Thema
Rücknahme von radioaktiven Abfällen aus Frankreich nach Philippsburg
Termin
Dienstag, 15. Oktober 2024
Beginn: 18:00 Uhr, Abschluss: 19:45 Uhr
Programm
- Begrüßung und Einführung
- Einstiegsrede von Umweltministerin Thekla Walker
- Vortrag der EnBW Kernkraft GmbH (EnKK)
- Vortrag der Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung mbH (BGZ)
- Vortrag des Umweltministeriums
- Frage- und Diskussionsrunde mit dem Publikum und den Fachexperten Jörg Michels (EnBW Kernkraft GmbH), Dr. Michael Hoffmann (Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung), Thomas Wildermann (Umweltministerium) und Dr. Christoph Bunzmann (Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung)
- Abschluss
Eröffnung der Veranstaltung
Der Moderator der Veranstaltung, Ralf Heineken, begrüßt die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des sechsten Infoforums zum Thema „Rücknahme von radioaktiven Abfällen aus Frankreich nach Philippsburg“. Er gibt einen Ausblick auf das Programm, an dem sich unterschiedliche Gäste mit Vorträgen und Diskussionsbeiträgen beteiligen.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erhalten organisatorische Hinweise zum Datenschutz und zur Nutzung von Cisco-Webex, insbesondere zur Möglichkeit, jederzeit im Chat Fragen zu stellen. Nach der Sammlung und thematischen Sortierung der Fragen erfolgt während der Veranstaltung eine Weitergabe an die Ministerin beziehungsweise die anwesenden Fachexperten. Es ist auch die Nutzung der Handhebefunktion möglich. In diesem Fall wird der Moderator das Wort denjenigen, die sich gemeldet haben, erteilen.
Rede von Umweltministerin Thekla Walker
Ralf Heineken begrüßt Thekla Walker, die als Umweltministerin in Baden-Württemberg unter anderem für Strahlenschutz und Reaktorsicherheit zuständig ist. In ihrer Rede geht es um die Hintergründe der Rücknahmeverpflichtung und deren politische Einordnung.
Sie erinnert zum Einstieg ihrer Rede daran, dass die Betreiber der deutschen Kernkraftwerke die Wiederaufarbeitung von verbrauchten Brennelementen im Ausland bis zu ihrem Verbot genutzt haben. Sie seien als Verursacher der dabei entstandenen Abfälle dazu verpflichtet, sich um deren Entsorgung zu kümmern. Deutschland habe die Verantwortung für die Altlasten aus der Zeit seiner Kernenergienutzung. Ein Hinausschieben der Rücknahme aus Frankreich und England über Jahrzehnte, bis es in Deutschland ein Endlager gibt, hätten die ausländischen Partner nicht mitgemacht.
Ursprünglich war vorgesehen, die Abfälle zur Zwischenlagerung nach Gorleben zu verbringen. Jedoch wäre dies als Vorfestlegung auf diesen Standort als ein Endlager für hochradioaktive Abfälle verstanden worden und hätte einem Neuanfang bei der Standortsuche im Wege gestanden. Der Suchprozess sollte von einer „weißen Landkarte“ ausgehen und auf geologischen Kriterien basieren. Deshalb verständigten sich Bund, Länder und Abfallverursacher 2015 darauf, dass eine Aufbewahrung in den vier Zwischenlagern der Kernkraftwerksstandorte Biblis, Brokdorf, Isar und Philippsburg erfolgt, bis ein Endlager feststeht und eine Abgabe dorthin möglich ist. Die vier Zwischenlager befinden sich in vier Bundesländern, die die Kernenergie besonders intensiv genutzt haben. Aus Sicht der Ministerin ist die Verteilung daher fair.
