Wer sich heutzutage über ein Thema informieren oder sich eine Meinung bilden möchte, dem stehen zahlreiche Informationsquellen zur Verfügung. Das Internet ist dabei für viele Menschen die erste Anlaufstelle. Es stellt Wissen bereit auf Webseiten der etablierten Online-Presse, in Blogs oder den Sozialen Medien. Akzeptanz und Vertrauen in die Inhalte steigen, wenn mit dem Absender der Information eine persönliche Beziehung besteht, Identifikation möglich ist oder der Absender glaubhaft und vertrauenswürdig erscheint.
Algorithmen beeinflussen Informationsfluss im Internet und in den sozialen Medien – Gefahr eines Filterblasen-Effekts?
Zugleich selektieren Algorithmen im Internet und in den sozialen Medien die Inhalte nach den Präferenzen des Nutzers, der das System zudem auch selbst nach seinen persönlichen Präferenzen individualisieren kann. Dies hat zur Folge, dass hauptsächlich Informationen angezeigt werden, die den Nutzer interessieren oder mit denen er sich identifiziert. Andere Meinungen und Ansichten, die gegenläufig zu diesen Werten und Einstellungen sind, tauchen dann nur noch bedingt auf. Dieser Effekt des einseitigen Informationskonsums wird durch personalisierte Werbeanzeigen – ausgespielt von den Plattformbetreibern – verstärkt. Dabei soll die Aufmerksamkeit möglichst lange gebunden werden.
Rufen die sozialen Medien damit einen Filterblasen-Effekt hervor? Vivian Frick widerspricht dieser Schlussfolgerung. Wissenschaftliche Belege für die Filterblasen-Theorie gebe es nicht. „Im Allgemeinen läuft der Meinungsbildungsprozess wesentlich vielfältiger ab und die Wirkung der sozialen Medien wird überschätzt“, erklärte sie. So werden Informationen auch über soziale Kontakte (Freunde und Familie) oder über das Radio und über Zeitungen aufgenommen. So ergebe sich ein durchaus differenzierteres Meinungsbild.
Chancen und Risiken zugleich für die Klimakommunikation
Kerstin Fritzsche sieht in den sozialen Medien sowohl Chancen als auch Risiken für die Klimakommunikation. Starke Bilder oder Videos könnten zum Beispiel eher emotionalisieren als ein Zeitungsartikel oder ein Buch. Und sie erzielten schnell eine hohe Reichweite. Die Aufmerksamkeit könne so auf ein bestimmtes Thema gelenkt werden und Menschen zu konkreten Handlungen motivieren.
So sei es der Protestbewegung Fridays for Future gelungen, mit Bildern und Videos von jungen demonstrierenden Menschenmassen das Thema Klimaschutz zur obersten Priorität der globalen politischen Agenda zu machen. Auch beim Kampf gegen Plastikmüll gäbe es ähnliche Erfolge. Die über die sozialen Medien geteilten Videos und Bilder von Tieren, deren Gesundheit und Leben durch im Meer herumschwimmende Plastikteile gefährdet ist, würden Millionen Menschen sehen. Die hervorgerufene Empathie hätte die Politik dazu bewegt, die negativen Auswirkungen wahr- und ernst zu nehmen und den Plastikkonsum einzuschränken.
„Die Aufmerksamkeitsökonomie, die den Sozialen Medien zu Grunde liegt, führt allerdings auch dazu, dass besonders stark emotionalisierende Themen andere Themen aus der öffentlichen Wahrnehmung verdrängen“, so Kerstin Fritzsche. So seien Berichte zum Artenschutz oder zur Biodiversität meist nur dann konkurrenzfähig, wenn es gelänge eine aufmerksamkeitserregende Bildsprache zu finden.