Die Industrieemissions-Richtlinie 2010/75/EU (kurz IE-Richtlinie) regelt die Genehmigung und Überwachung besonders umweltrelevanter Industrieanlagen auf der Grundlage eines „medienübergreifenden” Konzeptes. Bei diesem Ansatz werden sowohl Emissionen in Luft, Wasser und Boden als auch abfallwirtschaftliche Aspekte, Ressourcen- und Energieeffizienz und die Vorbeugung von Unfällen erfasst. Ziel ist es, ein hohes Schutzniveau für die Umwelt insgesamt zu erreichen. Die Richtlinie sieht Maßnahmen zur Vermeidung von Emissionen und, sofern dies nicht möglich ist, zur Verminderung der Emissionen vor.
Die Richtlinie ruht auf drei Säulen:
- Medienübergreifendes, integriertes Zulassungs- und Überwachungsverfahren
- In den Anlagen kommen die Besten-Verfügbaren-Techniken zum Einsatz
- Die Öffentlichkeit kann sich über die wichtigsten Schadstoff-Emissionen aus diesen Anlagen im Internet informieren. Die Emissionen aller Anlagen werden im Europäischen Schadstoffemissionsregister online unter „Thru.de” zusammenfassend der Öffentlichkeit präsentiert.
Landesweit fallen rund 1000 Anlagen unter die Industrieemissions-Richtlinie. Auf der Grundlage eines landesweit geltenden Überwachungsplans arbeiten die zuständigen Behörden Überwachungsprogramme aus und überprüfen vor Ort die Genehmigungsauflagen.
Der Überwachungsplan enthält als Anlagen
- das Verzeichnis der Industrieemissions-Anlagen in Baden-Württemberg (Anhang 1),
- das Bewertungsschema SYBURIAN zur Ermittlung des Überwachungsintervalls (Anhang 2) und
- ein Muster des Berichts über eine Vor-Ort-Besichtigung (Anhang 3).
Die Überwachungsprogramme und Überwachungsberichte der Regierungspräsidien sind auf der Internetseite der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) abrufbar.
Zum Herunterladen
Überwachungsplan Baden-Württemberg [PDF; 10/13]Anhang 1: Verzeichnis der Industrieemissions-Anlagen in Baden-Württemberg Anhang 2: Bewertungsschema SYBURIAN [PDF; 2013]Anhang 3: Muster des Berichts über eine Vor-Ort-Besichtigung [PDF; 2013]
Ein wesentliches Element der Industrieemissions-Richtlinie ist die Forderung nach Anwendung der „besten verfügbaren Techniken“ bei besonders umweltrelevanten Industrieanlagen. Die „besten verfügbaren Techniken“ sind definiert über: „ ... den effizientesten und fortschrittlichsten Entwicklungsstand der Tätigkeiten und entsprechenden Betriebsmethoden, der spezielle Techniken als praktisch geeignet erscheinen lässt, als Grundlage für die Emissionsgrenzwerte und sonstige Genehmigungsauflagen zu dienen, um Emissionen in und Auswirkungen auf die gesamte Umwelt zu vermeiden oder, wenn dies nicht möglich ist, zu vermindern.“
beste: die Techniken, die am wirksamsten zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt sind.
verfügbare: die Techniken, die in einem Maßstab entwickelt sind, der unter Berücksichtigung des Kosten/Nutzen-Verhältnisses die Anwendung unter in dem betreffenden industriellen Sektor wirtschaftlich und technisch vertretbaren Verhältnissen ermöglicht, gleich, ob diese Techniken innerhalb des betreffenden Mitgliedstaats verwendet oder hergestellt werden, sofern sie zu vertretbaren Bedingungen für den Betreiber zugänglich sind.
Techniken: sowohl die angewandte Technologie als auch die Art und Weise, wie die Anlage geplant, gebaut, gewartet, betrieben und stillgelegt wird.
Festlegung der „besten verfügbaren Techniken“
Wie werden die „besten verfügbaren Techniken“ festgelegt? Die Kommission führt einen Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten und der betroffenen Industrie durch. Die Ergebnisse dieses Informationsaustauschen werden in sogenannten „besten verfügbaren Techniken“-Referenzdokumenten (BREFs) veröffentlicht.
In Deutschland werden die Arbeiten zur Festlegung der „besten verfügbaren Techniken“ vom Umweltbundesamt koordiniert. Baden-Württemberg stellt hierfür Experten und Informationen aus der Umweltverwaltung zur Verfügung. Die auszugsweise deutschen Übersetzungen der „besten verfügbaren Techniken“-Referenzdokumente können beim Umweltbundesamt heruntergeladen werden.
Die europaweite Koordinierung der Arbeiten ist Aufgabe des European Integrated Pollution Prevention and Control Bureau (EIPPCB) in Sevilla. Dort sind alle „besten verfügbaren Techniken“-Referenzdokumente im Original verfügbar.
Das Schadstofffreisetzungs- und -verbringungsregister (EPRTR = European Pollutant Release and Transfer Register) informiert online in dem deutschen Internetportal „Thru.de” über Schadstoffe, die von großen Industriebetrieben freigesetzt werden. Im Dezember 2012 löste Thru.de den bislang als „Pollutant Release and Transfer Register (PRTR)“ bekannten Internetauftritt ab. Über „Thru.de” können sich Bürgerinnen und Bürger noch besser über die Umweltqualität in ihrer direkten Umgebung informieren.
Störfallvorsorge
In nahezu allen Lebens- und Produktionsbereichen werden heute Chemieerzeugnisse eingesetzt. Täglich nutzen wir die Vorteile moderner Arzneimittel, Chemikalien oder Brennstoffe. Dass mit diesen Stoffen auch Risiken verbunden sind, zeigen Unfälle, bei denen gefährliche Stoffe in großen Mengen verbrannten, explodierten oder freigesetzt wurden.
Um die Gefahren solcher Unfälle zu verringern, wurde von Seiten der Europäischen Gemeinschaft die Richtlinie 96/82/EG des Rates vom 9. Dezember 1996 zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen (Seveso-II-Richtlinie) erlassen. Diese Richtlinie wurde in Deutschland durch die Störfall-Verordnung umgesetzt. Bis 2015 wurde die nachfolgende Seveso-III-Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt. Betroffen sind in Baden-Württemberg circa 300 Betriebe, die mit besonders gefährlichen Stoffen umgehen, unter anderem auch die großen Gefahrstoff- und Pflanzenschutzmittellager.
An die Betreiber werden hohe Anforderungen gestellt sowohl in technischer Hinsicht als auch im Bereich der Dokumentation (zum Beispiel Sicherheitsbericht). Geregelt werden insbesondere das sicherheitstechnische Niveau dieser Firmen und das notwendige Sicherheitsmanagement, um einen gefahrlosen Betrieb zu gewährleisten. Großer Wert wird auch auf die Information der Öffentlichkeit gelegt. Bestimmte Betreiber müssen hierzu regelmäßig Informationen für das Verhalten im Gefahrenfall weitergeben.
Die Vorgaben der Verordnung werden durch regelmäßige Inspektionen vor Ort überprüft. Zuständige Behörden für den Vollzug der Störfall-Verordnung und für die Überwachung betroffener Betriebe sind die Regierungspräsidien.