Die Erfüllung der völkerrechtlichen Verpflichtung bedeutet für Baden-Württemberg konkret, dass es einen Transport von vier Castor®-Behältern mit hochradioaktiven Abfällen in das Brennelemente-Zwischenlager Philippsburg bis Ende des Jahres geben wird. Das ursprüngliche Konzept von 2015 sah die Rücknahme von Behältern mit mittelradioaktiven Abfällen vor. Der Nachteil wäre eine wesentlich höhere Anzahl von Transporten gewesen. Jeder Transport bedeutet aber eine Beeinträchtigung der Allgemeinheit. Deshalb haben die Beteiligten 2021 einer Änderung der Vereinbarung zugestimmt.
Im Brennelemente-Zwischenlager Philippsburg sind 152 Stellplätze zur Lagerung von Behältern genehmigt, von denen aktuell 102 mit Transport- und Lagerbehältern belegt sind. Das Risiko, das von der zusätzlichen Einlagerung der vier Behälter aus Frankreich ausgeht, ist vernachlässigbar. Das maximal genehmigte Aktivitätsinventar bleibt deutlich unterschritten. Die Ministerin bekräftigte außerdem ihren positiven, persönlichen Eindruck von der Sicherheit des betroffenen Lagers, das sie während ihrer Sommertour 2024 besucht hat. Das professionelle Management sowie die Sorgfalt, mit denen das Personal die Sicherheits-, Überwachungs- und Überprüfungsmaßnahmen durchführt, hätten sie beeindruckt. Nichtsdestotrotz bekundet sie deutlich ihr Interesse daran, dass die Zwischenlagerung keine Dauerlösung ist und nicht unendlich ausgedehnt wird.
Der Atomausstieg ist richtig. Zu diesem Fazit kommt die Ministerin in Anbetracht der langfristigen Probleme, die sich aus der Nutzung dieser Hochrisikotechnologie ergeben. Dazu gehören der Abbau der Kraftwerke und die damit einhergehenden, umfangreichen Genehmigungsverfahren, die Lagerung, aber auch die Standortsuche und die Errichtung von Endlagern, die für eine Million Jahre sicher ausgelegt sein müssen. Laut Ministerin sind dies keine trivialen Fragen. An den vielen Schritten zur Abwicklung der Altlasten aus der Atomenergie hängen unzählige sicherheitstechnische Prüfungen und ein enormer Aufwand, auch für die Atomaufsicht. Sie ist über jede Aufgabe froh, die erledigt und nicht auf künftige Generationen, die nie etwas mit der Technologie zu tun hatten, abgewälzt wird. In den erneuerbaren Energien sieht sie bessere und nachhaltige Alternativen, für deren Ausbau sich die Landesregierung einsetzt.
Zum Schluss ihrer Rede bekräftigt die Ministerin ihr Anliegen, mit Hilfe des Infoforums offen und transparent zu informieren. Gerade das Thema Rückführung wirft Fragen auf, die in der Diskussion mit den Anwesenden des Umweltministeriums sowie den eingeladenen Fachexperten geklärt werden können. Sie begrüßt herzlich die Vertreter der EnKK, BGZ und des BASE, die sich zu diesem Austausch bereit erklärt haben. Sie bedankt sich beim Publikum für das Interesse und lädt es ein, sich zu beteiligen und Fragen zu stellen.
Rückführung deutscher Abfälle aus der Wiederaufarbeitung in Frankreich aus Sicht der EnBW Kernkraft GmbH (EnKK)
Ralf Heineken begrüßt als nächstes Jörg Michels, Vorsitzender der Geschäftsführung der EnBW Kernkraft GmbH (EnKK) und Leiter des Geschäftsbereichs Rückbau. In seiner Präsentation beim Infoforum geht er auf die Erfüllung der Pflicht der Betreiber der Kernkraftwerke ein und erläutert die Umsetzung der Konzeptanpassung von 2021.
