Die Landwirtschaft soll beim Düngen auf Klärschlamm verzichten. Denn dieser enthält zwar wertvolle Pflanzennährstoffe wie Phosphor, aber auch umwelt- und gesundheitsgefährdende Schadstoffe. Aufgrund der weiter wachsenden Erdbevölkerung, der Abhängigkeit von wenigen Lieferländern und der steigenden Verunreinigungen von Rohphosphaten muss die langfristige Versorgung mit Phosphor jedoch sichergestellt sein.
Deshalb hat das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg eine Phosphor-Rückgewinnungsstrategie für Baden-Württemberg erarbeitet. Im Oktober 2012 wurde sie der Öffentlichkeit vorgestellt. Um die Versorgung mit Phosphor sicherzustellen, empfiehlt die Strategie, sekundäre Rohstoffquellen zu nutzen. Die größte sekundäre Rohstoffquelle für Phosphor ist der Klärschlamm.
Kläranlage gewinnt Phosphor aus Klärschlamm
Eine wichtige Rolle spielt in der Strategie die vom Land finanzierte großtechnische Anlage auf der Kläranlage des Abwasserzweckverbandes Offenburg, die Phosphor aus Klärschlamm rückgewinnt. Die nach dem „Stuttgarter Verfahren“ arbeitende Anlage läuft seit November 2011. Mit der Pilotanlage wird ein Teilstrom des Klärschlamms behandelt, der etwa 8.000 Einwohnerwerten entspricht. Einwohnerwerte sind die Summe der Belastung aus den an eine Kläranlage angeschlossenen Einwohnern und dem anfallenden gewerblichen Abwasser.
Das erzeugte Produkt Magnesium-Ammonium-Phosphat verwendet die Landwirtschaft als Mehrnährstoffdünger und die Phosphatindustrie als Rohstoff. Die bislang gemessenen Schwermetallgehalte des Magnesium-Ammonium-Phosphates gelten als unkritisch und liegen größtenteils unter den Gehalten von Rohphosphaten.
Die Offenburger Anlage gewinnt – bezogen auf ihr zugeführte Phosphorfracht – rund 70 Prozent Phosphor zurück. Die Anlage hat sich bereits in der Anlaufphase leistungsfähiger erwiesen, als prognostiziert. Weitere Anlagen zur Rückgewinnung von Phosphor sollen in den nächsten Jahren errichtet und betrieben werden. Insbesondere ist eine Anlage geplant, die den Phosphor aus der Klärschlammasche rückgewinnen kann.
Baden-Württemberg setzt weiter auf die Forschung und Entwicklung von Rückgewinnungstechnologien. Zwei wichtige Studien wurden 2014 veröffentlicht: eine Machbarkeitsstudie zur großtechnischen Phosphorrückgewinnung in der Kläranlage in Göppingen und eine Untersuchung zur Rückgewinnung aus Klärschlammaschen in den Verbrennungsanlagen in Stuttgart, Karlsruhe und Ulm/Neu-Ulm. Sie wurden zu 50 Prozent mit insgesamt rund 45 000 Euro vom Umweltministerium finanziert.
Verfahren zur Bewertung des Phosphordüngewerts von Recyclingdüngemitteln
Rückgewinnungsverfahren werden nach folgenden Faktoren beurteilt:
- Effizienz der Phosphorrückgewinnung
- Schadstofffreiheit
- Pflanzenverfügbarkeit des gewonnenen Phosphor-Düngers
Um die Düngewirkung und den Düngewert von Phosphor in Recyclingdüngemitteln standardisiert zu charakterisieren und hierdurch Recycling-Phosphate und herkömmliche Düngemittel miteinander zu vergleichen, hat das Umweltministerium ein standardisiertes Verfahren erarbeiten lassen. Im Februar 2018 haben die Universität Hohenheim und das Landwirtschaftliche Technologiezentrum Augustenberg (LTZ) ihr Verfahren zur Bewertung des Phosphordüngewerts von Recyclingdüngemitteln vorgelegt. Es wird auch bei Verfahren für die Bewertung der gewonnenen Phoshor-Rezyclate angewendet, die mit der EFRE-Förderrichtlinie „Phosphor-Rückgewinnung“ unterstützt werden.