Important Projects of Common European Interest – kurz: IPCEI – ist ein von der Europäischen Kommission entwickeltes Instrument zur Förderung von innovativen und strategisch wichtigen Schlüsseltechnologien. Die paneuropäisch koordinierten und verbundenen Einzelprojekte leisten dank ihrer positiven Spill-over-Effekte auf den Binnenmarkt und die europäische Gesellschaft einen sehr wichtigen Beitrag zu Wachstum, Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit in Europa.
Die Europäische Kommission (KOM) erteilt bei einem IPCEI eine Ausnahme vom Beihilfeverbot, wenn aufgrund signifikanter Risiken bei einem Vorhaben von europäischem Interesse keine ausreichende private Innovationsförderung stattfindet. Die Fördermittel kommen jeweils von den Mitgliedsstaaten, in Deutschland vom Bund (70 Prozent) und von den Ländern (30 Prozent).
Anfang 2021 wurde das IPCEI Wasserstoff ins Leben gerufen, um den Markthochlauf von grünem Wasserstoff zu unterstützen. Die zahlreichen Projekte von Unternehmen aus 23 europäischen Ländern wurden nach thematischen Schwerpunkten in vier sogenannten Wellen gebündelt, die von der Europäischen Kommission notifiziert werden: Technologie (Hy2Tech), Industrie (Hy2Use), Infrastruktur (Hy2Infra) und Mobilität & Transport (Hy2Move). Diese adressieren die gesamte Wertschöpfungskette im Bereich der Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie.
IPCEI Wasserstoffvorhaben in Baden-Württemberg
IPCEI Wasserstoff ist ein wichtiger Hebel für das Land, um die Entwicklung von Wasserstofftechnologien entscheidend voranzutreiben und vom Markthochlauf langfristig zu profitieren.
Für die ausgewählten Unternehmen in Baden-Württemberg bietet IPCEI Wasserstoff die einmalige Gelegenheit, Fördermittel in einem enormen Umfang einsetzen zu können, um Entwicklungen zu forcieren und sich im künftigen Markt erfolgreich zu positionieren. Positive Effekte für die gesamte Wertschöpfungskette sind zu erwarten – Unternehmen und Forschungseinrichtungen werden profitieren, Kompetenzen können ausgebaut und neue Arbeitsplätze im Land geschaffen werden.
Bei drei ausgewählten Projekten baden-württembergischer Unternehmen (Robert Bosch GmbH, Daimler Truck AG und EKPO Fuel Cell Technologies) geht es um die Fertigung von Brennstoffzellensystemen für stationäre Anwendungen sowie die Entwicklung und Produktion von Brennstoffzellen-Stacks und emissionsfreien Schwerlast-Brennstoffzellen-LKWs.
Das IPCEI Wasserstoffprojekt „BoschPowerUnits“ hat als erstes Vorhaben in Deutschland eine Förderzusage vom Bund erhalten. Am 10. Juli 2023 fand die offizielle Übergabe durch Bundesminister Habeck im Hause Bosch statt.
Vollständiger Name
Stationäre SOFC-Brennstoffzellensysteme: Aufbau einer großtechnischen Produktion zur Unterstützung der sektoren-übergreifenden Energiewende hin zu einer regenerativen Wasserstoffwelt
Abkürzung
BoschPowerUnits
Projektträger
Robert Bosch GmbH
Status
bewilligt
Projektzeitraum
1. Januar 2022 bis 31. Dezember 2024
Beteiligte Bundesländer
Baden-Württemberg, Bayern, Saarland
Standorte in Baden-Württemberg
Stuttgart, Stuttgart-Feuerbach und Renningen, Bosch Thermotechnik Wernau
Das IPCEI Projekt der Hy2Tech-Welle hat die Erstindustrialisierung von stationären Brennstoffzellensystemen zum Ziel. Die Robert Bosch GmbH steigt als erstes europäisches Großunternehmen in die Massenfertigung von SOFC-Brennstoffzellensystemen ein. Ziel ist es, den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft – auch gemeinsam mit Partnern aus den angestammten Bereichen Maschinen- und Fahrzeugzulieferer – voranzutreiben.