Jörg Michels macht in der Einleitung seines Vortrags [PDF; 10/24] deutlich, dass zum Atomausstieg neben dem Rückbau der Kernkraftwerke auch ein verantwortungsvoller Umgang mit den anfallenden beziehungsweise bereits entstandenen Abfällen gehört, das heißt auch die Rückführung der restlichen Abfälle, die bei der Wiederaufarbeitung in England und Frankreich entstanden sind und sich noch dort befinden. Alle vier deutschen Kernkraftwerksbetreiber haben bis 2005 von der Wiederaufarbeitung sowohl in Frankreich als auch in England Gebrauch gemacht. Von allen vier Betreibern sind demnach Abfälle in diesen beiden Ländern entstanden. Auf Basis privatrechtlicher Verträge sowie völkerrechtlicher Vereinbarungen besteht die Verpflichtung zu ihrer Rücknahme.
Bis 2011 ist der Großteil der Abfälle bereits in das Zwischenlager Gorleben verbracht worden. Für die Verteilung der verbliebenen Abfälle sieht ein Konzept der Bundesregierung aus dem Jahr 2015 eine Einlagerung in den Standort-Zwischenlagern Biblis, Brokdorf, Isar und Philippsburg vor. Das Zwischenlager in Philippsburg wurde für die Rückführung aus Frankreich aufgrund der Nähe zu Frankreich und des Gleisanschlusses für die Abfälle aus La Hague ausgewählt. Die Umsetzung des ursprünglichen Konzeptes hinsichtlich der Rückführung aus Frankreich hätte allerdings bis zu 17 Transporte nach Deutschland bedeutet und mindestens bis weit in die 2030er Jahre gedauert. Deshalb wurde im Jahr 2021 im Einvernehmen mit allen Beteiligten eine Konzeptanpassung vorgenommen. Deren Ergebnis war unter anderem die Festlegung, dass vier Behälter mit hochradioaktiven Abfällen nach Philippsburg gebracht werden unter der Maßgabe, dass diese der von Deutschland zurückzunehmenden Gesamtaktivität entsprechen.
In das Vorhaben zur Rückführung sind laut Jörg Michels verschiedene Beteiligte auf Behörden- und Betreiberseite involviert. Über deren Zuständigkeiten und Aufgaben gibt er den Zuschauerinnen und Zuschauern einen Überblick. Er informiert außerdem über den Status der Transporte in die vier betroffenen deutschen Zwischenlager beziehungsweise die damit einhergehenden Genehmigungsprozesse. Der Transport nach Philippsburg bedeutet den Abschluss der Rückführung der Abfälle aus Frankreich. In die Zwischenlager Isar und Brokdorf ist in den nächsten Jahren noch die Einlagerung von je sieben Behältern aus England vorgesehen.
Die Betreiber der deutschen Kernkraftwerke sowie die Gesellschaft für Nuklear-Service mbH (GNS) als Dienstleister der Betreiber für die Transportdurchführung sind für den Transport nach Philippsburg verantwortlich. Die Federführung auf Betreiberseite hat bei diesem Transport die EnKK. Jörg Michels erläutert, dass sich aus der vom BASE erteilten Transportgenehmigung ergibt, dass Transporttermin und -strecke geheim gehalten werden müssen. Es erfolgt jedoch eine offene Kommunikation über die generelle Vorgehensweise und die Maßnahmen, wie die Betreiberseite ihrem obersten Ziel des Schutzes von Mensch und Umwelt gerecht wird. Er nennt unter anderem die sicherheitstechnischen Eigenschaften der verwendeten Transport- und Lagerbehälter, die bereits stattgefundene Erprobung der Handhabungs- und Transportvorgänge mit leeren Behältern, die umfassenden Überprüfungen der hohen Sicherheitsstandards im Zuge der staatlichen Genehmigungsverfahren und die Erfahrung und Kompetenz der Beteiligten. Nur weil gewährleistet ist, dass alle staatlichen Anforderungen an einen sicheren Transport erfüllt werden, hat das BASE die Transportgenehmigung erteilt.
