aus dem Ausgleichsfonds Wolf der Verbände (BUND Baden-Württemberg, Euronatur, Landesnaturschutzverband – Baden-Württemberg e. V., NABU Baden-Württemberg, Ökologischer Jagdverband Baden-Württemberg e. V.) gewährt (inner- und außerhalb des Fördergebietes Wolfsprävention). Einzige Ausnahme: Wenn der Riss auf einer Fläche geschieht, für die eine risikomindernde Maßnahmen mit Mitteln der Landschaftspflegerichtlinie (LPR) gefördert wurde, die geförderte Maßnahme jedoch auf Grund von Handeln oder Unterlassen der Förderempfängerin/des Förderempfängers oder einer Beauftragten/eines Beauftragten nicht in Funktion war (Verzögerungen beim Zaunbau fallen nur hierunter, soweit sie der Förderempfängerin/dem Förderempfänger zuzurechnen sind).