Alleine in Baden-Württemberg gibt es rund 1.000 Kunststoffrasenplätze. Diese sind weit überwiegend mit Kunststoffgranulat verfüllt. Als Füllstoff wird häufig Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk (EPDM) (typischerweise grün oder hell) oder Styrol-Butadien-Kautschuk (SBR) (typsicherweise schwarz) verwendet. Diese Füllstoffe gelangen als sogenannte Mikrokunststoffe in die Umwelt. Wenn es beispielsweise regnet, der Platz bewässert, gepflegt oder für den Sport genutzt wird.
Auch andere Sportarten wie etwa der Reitsport tragen durch synthetische Zuschlagstoffe in Reitböden zur Verbreitung von Mikroplastik bei. Seit circa 20 Jahren werden Teppichbodenschnitzel aus der Automobilindustrie oder Vliese und Fasern aus der Geotextilindustrie als synthetische Zuschlagsstoffe in den sogenannten Tretschichten von Reitböden eingesetzt.
Nach Angaben von Reitplatzbauern befindet sich auf rund 60 Prozent aller Reitplätze zwischen 1 bis 5 Prozent Synthetikmaterial, das sich in Form von Mikroplastik in der Umwelt anreichern kann. Zum Beispiel haften sich die Synthetikmaterialien am Pferd (am Fell, an den Hufen) und am Reiter (an den Stiefeln, an der Kleidung) an oder werden durch Verwehung und Stäube in die unmittelbare Umgebung transportiert.
Die Wissenschaft sieht die Auswirkungen von Mikrokunststoffen auf Mensch und Umwelt, auch wegen enthaltener Schadstoffe wie polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) und Schwermetalle, als äußerst problematisch an, da sie gesundheitsschädlich sein können. Deshalb sollten so wenig Mikrokunststoffe wie möglich in die Umwelt gelangen.
Forschungsprojekt „Ökologischer Fußabdruck von synthetischen Zuschlagstoffen auf Reitplätzen“
Bisher gibt es kaum wissenschaftliche Erkenntnisse zu der Frage, welche krebserregenden, erbgutverändernden und fortpflanzungsgefährdenden Auswirkungen synthetische Stoffe auf Mensch, Tier und die Umwelt haben. Das Umweltministerium Baden-Württemberg hat das Forschungsprojekt „Ökologischer Fußabdruck von synthetischen Zuschlagstoffen auf Reitplätzen“ gefördert, um zur Thematik Kunststoffe in Reitböden belastbare Untersuchungen durchzuführen und daraus verlässliche Informationen und Kenntnisse zu generieren. Die Ergebnisse des Forschungsprojektes sind im Abschlussbericht der aquatil gGmbH, Tübingen, dokumentiert.
Empfehlungen für den Reitsport
Neben anderen Sportarten hat auch der „naturbewusste“ Reit- und Pferdesport ein Mikroplastikproblem. Seit circa 30 Jahren werden dem Reitsand vermehrt synthetische Zuschlagsstoffe beigemischt, um die Reiteigenschaften zu verbessern, die Haltbarkeit der Reitböden zu verlängern und die Sprunggelenke der Pferde zu schonen. Diese synthetischen Zuschlagstoffe können jedoch problematisch sein. Zudem bleiben die Zuschlagstoffe nicht auf dem Reitplatz, sondern werden durch die mechanische Belastung durch die Pferdehufe ständig zerrieben und gelangen über Verwehung, Anhaftung und durch die Witterung als Mikroplastik unwiederbringlich in der Umwelt.
Der Arbeitskreis „Mikroplastik auf Reitplätzen in BW“ beim Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg hat sich mit dieser Thematik beschäftigt und Empfehlungen zum Bau, Betrieb, Sanierung und Entsorgung von Reitplätzen beziehungsweise Reitböden erarbeitet. Diese Empfehlungen richten sich an alle Betreiber von Pferdesportanlagen in Baden-Württemberg, sowohl an Pferdesportvereine als auch an kommerzielle Pferdesportanbieter gleichermaßen. Sie richten sich ebenso an Hersteller, Lieferanten und weitere Fachfirmen, die Reitböden mit Zuschlagstoffen anbieten.
Welche Alternativen gibt es?
Vor diesem Hintergrund hat das Umweltministerium Handlungsempfehlungen für den konkreten umweltgerechten Umgang mit bestehenden Granulatplätzen und deren Pflege erarbeitet. In der Broschüre „Mikroplastik im Sport – Was Sportvereine und Aktive tun können“ finden Vereine, Kommunen und Betreiber von Kunstrasensportfeldern diese zusammengefasst.
Es gibt ökologisch engagierte Sportvereine in Baden-Württemberg, die das Problem bereits erkannt haben und innovative Lösungen gefunden haben. So gibt es auf dem Markt gute, nachhaltige und sogar preiswertere Alternativen für Kunststoffgranulat als Füllstoff wie Kork oder Quarzsand. Auch bauliche Maßnahmen wie Begrenzungen sind sinnvoll, damit der Kunststoff auf dem Feld bleibt. Filtersysteme nehmen beispielsweise abgebrochene Kunststoffrasenhalme, Abrieb und Schmutz auf. Und nicht zu vergessen: Auch Naturplätze besitzen viele Vorteile.
Eine Handlungshilfe für Reitplatzbesitzer und -betreiber zum Thema „Kunststoffhaltige Tretschichten in Reitböden“ hat das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW unter Beteiligung Baden-Württembergs erstellt.
Was passiert mit alten, ausgedienten Kunststoffrasenplätzen?
Bisher werden die verwendeten Materialien vorwiegend energetisch verwertet. Vielmehr sollten jedoch die Komponenten im Sinne der Kreislaufwirtschaft sortenrein getrennt und zu hochwertigen Recyclingprodukten weiterverwertet werden. So gibt es bereits spezielle Recyclinganlagen für Kunststoffrasenplätze und das Granulat, die nahezu alle Bestandteile eines Kunststoffrasensystems hochwertig recyceln können.
Was können Sportvereine darüber hinaus noch tun, um Mikroplastik zu vermeiden? Viele nützliche Informationen rund um Kunststoffe und Mikroplastik finden Sie auch in unserem Kunststoff-Sparbüchle.