Sichere Einlagerung aus Sicht der Gesellschaft für Zwischenlagerung mbH (BGZ)
Im sich anschließenden Vortrag [PDF; 10/24] gibt Dr. Michael Hoffmann, Bereichsleiter Betrieb bei der Gesellschaft für Zwischenlagerung mbH (BGZ), genauere Informationen über die Zwischenlagerung im Brennelemente-Zwischenlager Philippsburg.
Der Auftrag der BGZ als bundeseigenes Unternehmen ist die sichere Zwischenlagerung aller schwach-, mittel- und hochradioaktiven Abfälle der deutschen Energieversorgungsunternehmen, bis sie in ein Endlager verbracht werden können. An insgesamt 17 Standorten betreibt die 2017 gegründete BGZ derzeit 13 Brennelemente-Zwischenlager für hochradioaktive und 13 Abfall-Zwischenlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle. Der Hauptsitz und die Verwaltung der BGZ befinden sich an den Standorten Essen und Berlin. Mittlerweile ist die Zahl der Beschäftigten auf rund 700 angewachsen.
Das Brennelemente-Zwischenlager Philippsburg verfügt laut Dr. Michael Hoffmann über das erforderliche Sicherheitskonzept. Die Transport- und Lagerbehälter stehen in einer trockenen und mit Naturzug belüfteten Halle. Der Luftaustausch gewährleistet eine fortlaufende Wärmeabfuhr ohne den Einsatz elektrischer Kühlsysteme. Die Wärmeabfuhr ist somit ausfallsicher. Die Wärme kann wirksam über die große Oberfläche der Behälter an die Umgebungsluft abgegeben werden. Die Behälter sind so konstruiert, dass die BGZ die Einhaltung der vier Schutzziele gewährleisten kann:
- radioaktive Stoffe sicher einschließen (dichter Einschluss)
- beim radioaktiven Zerfall entstehende Strahlung abschirmen (Abschirmung)
- eine nukleare Kettenreaktion unterbinden (Unterkritikalität)
- die entstehende Wärme nach außen abführen (Abfuhr der Nachzerfallswärme)
Darüber hinaus geht er auf die Frage nach möglichen Beschädigungen der Behälter ein und erläutert, dass keine Notwendigkeit für eine „Heiße Zelle“ für deren Reparatur besteht und bei allen denkbaren Reparaturszenarien die Behälter dicht verschlossen bleiben.
Zum Abschluss vermittelt Dr. Michael Hoffmann den Zuschauerinnen und Zuschauern bildliche Eindrücke davon, wie sich die BGZ auf die Ankunft der Behälter vorbereitet. Er berichtet von einem Probelauf mit einem leeren Castor®-Behälter des für die Abfälle aus Frankreich vorgesehenen Typs HAW28M, bei dem das Personal der BGZ zusammen mit dem der EnKK die vorgesehenen Abläufe intensiv geübt haben.
Rückführung der Abfälle aus Sicht des Umweltministeriums als Aufsichtsbehörde
Den letzten Vortrag [PDF; 10/24] hält Klaus Wiesner, Leiter des Referates „Überwachung der Kernkraftwerke Philippsburg“ im Umweltministerium. Er erläutert zunächst, wie bereits beim 2. Infoforum am 19. Januar 2022, die unterschiedlichen Beteiligten und deren Zuständigkeiten. Zum damaligen Zeitpunkt enthielt seine Präsentation noch eine Reihe von offenen Aufgaben, die die Beteiligten inzwischen bearbeitet haben. Der Schwerpunkt seines aktuellen Vortrags sind die durchgeführten Kontrollen des Umweltministeriums, deren Ergebnisse und die noch geplanten Überwachungsaktivitäten.
Die Überwachung durch das Umweltministerium fängt formal am Zaun des Betriebsgeländes des Kernkraftwerks Philippsburg an. Klaus Wiesner betont, dass die Aufsicht aber bereits lange Zeit davor einsetzt. Vor der Beladung der vier Transport- und Lagerbehälter in La Hague in Frankreich prüften das Umweltministerium und seine Sachverständigen Dokumente, die sich auf die Fertigung und Inbetriebnahme der Behälter sowie auf die Einhaltung der „Technischen Annahmebedingungen für das Zwischenlager“ beziehen. Diese Kontrollen haben etwa zwei Jahre in Anspruch genommen und sind abgeschlossen.
