Die Wirtschaft in Baden-Württemberg hat die Zeichen der Zeit erkannt: Die Energiewende ist für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in unserem Land lebenswichtig. In einem Gastbeitrag für die IHK Ulm berichtet Ministerin Thekla Walker, was das Land tut, um die Unternehmen zu unterstützen.
Die Verfügbarkeit von erneuerbaren Energien ist zu einem der wichtigsten Standortfaktoren geworden. Das höre ich immer wieder bei meinen Besuchen vor Ort. Sei es bei einer Papierfabrik in Aalen, bei einem Maschinenbauer in Biberach und oder einem Automobilzulieferer in Renningen. Die Unternehmen wollen nicht abhängig sein von der Endlichkeit oder den Versorgungsengpässen der fossilen Brenn-, Kraft- und Heizstoffe. Die durch internationale Krisen verursachten Preissteigerungen und -Ausbrüche belasten sie. Unternehmen brauchen stattdessen eine günstige, verlässliche und unabhängige, weil regionale Energieversorgung. Das leisten nur erneuerbare Technologien.
Aus diesem Grund hat die Landesregierung in Baden-Württemberg die entsprechenden Rahmenbedingungen gesetzt und das Tempo für den Ausbau erneuerbarer Energien deutlich erhöht.
Beim Solarausbau steigen unsere Zahlen rasant. Unser Ziel, die Photovoltaik 2023 um 1.150 Megawatt aufzustocken, haben wir bereits bis Ende September mit 1.340 Megawatt übererfüllt. Allein dieser Zuwachs entspricht der Nettoleistung des Atomkraftwerks Neckarwestheim II. Die Voraussetzungen hierfür haben wir unter anderem durch die Solarpflicht auf Dächern bei Neubauten und grundlegenden Dachsanierungen geschaffen. Großes Potential hat in naher Zukunft die „doppelte Ernte“ mit Agri-PV, also Solaranlagen über weiterhin landwirtschaftlich genutzten Flächen.
Um den nötigen Ausbau der Windenergie zu beschleunigen, hat die Landesregierung eine Task Force mit dem Ziel eingerichtet, die Abläufe in den Behörden zu verkürzen. Diese hat die Grundlagen geschaffen, dass sich die Planungs- und Genehmigungsprozess bei einer Windenergieanlage halbieren können.
Als Land wollen wir nicht nur entbürokratisieren, wir wollen eine neue wirtschaftliche Dynamik entfalten: Ich bin optimistisch, dass wir im Windsektor bald einen starken Hochlauf sehen werden. Landesweit produzieren aktuell 769 Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von 1750 Megawatt Strom. 132 Anlagen sind genehmigt, aber noch nicht in Betrieb. Für weitere 172 Anlagen laufen Verfahren und 170 Anlagen sind als Projekt vorgestellt. Damit sind über 470 Anlagen in unterschiedlichen Planungsstadien auf den Weg gebracht.
Wir wollen noch mehr: Aufgrund der zunehmenden Elektrifizierung in den Sektoren Verkehr und Wärme werden wir in Zukunft weiteren grünen Strom benötigen. Deswegen sorgen wir dafür, dass mehr Flächen für den Ausbau der erneuerbaren Energien in Baden-Württemberg zur Verfügung stehen.
Im Rahmen der Regionalen Planungsoffensive sind gerade alle zwölf Regionalverbände dabei, so schnell wie möglich mindestens zwei Prozent der Landesfläche für erneuerbare Energien planerisch auszuweisen. 1,8 Prozent für die Windkraft und mindestens 0,2 Prozent für Freiflächenphotovoltaik.
Um all diese Ziele zu erreichen, brauchen wir als Gesellschaft Mut und Lust auf Veränderung. Hier haben wir noch eine weite Wegstrecke vor uns. Grundsätzlich ist eine große Mehrheit im Land für Umwelt- und Klimaschutz. Wenn es jedoch konkret wird und Konflikte entstehen, dann wird der Klimaschutz. in der politischen Debatte oft hintenangestellt.
Umso mehr brauchen wir von Seiten der Wirtschaft eine breite, öffentliche Unterstützung bei der Bewältigung unserer gemeinsamen Zukunftsaufgaben. Um die Bürgerinnen und Bürger auf diesem Transformationsweg mitzunehmen und nicht im fossilen Status Quo zu erstarren, brauchen wir einen gesellschaftlichen Konsens: Erneuerbare Energien sind die Grundlage für eine gute Zukunft. Eine erfolgreiche Energiewende sichert unseren Wohlstand.
Darüber hinaus schaffen Investitionen in erneuerbare Technologien im Gebäude-, Energie- und Mobilitätssektor neuen Wohlstand. Sie sind der Motor für eine grüne Industrialisierung. Die Investitionen in die erneuerbaren Energien in Deutschland steigen jedes Jahr. Von 2019 bis 2022 haben sie sich auf zwanzig Milliarden verdoppelt. Erneuerbare Technologien können ein zentraler Wirtschaftszweig mit regionaler Wertschöpfung für unser Land werden. Gemäß dem Motto von US-Präsident Joe Biden: „When I hear climate, I think jobs.“
Ich bin überzeugt: Die Unternehmen in Baden-Württemberg und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind prädestiniert, diese Transformation massiv und schnell voranzubringen und Technologieführer auch in dieser Phase zu werden.
IHK Ulm: Fachartikel im Online-Magazin die WIRTSCHAFT (veröffentlicht am 04.12.2023)