GRENZNAHE Kernkraftwerke IM Ausland

Fessenheim (Frankreich)

Kernkraftwerk Fessenheim in Frankreich

Das Kernkraftwerk Fessenheim ist eine Doppelblockanlage. Die beiden Druckwasserreaktoren der französischen Baulinie CP0 (Vorläufer der 900-Megawatt-Baulinie mit einer elektrischen Nettoleistung von jeweils 880 Megawatt) speisten 1977 erstmals Elektrizität ins Stromnetz ein. Das Kernkraftwerk Fessenheim wird, wie auch alle anderen Kernkraftwerke in Frankreich, von der Electicité de France (EDF) betrieben. Reaktor 1 wurde am 21. Februar 2020 abgeschaltet, Reaktor 2 folgte am 30. Juni 2020.

Die für die Sicherheitsüberwachung zuständige Behörde ist die Autorité de Sûreté Nucléaire (ASN). Sie hat ihre Zentrale in Paris und Außenstellen, die für verschiedene Präfekturen zuständig sind. Die Außenstelle in Straßburg überwacht unter anderem die Kernkraftwerke in Fessenheim und Cattenom. Auf der Internetseite der ASN werden die Ergebnisse der behördlichen Inspektionen und Bewertungen zu Ereignissen der INES-Stufe 1 oder höher bekannt gemacht.

Die Deutsch-Französische Kommission für Fragen der Sicherheit kerntechnischer Einrichtungen (DFK) befasst sich mit Fragen der nuklearen Sicherheit, des Strahlenschutzes und der Notfallschutzplanung beim Kernkraftwerk Fessenheim. Baden-Württemberg arbeitet intensiv in der DFK mit, um über diesen Weg fundierte Informationen zum Kernkraftwerk Fessenheim zu erhalten und Vorgehensweisen mit dem Nachbarland abzustimmen.

Stilllegung und Abbau des Kernkraftwerks Fessenheim

Nach dem Reaktorunfall in Fukushima hat der Gesetzgeber in Deutschland einen beschleunigten Atomausstieg in Deutschland festgelegt, um das mit dem Betrieb der Kernkraftwerke verbundene Risiko rasch zu reduzieren. Aus dem gleichen Grund setzte sich auch das Land Baden-Württemberg für eine rasche Abschaltung der grenznahen Kernkraftwerke ein. Eine direkte Einflussmöglichkeit auf die Abschaltung von Kernkraftwerken im Ausland hatte das Land jedoch nicht. Mit der Abschaltung der beiden Blöcke im ersten Halbjahr 2020 ist nun ein wichtiges Ziel der Landesregierung erreicht worden.

Im Gegensatz zu deutschen Kernkraftwerken befindet sich das Brennelementlagerbecken nicht im Reaktorgebäude, sondern in einem separaten Brennstoff-Gebäude. Nach der Abschaltung hat der Betreiber die Brennelemente aus den Reaktordruckbehältern entladen und in die Brennelementlagerbecken transportiert. Sämtliche Brennelemente sollen bis Ende 2023 aus der Anlage entfernt sein.

Die Kühlung der Lagerbecken erfolgt über Wärmetauscher mit Flusswasser aus dem Grand Canal d’Alsace. Die aktuell zulässigen Grenzwerte für die Ableitung von chemischen und radioaktiven Stoffen sowie zur Kühlwasserentnahme sind in zwei Verfügungen aus dem März 2016 festgelegt. Hier finden Sie die Verfügungen und deren deutsche Übersetzung.

Derzeit läuft das Genehmigungsverfahren zum Abbau. Der Abbau der nuklearen Teile soll 2025 beginnen und rund 15 Jahre dauern. Für den Abbau ist eine Genehmigung (Dekret) erforderlich. Das umfangreiche Genehmigungsverfahren beinhaltet eine Umweltverträglichkeitsprüfung, bei der auch die Bevölkerung in Deutschland zu beteiligen ist.

Die EDF hat Ende 2019 ihre Planungen zum Ablauf des Rückbaus in französischer Sprache veröffentlicht. Im Mai 2020 hat sie eine überarbeitete und deutlich erweiterte Fassung des Rückbauplans an die ASN übermittelt. Das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft beauftragte das Öko-Institut, diesen zu sichten und zu bewerten.

Zum Herunterladen

Electicité de France: Plan de Demantelement (französisch) [PDF]

Studie des Öko-Instituts zum Rückbaukonzept

Die Studie des Öko-Instituts vom 26. Oktober 2020 vergleicht das geplante Vorgehen von EDF in Fessenheim mit dem in Deutschland. Das Öko-Institut kommt zu dem Ergebnis, dass die dem Abbau vorgelagerte Phase (PDEM) mit dem Nachbetrieb in deutschen Kernkraftwerken vergleichbar ist. Auch das Abfallkonzept, die Ziele und das Vorgehen beim Abbau entsprechen in groben Zügen den Praktiken in Deutschland.

Für eine detailliertere Gegenüberstellung fehlen im Rückbaukonzept konkrete Angaben. Diese wird die EDF voraussichtlich im Laufe der weiteren Planungen erarbeiten und der ASN im Genehmigungsverfahren vorlegen.

Das derzeitige Rückbaukonzept enthält insbesondere keine Angaben zu den Ableitungen radioaktiver Stoffe, die mit dem Rückbau verbunden sind, und wie der Betreiber mit Störungen umgehen will. Das Umweltministerium Baden-Württemberg erwartet, dass es diese Informationen, ebenso wie zu den Umweltauswirkungen rechtzeitig vor Beginn der grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeitsprüfung erhält. Die vollständige Studie finden sie hier.

Zum Herunterladen

Öko-Institut: Studie „Sichtung und Einschätzung der vorliegenden Unterlagen zum Rückbau des Kernkraftwerks Fessenheim“ [PDF; 10/20; 4 MB]

Gutachten zur Sicherheit des Kernkraftwerks

Um die Sicherheit des Kernkraftwerks Fessenheim zu bewerten, hatte das Umweltministerium Baden-Württemberg 2012 und 2017 zwei Gutachten beim Öko-Institut in Auftrag gegeben. Die Gutachten zeigten, dass beim Kernkraftwerk Fessenheim in einzelnen Bereichen Sicherheitsdefizite vorlagen und generell die Sicherheitsreserven deutlich geringer waren als bei den in Deutschland noch betriebenen Kernkraftwerken.

Seitens des Landes Baden-Württemberg wurde wiederholt eine rasche Abschaltung des Kernkraftwerks angemahnt. Der Ministerpräsident und der Umweltminister forderten in Schreiben und bei politischen Treffen die Stilllegung.