Bei der Beladung der Behälter in Frankreich war der Sachverständige des Umweltministeriums bei allen Schritten vor Ort. Das Umweltministerium hat ebenfalls die Beladung eines Behälters aufsichtlich begleitet. Prüfaspekte waren unter anderem die Einhaltung des zulässigen Aktivitätsinventars und der zulässigen Wärmeleistung der Behälter, die ordnungsgemäße Beladung der Behälter, insbesondere ihre Dichtheit, sowie die vollständige Dokumentation aller Beladungsschritte entsprechend den in der Genehmigung zur Zwischenlagerung festgelegten Schrittfolgeplänen. Die vier Transport- und Lagerbehälter sind beladen und stehen nun in La Hague zum Transport durch die GNS bereit. Kurz vor dem Abtransport wird der Sachverständige Strahlenschutz-Messungen durchführen, um erneut die Einhaltung der Dosisleistungsgrenzwerte und Kontaminationsgrenzwerte für die Oberfläche der Behälter zu überprüfen.
Bei Ankunft auf dem Betriebsgelände des Kernkraftwerks Philippsburg übernimmt die EnKK die Zuständigkeit für die Umladung jedes einzelnen Behälters vom Schienen- auf das Straßenfahrzeug und den Transport zum Brennelemente-Zwischenlager. Das Umweltministerium hat der EnKK nach Anpassungen ihrer bestehenden Genehmigung und ihrer betrieblichen Regelungen die Erlaubnis hierfür erteilt. Für die anschließende Einlagerung ins Brennelemente-Zwischenlager Philippsburg liegen der zuständigen BGZ die notwendigen Genehmigungen, die das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) erteilt hat, vor.
Das Umweltministerium hat die Unterlagen geprüft, die die Schritte zur Umladung, zum Transport und zur Einlagerung vorgeben. Eine der verbleibenden Überwachungsaktivitäten wird die Kontrolle der sicheren Handhabung der Behälter vor Ort sein.
Frage- und Diskussionsrunde mit dem Publikum
Zur interaktiven Frage- und Diskussionsrunde begrüßt Ralf Heineken erneut Jörg Michels (EnKK) und Dr. Michael Hoffmann (BGZ). Als weitere Teilnehmer führt er Thomas Wildermann, Leiter der Abteilung für Atomaufsicht im Umweltministerium, und Dr. Christoph Bunzmann, Abteilungsleiter Genehmigungsverfahren beim Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE), ein.
Die vier Fachexperten beantworten während der kommenden circa 35 Minuten Fragen aus dem Publikum. Die besprochenen Themen und Antworten sowie ergänzende, fachliche Informationen finden sich in der folgenden Auflistung.
Die Transport- und Lagerbehälter des Typs Castor® HAW28M besitzen ein doppeltes Deckelsystem aus Primär- und Sekundärdeckel. In den Bereich zwischen Primär- und Sekundärdeckel wird dauerhaft mit Helium ein Überdruck eingebracht. Verliert der Zwischenraum das Helium, zeigt der im Deckel angebrachte Druckmesser einen Verlust an. Dr. Michael Hoffmann erläutert, dass dadurch mögliche, nachlassende Undichtheiten frühzeitig erkannt und ohne Zeitdruck behoben werden können. Die Abschirmwirkung bleibt bestehen. Für die Reparatur von Fehlern an dem Sekundärdeckel oder der Sekundärdeckeldichtung steht vor Ort eine Behälterwartungsstation zur Verfügung. Alle Arbeiten können gefahrlos ohne eine „Heiße Zelle“ durchgeführt werden. Für Undichtheiten am inneren Primärdeckel sieht das Reparaturkonzept das Aufbringen und Verschweißen eines zusätzlichen Deckels vor.