Die SOFC-Technik stellt eine Zukunftstechnologie dar, mit der die Transformation in der Energiewende gestaltet werden kann. Die hocheffizienten, dezentralen Systeme auf Basis von SOFC (= Solid Oxide Fuel Cells, deutsch: Festoxid-Brennstoffzellen) zur modularen und vernetzten Erzeugung von Strom und Wärme sind vielseitig einsetzbar. Sie können heute mit Biogas oder Erdgas und Wasserstoffbeimischungen betrieben werden – und in Zukunft mit reinem Wasserstoff. Dies erlaubt den Marktzugang über eine bestehende Gas-Infrastruktur und den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft. Der elektrische Wirkungsgrad ist mit mehr als 60 Prozent und einem Gesamtwirkungsgrad von über 85 Prozent sehr hoch.
Das Gesamtprojekt wird an verschiedenen Standorten in Baden-Württemberg, Bayern und dem Saarland realisiert. Die Entwicklungsarbeiten sollen vorwiegend im Raum Stuttgart stattfinden, die Produktion in den Werken in Bamberg, Homburg und Wernau bei Esslingen. Durch die Entwicklung, Fertigung und Erprobung von stationären Brennstoffzellensystemen an den Bosch-Standorten Stuttgart-Feuerbach, Renningen und Wernau wird der Wirtschafts- und Technologiestandort Baden-Württemberg und dessen Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig gestärkt.
Das Land verfolgt das Ziel, sich als führender Standort in der Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie zu etablieren. Das Projekt „BoschPowerUnits“ trägt ganz konkret zur Entwicklung und zum Aufbau einer Großserienfertigung von Brennstoffzellen- und Wasserstofftechnologien bei.
Das Projekt „NextGen Hd Stack“ von EKPO Fuel Cell Technologies GmbH wurde ebenfalls bewilligt.
Vollständiger Name
„NextGen HD Stack“: Entwicklung und Industrialisierung eines kostenoptimierten PEM-Brennstoffzellen-Stackmoduls für Heavy Duty Anwendungen
Abkürzung
„NextGen HD Stack“
Projektträger
EKPO Fuel Cell Technologies GmbH
Status
bewilligt
Projektzeitraum
1. September 2022 bis 31. Dezember 2027
Beteiligtes Bundesland
Baden-Württemberg
Standort Baden-Württemberg
Dettingen an der Erms
Das Ziel des Important Projects of Common European Interest (IPCEI) „NextGen HD Stack“ ist die Entwicklung einer neuen Generation von Stackmodulen basierend auf Polymerelektrolyt(PEM)-Brennstoffzellen für Schwerlastanwendungen mit einer Leistung von mehr als 350 kW(el.). Um die erfolgreiche Kommerzialisierung des Produkts bis hin zur Serienproduktion im Jahr 2027 zu erreichen, sind in erster Linie zwei Themen entscheidend: die Optimierung des Stackdesigns hinsichtlich seiner Kosten (Design-to-Cost) und seiner Herstellbarkeit (Design-for-Manufacturing) sowie die Prozessoptimierung, die eine Reduzierung des CO2-Fußabdrucks in der Produktion miteinschließt.
Gleichzeitig liegt der Fokus auf einer gesteigerten Langlebigkeit der PEM-Brennstoffzellenstacks sowie einer verbesserten Recyclingfähigkeit der zugehörigen Komponenten, um dem Thema Nachhaltigkeit ausreichend Rechnung zu tragen. Auch der Einsatz von fluorfreien Materialien im Komponentenbereich wird angestrebt, um die Verwendung von PFAS im Stack zu minimieren (in Übereinstimmung zur aktuellen EU-Umweltinitiative).
