BIBERMANAGEMENT

Modellprojekt nach bayerischen Vorbild

Deutsche-Bahn-Strecke Warthausen und Schemmerberg: Biberschutzmatten sollen den Bahndamm vor den Aktivitäten der zwei Biberfamilien schützen, die dort leben.
Seit über zehn Jahren wird ein Bahnseitengraben der Deutschen Bahn-Strecke zwischen Warthausen und Schemmerberg von zwei Biberfamilien als Lebensraum genutzt. Röhren und Baue der Biber sorgten für eine Untergrabung des Bahndammes, wodurch sich die Gleise absenkten und die Verkehrssicherheit gefährdet war. Biberschutzmatten sollen nun helfen. Zudem wurden auch Röhren und Baue verfüllt.

Von Anfang 2022 bis Ende 2023 wurde im Auftrag des Umweltministeriums und des Landwirtschaftsministeriums das so genannte Bibermodellprojekt nach bayerischem Vorbild durchgeführt. Das Projekt sollte insbesondere die Konfliktlösung auf örtlicher Ebene verbessern.  

Ein Ziel war es, die Jägerschaft verstärkt in das landesweite Bibermanagement einzubinden und bei Bedarf als zusätzliche Biberberaterinnen und Biberberater in einzelnen Landkreisen zu gewinnen. Zudem wurde die gezielte Ausbildung einzelner interessierter Jägerinnen und Jäger zur Unterstützung einer letalen Entnahme (also die Tötung des Tieres als letztes Mittel) auf den Weg gebracht.

Außerdem wurde ein Vorgehen für die letale Entnahme von Bibern in Baden-Württemberg auf der Grundlage bestehenden Rechts und bestehender Zuständigkeiten erarbeitet. Im Bibermodellprojekt ging es auch darum, praktische Verfahrensfragen, die sich im Zusammenhang mit einer letalen Entnahme stellen, anhand von Praxisfällen zu bearbeiten, um daraus dann Handlungsschemata und Arbeitshilfen für zukünftige Fälle abzuleiten.

Eine letale Entnahme von Bibern wird nur in Ausnahmefällen möglich sein, wenn Konflikte mit den Methoden des klassischen Bibermanagements nicht zumutbar gelöst werden können. Da der Biber eine besonders streng geschützte Art ist (Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie Anhänge II und IV der Europäischen Union und Paragraf 7 Absatz 2 Nummer 14 Bundesnaturschutzgesetz) ist dazu eine artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung erforderlich (Paragraf 45 Absatz 7 Bundesnaturschutzgesetz).  

Die Erteilung einer artenschutzrechtlichen Ausnahme ist an verschiedene Voraussetzungen geknüpft: Es müssen zwingende Gründe vorliegen, die eine Ausnahme rechtfertigen und gleichzeitig darf es keine zumutbaren Alternativen geben. Es muss auch sichergestellt sein, dass sich der Erhaltungszustand der Biberpopulation durch die letale Entnahme nicht verschlechtert. Daraus wird deutlich, dass die letale Entnahme von Bibern nur als letztes Mittel bei sehr schweren Konfliktfällen in Betracht kommt, bei denen zuvor schon alle anderen Möglichkeiten zur „Konfliktbefriedung“ versucht wurden, oder diese aus bestimmten Gründen nicht anwendbar oder zumutbar sind.

Die Ergebnisse und Erkenntnisse aus dem Bibermodellprojekt werden in das baden-württembergische Bibermanagement einfließen. Das Mittel der letalen Entnahme kann zukünftig die bisherigen Management-Optionen des klassischen baden-württembergischen Bibermanagements als Ultima Ratio ergänzen.

Warum orientierte sich das Modellprojekt an Bayern?

Vor Beginn des Bibermodellprojekts wurden Biber in Baden-Württemberg, im Gegensatz zu Bayern, noch nie letal entnommen. Alle Konflikte konnten anderweitig gelöst werden. Es ist jedoch durch die wachsende Population im Land davon auszugehen, dass es künftig vermehrt zu besonders schweren oder komplexen Konflikten mit dem Biber kommen kann.

In Bayern wirkt die Jägerschaft auf freiwilliger Basis im Bibermanagement mit, auch bei der letalen Entnahme von Bibern. Daher sollten im Modellprojekt die Möglichkeiten und Grenzen der Beteiligung der Jägerschaft im Bibermanagement, einschließlich der letalen Entnahme, ausgelotet werden.

Welche Gebiete nahmen teil?

Die baden-württembergische Biberpopulation wird derzeit auf etwa 11.500 Tiere geschätzt. Mit etwa 5000 Tieren kommen im Regierungsbezirk Tübingen am meisten, im Regierungsbezirk Karlsruhe mit etwa 700 Tieren am wenigsten Biber vor.

Auf Grund der hohen Biberpopulation im Regierungsbezirk Tübingen und einem damit verbundenen erhöhten Konfliktpotenzial erstreckte sich das Projektgebiet über die Landkreise Sigmaringen, Ravensburg, Biberach, den Stadtkreis Ulm und den Alb-Donau-Kreis.