Land und Kommunen bereiten sich gemeinsam auf die sich verändernden klimatischen Verhältnisse vor. Wasserversorgung, Hitzeaktionspläne, Starkregenschutz. In einem Gastbeitrag für das Verbandsmagazin die:gemeinde berichtet Ministerin Thekla Walker, was das Land tut, um die Kommunen zu unterstützen.
In der Öffentlichkeit stehen Politik und Verwaltung im Ruf, oft nicht über Wahl- und Amtsperioden hinaus zu denken. Anfang Mai habe ich vor der versammelten Bürgermeister-Riege des Rhein-Neckar-Kreises über das Jahr 2050 gesprochen. Thema war die Wasserversorgung vor Ort. Sowie konkrete Empfehlungen für Maßnahmen, damit die Kommunen ihren Bürgerinnen und Bürgern auch dann noch sauberes und jederzeit verfügbares Trinkwasser zur Verfügung stellen können,
wenn sich Hitzesommer und lange Dürreperioden häufen. Mich stimmt es optimistisch, dass das Interesse am Blick in eine Zukunft, in der die meisten der Teilnehmerinnen und Teilnehmer nicht mehr in Amt und Würden sein werden, enorm groß war.
Das zeigt mir: Das Thema Anpassung an die Folgen der Erderhitzung ist in den Kommunen und den Köpfen der Entscheidungsträgerinnen und -träger längst angekommen. Genauso wie das Bewusstsein, dass es sich mit der Anpassung an steigende Temperaturen genauso verhält wie mit dem Kampf gegen die Klimakrise selbst: Je entschlossener, frühzeitiger und vorausschauender wir handeln, umso besser geht es uns und unseren Kindern in den kommenden Jahrzehnten.
Der Masterplan Wasserversorgung, den ich im Rhein-Neckar-Kreis vorgestellt habe, ist dafür ein gutes Beispiel. Klimaprognosen bis 2050 zeigen, dass in manchen Teilen des Landes bis zu 20 Prozent weniger Grundwasser neu gebildet werden. Zudem ist insbesondere im Sommer mit einer deutlichen Temperaturzunahme, längeren Trockenperioden und häufigeren extremen Wetterereignissen wie Starkregen zu rechnen. Diese Veränderungen ziehen einen erhöhten Wasserbedarf in der Landwirtschaft und in der Wasserversorgung nach sich. In Summe ist in Baden-Württemberg nicht mit einem Versorgungsproblem zu rechnen. Jedoch sind das Wasserdargebot, also das verfügbare Wasser und die Wassernachfrage, vielerorts ungleich verteilt.
Deshalb schafft der Masterplan Wasserversorgung Detail-Prognosen bis hinunter auf die Ebene der einzelnen Gemeinde.
Das Land erstellt sukzessive bis 2026 für jede Kommune eine Wassermengenbilanz mit einem Zeithorizont bis 2050. Wir erheben Quellenschüttungen und Grundwasserstände und prognostizieren auf der Basis von Langzeitbeobachtungen, Stresstests und Klimaprojektionen das zukünftige Wasser-Dargebot.
Der Masterplan schätzt die Bevölkerungsentwicklung und den zukünftigen Trinkwasserbedarf ab und analysiert die heutige Versorgungsstruktur. Die schon vorliegenden Ergebnisse und bisherigen Prognosen für 2050 zeigen für den Tagesspitzenbedarf während langer Trockenperioden bei über 50 Prozent der Kommunen und Wasserversorger ein größeres Defizit. Das bedeutet nicht zwingend, dass das Wasser ausgeht.
Defizite können auch aus zu niedrigen Wasserbezugsrechten entstehen. Aber diese Daten zeigen, dass es Handlungsbedarf gibt, damit zukünftig bei langanhaltenden Hitzewellen die Trinkwasserversorgung gesichert ist. Der Masterplan gibt dazu konkrete Empfehlungen.
Das entspricht der Grundphilosophie des Landes bei allen Themen rund um Klimawandelanpassung: Wir verstehen uns als Partner der Kommunen. Wir stellen umfangreiche Daten und Entscheidungsgrundlagen bereit. Zugleich vertrauen wir darauf, dass die Verantwortlichen vor Ort nachhaltige Weichenstellungen vornehmen. Nach diesem Prinzip arbeiten wir auch beim übergreifenden Thema Niedrigwasser.
Hier drängt die Zeit. In diesem Sommer haben phasenweise die Hälfte der Landkreise in unterschiedlicher Form die Entnahme von Oberflächen- und Grundwasser beschränkt oder gar untersagt. Das Land baut derzeit ein Niedrigwasser-Informations-Zentrum (NIZ) bei der Landesanstalt für Umwelt (LUBW) auf. Die neuen Stellen werden diesen Herbst besetzt.
Das NIZ wird qualifizierte Niedrigwasser- und Temperaturprognosen erstellen, welche sowohl für verschiedene Nutzergruppen – Wasserversorger, Landwirtschaft, Industrie – als auch im wasserwirtschaftlichen Vollzug genutzt werden.
Kommunen erfahren so früher als bisher, wenn sich ein Wassermangel abzeichnet. Das heißt, sie können auch früher reagieren. Eingriffe wie Entnahmeverbote müssen weniger drastisch sein als wenn der Mangel bereits akut ist. Frühes, vorausschauendes Handeln in Sachen Anpassung an die Erderhitzung ist aber weit mehr als „nur“ das Verhindern von Nachteilen.
Die Herausforderungen des Klimawandels erzeugen Veränderungsdruck. Aber dieser bietet in vielen Bereichen enorme Chancen für die Kommunen.