: Hinweis zum Kurzfilm
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Die häuslichen Abwässer enthalten vor allem biologisch abbaubare organische Stoffe, zu deren Abbau viel Sauerstoff verbraucht wird, sowie Phosphor- und Stickstoffverbindungen, die als Nährstoffe das Wachstum der Pflanzen im Gewässer anregen. Pro Einwohner fällt am Tag eine durchschnittliche Abwassermenge von 150 bis 250 Liter und eine organische Belastung von 60 Gramm biochemischen Sauerstoffbedarfs (BSB5) inklusive Gewerbeanteil an. Die gesamten häuslichen Abwässer des Landes würden zusammengenommen, einen ansehnlichen Fluss von der Größe des Neckars im Mittellauf ergeben (~50 m ³/s).
Abwassersammlung
Grundsätzlich stehen zwei Verfahren der Abwassersammlung zur Auswahl. Beim Trennverfahren wird das Abwasser und das Oberflächenwasser (Regen-, Quell- und Sickerwasser) in zwei voneinander vollkommen getrennten Kanalisationsnetzen zur Kläranlage bzw. zum nächsten Gewässer („Vorfluter“) abgeleitet.
Bei dem in Baden-Württemberg meist angewandten Mischverfahren werden Abwasser und Regenwasser gemeinsam in einem Kanalisationsnetz gesammelt. Weil das Verhältnis von Regenwasser zu Schmutzwasser bei starken Regenfällen über 300:1 betragen kann und diese Wassermengen nicht wirtschaftlich der Kläranlage zugeführt und dort behandelt werden können, müssen im Kanalnetz entsprechende Regenwasserentlastungs- und Regenwasserbehandlungsanlagen vorgesehen werden. In Baden-Württemberg sind bereits rund 95 Prozent der erforderlichen Regenwasserbehandlungsanlagen gebaut worden.
Biologische Abwasserreinigung
In der zweiten Stufe, der biologischen Abwasserreinigung, werden die im Abwasser enthaltenen organischen Verbindungen einem Abbauprozess unterzogen. Die restlichen gut löslichen und in der mechanischen Stufe nicht entfernten Abwasserbestandteile kommen hier mit Mikroorganismen in Kontakt.
Der Abbauprozess erfolgt im wesentlichen durch Mikroorganismen in Verbindung mit gelöstem Sauerstoff bei aeroben Prozessen (= Lebensweise von Organismen, die zum Leben Sauerstoff benötigen) und unter Sauerstoffabschluss bei anaeroben Prozessen (= Lebensweise von Organismen, die zum Leben keinen freien Sauerstoff benötigen). Dabei entstehen anorganische Verbindungen und Biomasse. Das am häufigsten angewandte Verfahren der biologischen Abwasserreinigung ist das „Belebtschlammverfahren“.
Im Belebungsbecken dienen die im Abwasser verbliebenen Inhaltsstoffe den Bakterien und anderen Kleinlebewesen als Nahrung und werden von diesen in absetzbaren „Belebtschlamm“ umgewandelt. In einem Liter sind etwa 100 Millionen Bakterien enthalten. Der für das Verfahren in erhöhtem Umfang erforderliche Sauerstoff wird über Gebläse in das Abwasser eingetragen. Der sich schließlich bildende Schlamm setzt sich im Nachklärbecken ab, während das geklärte Wasser aus dem oberen Teil des Beckens in den Vorfluter abfließt.
Bezogen auf den Biochemischen Sauerstoffbedarf (BSB5) liegt die Reinigungswirkung solcher Kläranlagen bei 90 bis 95 Prozent.
Weitere Reinigungsstufen
Die Entfernung der restlichen 5 bis 10 Prozent und der Stickstoff- und Phosphorverbindungen, die als Nährstoffe das Wachstum der Pflanzen im Gewässer anregen, erfolgt in modernen Anlagen in der dritten Stufe, der weitergehenden Abwasserreinigung.
Je nach Größe der Kläranlage und Gewässereigenschaften sind über die mechanisch-biologische Abwasserreinigung hinaus noch weitere Reinigungsmaßnahmen notwendig.
Unter Nitrifikation und Denitrifikation versteht man den Abbau von Stickstoffverbindungen, die hauptsächlich aus Eiweißstoffen stammen und auf der Kläranlage als Ammoniumstickstoff ankommen. Ammonium wirkt sauerstoffzehrend und wird im Prozess der Nitrifikation durch bestimmte Bakterienstämme auf der Kläranlage in Nitrat umgewandelt. Nitrat-Stickstoff wirkt allerdings als Pflanzennährstoff eutrophierend, das heißt im Überschuss kann es zu einer Überdüngung von Gewässern kommen.
Die Umwandlung von Nitrat zu atmosphärischem Stickstoff geschieht im Prozess der Denitrifikation. Die Denitrifikation ist der einzige biologisch bekannte Prozess, durch den anorganische Stickstoffverbindungen zu Stickstoffgas umgesetzt und letztlich wieder in den Stickstoffkreislauf der Atmosphäre, zurückgeführt werden können. Bei mittelgroßen Kläranlagen ab einer Ausbaukapazität von circa 10.000 Einwohnerwerten ist der Stickstoffabbau mittlerweile Stand der Technik.
Die Verminderung des Pflanzennährstoffs Phosphor wird mittlerweile bei allen größeren Kläranlagen durchgeführt. Grundlage des Verfahrens ist die Fähigkeit bestimmter Bakterien, Phosphat aufzunehmen (biologische Phosphorelimination). Ergänzend werden dem Abwasser bestimmte Chemikalien beigemischt, die Fällungs- und Flockungsreaktionen auslösen (chemische Phosphorelimination). Dadurch können Phosphate und andere gelöste Stoffe dem Abwasser entnommen werden.
Die organische Restverschmutzung des Abwassers nach der mechanisch-biologischen Reinigung kann beispielsweise durch Mikrosiebe oder Sandfilter wirksam reduziert werden.
Bei den organischen Spurenstoffen handelt es sich um eine Vielzahl unterschiedlicher Stoffe, die in unseren Gewässern in sehr geringen Konzentrationen vorkommen und durch menschliche Aktivitäten in das Abwasser gelangen. Hierzu zählen beispielsweise Arzneimittelwirkstoffe, Zusatzstoffe in Körperpflege- und Reinigungsmitteln, Biozide sowie Stoffe mit hormonähnlichen Wirkungen.
Einzelne Stoffe können schon in sehr geringen Konzentrationen nachteilige Auswirkungen auf das Ökosystem haben. Wenn Kläranlagen in ein wasserwirtschaftlich sensibles Gewässer, wie z.B. den Bodensee, einleiten, muss daher in Erwägung gezogen werden, die Kläranlage aufzurüsten. Mit den herkömmlichen Verfahren können die Spurenstoffe nicht ausreichend entfernt werden. Als wirksam haben sich in den letzten Jahren vor allem zwei Verfahren erwiesen. In Baden-Württemberg hat sich besonders die Adsorption der Spurenstoffe an Pulveraktivkohle durchgesetzt. Daneben ist auch die oxidative Behandlung der Stoffe durch Ozon geeignet. Als abschließende Stufe ist bei beiden Verfahren eine Filtrationsstufe erforderlich.
In dieser Übersicht finden Sie die Kläranlagen mit einer Reinigungsstufe zur gezielten Spurenstoff-Elimination nach Regierungsbezirk, Betrieb, Bau und Planung sortiert.