Als Besonderheit des Typs Castor® HAW28M kam zur Sprache, dass der Sekundärdeckel nicht Bestandteil einer Transportgenehmigung ist. Dr. Christoph Bunzmann bestätigt, dass nach den Regeln des Gefahrgutrechts für den Transport die einfache dichte Umschließung ausreichend ist. Der Sekundärdeckel des Behälters wird erst im Zwischenlager montiert. Mit Blick auf die Verbringung in ein späteres Endlager hat die BGZ ein Konzept zum Austausch des Primärdeckels eingereicht. Die BGZ ist verpflichtet, dieses Konzept laufend zu überprüfen und anzupassen. Außerdem strebt die BGZ die gefahrgutrechtliche Genehmigung des Transports mit Sekundärdeckel an.
Auf Nachfragen zum genauen Inhalt der vier Behälter aus Frankreich stellten die Fachexperten klar, dass es sich nicht um abgebrannte Brennelemente handelt. Die radioaktiven Abfälle wurden mit heißem flüssigen Glas vermischt und in Edelstahlbehälter, sog. Glaskokillen gegossen. Die radioaktiven Stoffe sind somit im erstarrten Glasmaterial eingeschlossen.
Jeder Behälter enthält 28 Glaskokillen. Die Abfälle aus La Hague sind nicht exakt die Abfälle, die durch abgebrannte Brennelemente aus den Kernkraftwerken in Philippsburg entstanden sind. Es sind Abfälle darunter, die auch anderen Energieversorgungsunternehmen zugeordnet werden können und die mengenmäßig in den Prozessen der Wiederaufarbeitung abgebrannter Brennelemente aus Deutschland angefallen sind.
Thomas Wildermann bestätigt auf Nachfrage des Moderators, dass bei dem Vorhaben zur Rücknahme der Abfälle aus Frankreich verschiedene Genehmigungs- und Aufsichtsbehörden involviert sind. Eine intensive Abstimmung zwischen ihnen war und ist unabdingbar und daher Gegenstand regelmäßiger, gemeinsamer Gespräche.
Eine Publikumsfrage adressiert Störungen von außen während des Transports der Castor®-Behälter. Die Behördenvertreter Dr. Christoph Bunzmann und Thomas Wildermann bestätigen, dass die Betreiber Störungsszenarien betrachten müssen und den atomrechtlichen Behörden und den Innenbehörden ihr Konzept zum Umgang damit zur Prüfung vorgelegt haben.
Dr. Christoph Bunzmann bejaht die Frage nach der Befristung der Transportgenehmigung. Er erläutert, dass der Genehmigungsinhaber die Transportgenehmigung für die Rücknahme der Abfälle aus Frankreich bis Ende 2024 in Anspruch nehmen kann.
Der Transport der Behälter wird ohne Sekundärdeckel erfolgen. Die Zuschauerinnen und Zuschauer erhalten die Auskunft, dass am Behälter Stoßdämpfer für den Transport angebracht werden, die für zusätzlichen Schutz bei schwersten Unfällen sorgen. Eine Nachfrage nach speziellen, zusätzlichen Maßnahmen zur Sicherheit der Schienen beim Transport von Frankreich nach Deutschland verneint Dr. Michael Hoffmann.
Die Umladung und der Transport auf dem Betriebsgelände des Kernkraftwerks Philippsburg sind erprobte Vorgänge. Jörg Michels macht diesen Aspekt auch bei der Diskussion deutlich und nennt als Beispiel die umfangreiche CASTOR-Kampagne in den Jahren 2022 und 2023, bei der die Brennelemente von Block 2 ins Zwischenlager gebracht wurden. Der Betreiber hat in diesem Bereich erfahrenes Personal und setzt auf eine gute Vorbereitung. Auf Rückfrage zu den Auswirkungen dieser Vorgänge auf den Rückbau in Philippsburg antwortet Jörg Michels, dass das Rücknahmevorhaben keine Konsequenzen für die Abbauarbeiten der brennelementfreien Kernkraftwerksblöcke in Philippsburg hat.