Anwendungsfelder des „NextGen HD Stack“ sind in erster Linie im Nutzfahrzeugsektor zu sehen sowie in den Bereichen Schiffs- und Schienenverkehr und für die stationäre Stromerzeugung.
Das IPCEI „NextGen HD Stack“ zur Serienproduktion von PEM-Brennstoffzellenstacks für den Schwerlastverkehr leistet zudem einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung der Wasserstoff-Roadmap BW. Die EKPO Fuel Cell Technologies GmbH (EKPO) ist ein führendes Joint Venture zwischen der ElringKlinger AG und dem französischen Konzern Plastic Omnium S.A. im Bereich der Entwicklung und Großserienproduktion von Brennstoffzellenstacks zur CO2-neutralen Mobilität und trägt damit zum Erhalt und Aufbau von Arbeitsplätzen und der Stärkung des Technologiestandortes Baden-Württemberg bei.
Im Oktober 2024 erhielt das Projekt „PEGASUS“ der Daimler Truck AG als letztes der drei IPCEI Projekte seine Bewilligung.
Vollständiger Name
„PEGASUS“: Entwicklung, Produktion und Betrieb von 100, innovativen, emissionsfreien Schwerlast-Brennstoffzellen-Lkw im kommerziellen Fernverkehr
Abkürzung
„PEGASUS“
Projektträger
Daimler Truck AG
Status
bewilligt
Projektzeitraum
30. März 2022 bis 31. Dezember 2029
Beteiligtes Bundesland
Baden-Württemberg; Rheinland-Pfalz
Standort Baden-Württemberg
Stuttgart; Mannheim; Gaggenau
Standort Rheinland-Pfalz
Wörth
Das Important Project of Common European Interest (IPCEI) „PEGASUS“ ist ein umfassendes Projekt zur Entwicklung, Produktion und zum Betrieb von 100 innovativen, emissionsfreien Schwerlast-Brennstoffzellen-Lkw im kommerziellen Fernverkehr. Das Projekt umfasst das gesamte Ökosystem, das für den Betrieb dieser Lkw notwendig ist.
PEGASUS verfolgt ein integratives Konzept mit vielfältigen Zielen: 90 der 100 Lkw werden mit einem Flüssigwasserstoff (LH2)-Onboard-Speicher ausgestattet und erreichen eine tägliche Reichweite von mehr als 1.000 km ohne Betankung – vergleichbar mit herkömmlichen Diesel-Lkw. Die übrigen zehn Lkw werden mit konventioneller H2–Gasspeichertechnologie betrieben, was eine kürzere Tagesreichweite zur Folge hat. Die Fahrzeuge werden durch Nutzfahrzeugflotten-Betreiber für vier Jahre auf wichtigen Strecken in Deutschland und teilweise in benachbarten Ländern erprobt. Dabei soll unter anderem die technische Machbarkeit und Praxistauglichkeit des LH2 Fahrzeuges und der Betankungstechnik demonstriert werden.
Die Flüssigwasserstoff-Betankung ermöglicht sehr kurze Standzeiten und reduziert den mechanischen Verschleiß der Tankstellen-Komponenten. Da diese Technologie speziell für schwere Nutzfahrzeuge im kommerziellen Maßstab bisher kaum etabliert ist, nimmt PEGASUS hier weltweit eine Vorreiterrolle ein. Eine der wesentlichen Innovationen von PEGASUS ist daher der Einsatz von Flüssigwasserstoff (LH2) an Bord der Lkw.
Das Projekt PEGASUS wird nicht nur in Baden-Württemberg, sondern auch am Standort Wörth in Rheinland-Pfalz durchgeführt. Mit seinem umfassenden Ansatz in der Entwicklung, Produktion und dem Betrieb von Schwerlast-Brennstoffzellen-LKW leistet das Projekt einen wichtigen Beitrag zur Dekarbonisierung des Schwerlastverkehrs in Baden-Württemberg und darüber hinaus.