Das Brennelemente-Zwischenlager Philippsburg erfüllt die aktuellen, hohen Sicherheitsanforderungen. Sie sind eingehend im Rahmen des Genehmigungsverfahrens geprüft worden. Dies stellt Dr. Christoph Bunzmann als Vertreter der Genehmigungsbehörde BASE fest. Das Zwischenlager ist nach seiner Aussage im normalen Betrieb, bei Störfällen, Angriffen und Hochwasser sicher. 2047 erlischt die aktuelle Betriebsgenehmigung für das Lager in Philippsburg. Mit einem aufnahmefähigen Endlager ist bis dahin nicht zu rechnen. Das Zwischenlager in Philippsburg wird eine neue Genehmigung für die Lagerung ab 2047 benötigen. Dazu wird das BASE auf Antrag der BGZ ein neues Genehmigungsverfahren mit Berücksichtigung des dann vorliegenden Standes von Wissenschaft und Technik zur Sicherheit von Lagern durchführen.
Die Ministerin betont in ihrer Rede und auf darauffolgende Nachfrage aus dem Publikum ihr Interesse daran, dass die Belastung für die Bevölkerung in Philippsburg und Umgebung durch die Zwischenlagerung schnell beendet wird. Die Suche eines Endlagerstandortes in einem transparenten und auf Basis wissenschaftlicher Kriterien basierenden Verfahren kostet zugleich Zeit. Aus ihrer Sicht ist aber eine Inbetriebnahme in den 2070er Jahren eine Zumutung für kommende Generationen. Die Ministerin wird sich für die Beschleunigung des Verfahrens, wo immer es möglich ist, einsetzen. Gewisse Beteiligungsverfahren könnten parallel durchgeführt werden. Dr. Christoph Bunzmann und Dr. Michael Hoffmann ergänzen, dass die Zwischenlagerung als „Brücke“ zur Endlagerung eine sorgfältige Suche des bestgeeigneten Endlagers ermöglicht.
Eine Person aus dem Publikum stellt die sichere Überwachung der Behälterdichtheit im Brennelemente-Zwischenlager Philippsburg in Frage, da es im August 2024 zu einem Ausfall der unterbrechungsfreien Stromversorgung kam. Bei dem Ereignis (meldepflichtiges Ereignis am Behälterüberwachungssystem des Brennelemente-Zwischenlagers Philippsburg) war die Stromversorgung für etwa zwei Stunden unterbrochen. Ein solcher, kurzzeitiger Ausfall des Überwachungssystems hat nur eine sehr geringe sicherheitstechnische Bedeutung. Plötzliche, sich schnell vergrößernde Undichtheiten der Behälter, die zeitkritische Reparaturen notwendig machen würden, können nicht eintreten. Die zulässige Reparaturzeit im Fall eines Ausfalls des Behälterüberwachungssystems beträgt deshalb auch drei Monate.
Dr. Michael Hoffmann gibt auf eine Frage Auskunft über die Betriebsausgaben des Brennelemente-Zwischenlagers Philippsburg im Jahr 2023, die insgesamt bei rund 37 Millionen Euro lagen. Davon entfielen 2,5 Millionen Euro auf Personal-, 8 Millionen Euro auf Überwachungs-, 18,5 Millionen Euro auf Investitions- und 8 Millionen Euro auf Betriebskosten.
Abschluss
Der Moderator dankt den Gästen für ihre Bereitschaft, am Infoforum teilzunehmen und die Fragen zu beantworten. Er dankt dem Publikum für die rege Beteiligung.
Mit Fragen und Themenwünsche für das Infoforum können die Bürgerinnen und Bürger das Umweltministerium jederzeit formlos per E-Mail an infoforum@um.bwl.de erreichen.
Auf der Internetseite des Infoforums erfolgt die Ankündigung des Termins und Themas der nächsten Veranstaltung 2025.