Für die Klima- und Energiepolitik spielt die Europäische Union eine wichtige Rolle. Da der Klimawandel keine Grenzen kennt, kann er auch nicht alleine auf nationaler oder subnationaler Ebene gelöst werden. Deshalb fällt die Klima- und Energiepolitik in die gemischte Zuständigkeit der Europäischen Union und der Mitgliedstaaten. Klimaschutz ist inzwischen eine der höchsten Prioritäten in der Europäischen Union. Maßgebend ist dabei das Übereinkommen von Paris und damit das Ziel, die globale Erwärmung auf deutlich unter 2 Grad Celsius und, wenn möglich, sogar auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen.
Um konkrete Maßnahmen und die genauen Ziele auszugestalten, müssen sich die Europäische Kommission, das Europäische Parlament und der Europäische Rat einigen. Die Europäische Union hat sich auf dieser Grundlage unterschiedliche Ziele für die Jahre 2020 und 2030 gesetzt und strebt für das Jahr 2050 an, in der gesamten Europäischen Union klimaneutral zu sein.
Klima- und Energieziele der Europäischen Union
Mit einem im Dezember 2019 ausgerufenen „European Green Deal“ stellt die seinerzeit neu ins Amt berufene EU-Kommission den Klimaschutz als eines der zentralen Handlungsfelder ihrer Politik dar. In der Folge wurde 2021 das erste Klimaschutzgesetz auf den Weg gebracht. Ein zwölf Punkte umfassendes Fit for 55-Paket soll die Weichen stellen, bis 2030 die Emissionen in der Europäischen Union um mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 zu senken. Bis 2040 sollen die Emissionen in der Europäischen Union um 88 Prozent zurückgehen, um 2050 die Klimaneutralität mit Netto-Null-Emissionen zu erreichen.
Klimaschutzmaßnahmen der Europäischen Union
Vor allem das Emissionshandelssystem der Europäischen Union und die Lastenteilung zwischen den Mitgliedstaaten dienen dazu, die Minderungsziele umzusetzen. Hinzu kommen verschiedene Richtlinien in den Bereichen erneuerbare Energien oder Energieeffizienz, die die Mitgliedsstaaten in nationales Recht überführt haben. Ein weiterer Regelungsbereich ist der Sektor der Forstwirtschaft und Landnutzung (LULUCF – land use, land use change and forestry).
Der Handel mit Treibhausgas-Zertifikaten ist das zentrale Instrument der Klimapolitik der Europäischen Union. Das Emissionshandelssystem startete bereits im Jahr 2005 und umfasst Kraftwerke und Anlagen im Bereich der Stromerzeugung und der energieintensiven Industrie sowie den europäischen Luftverkehr. Der Emissionshandel umfasst somit europaweit etwa 40 Prozent und in Baden-Württemberg etwa 30 Prozent der Treibhausgasemissionen.
Unter dem Rahmen des Emissionshandelssystems müssen die Betreiber von betroffenen Anlagen Zertifikate als Berechtigung für ihre Emissionen erwerben. Die Gesamtzahl der handelbaren Zertifikate ist begrenzt, sodass sich der Preis aus Nachfrage und Angebot ergibt. Je teurer der Zertifikatspreis, desto höher ist der Anreiz durch geeignete Maßnahmen Emissionen einzusparen oder zu vermeiden.
Im Jahr 2021 begann die vierte Handelsperiode, die in zwei Abschnitten bis 2030 andauert. Nun sinkt die Zahl der handelbaren Zertifikate um jährlich 2,2 Prozent statt wie bisher um 1,74 Prozent, um so das Angebot zu verknappen und Treibhausgasemissionen zu senken. Bereits 2019 hat die EU eine Marktstabilitätsreserve eingeführt, über die nach einem festgelegten Rechenmodell ein zu hoher Überschuss an Zertifikaten abgebaut wird.
Die Vorschläge der Europäischen Kommission vom Juli 2021 sehen vor, dass das bestehende Emissionshandelssystem gestärkt und der lineare Reduktionsfaktor auf 4,2 Prozent heraufgesetzt wird. Außerdem soll das System um den Schiffsverkehr ergänzt werden und kostenlose Zertifikate etwa für den innereuropäischen Luftverkehr schrittweise abgeschafft werden. Hinzu kommt die Einführung eines separaten Emissionshandelssystems für den Gebäudesektor und den Straßenverkehr, welches ab 2026 vollständig in Kraft treten soll.
Emissionen, die nicht unter den Emissionshandel fallen, werden von der sogenannten Lastenteilung („Effort Sharing“) erfasst. Dazu gehören Emissionen von Gebäuden, aus dem Verkehr, der Landwirtschaft und der Abfallwirtschaft.
Ziel ist es, europaweit diese Emissionen bis 2030 um 30 Prozent gegenüber 2005 zu mindern. Dafür hat die Europäische Union ihren einzelnen Mitgliedstaaten je nach Wirtschaftskraft eigene Zielsätze zugewiesen, die diese vor allem durch nationalstaatliche Maßnahmen erreichen sollen (siehe Abbildung; das Vereinigte Königreich ist darin noch aufgeführt, obwohl es die Europäische Union verlassen hat). Die Spannbreite der nationalen Zielsätze reicht dabei von Null bis 40 Prozent. In Deutschland sollen die Emissionen um 38 Prozent sinken.
Infolge der Heraufsetzung des EU-Klimaziels für 2030 sollen jedoch auch die nationalen Zielsätze angepasst werden. Die Europäische Kommission schlägt vor, dass die Emissionen im Rahmen der Lastenteilung um nun 40 Prozent reduziert werden sollen und die nationalen Reduktionsvorgaben künftig zwischen 10 Prozent (Bulgarien) und 50 Prozent (Deutschland und andere Mitgliedstaaten) liegen sollen.
Die Europäische Union unternimmt darüber hinaus weitere Anstrengungen, um die Klima- und Energieziele zu erreichen. So gelten unter anderem für Fahrzeughersteller Vorgaben zu den CO2-Emissionen neuer Pkw und leichter Nutzfahrzeuge, welche auch „Flottengrenzwerte“ genannt werden. Zudem müssen gemäß der Ökodesign-Richtlinie bestimmte Maschinen und vor allem Haushaltsgeräte strengen Energieeffizienzvorgaben genügen. Außerdem bestehen für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union Vorgaben zur Förderung erneuerbarer Energien.
Vielfach agiert die Europäische Union dabei mit dem Instrument einer Richtlinie. Diese sind nicht unmittelbar anwendbar, sondern müssen erst von den Mitgliedstaaten in nationales Recht überführt werden. Die Richtlinien geben daher im Unterschied zu den direkt wirksamen Verordnungen meist einen gewissen Rahmen vor, wobei die Mitgliedstaaten dann über die konkrete Umsetzung selbst entscheiden können. Ein Beispiel ist die Europäische Gebäuderichtlinie (EPBD; Energy Performance in Buidlings Directive), durch welche die Europäische Union bis 2050 einen energieeffizienten und dekarbonisierten (das heißt CO2-freien) Gebäudebestand erreichen will.
Nicht zuletzt stellt die Europäische Union erhebliche finanzielle Mittel für den Klimaschutz bereit.
Der Europäische Grüne Deal
Mit dem im Dezember 2019 vorgestellten „European Green Deal“ strebt die Europäische Kommission an, Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen und dem Umwelt- und Klimaschutz eine hohe Priorität einzuräumen. Die Kommission sieht darin eine neue Wachstumsstrategie, mit der die Europäischen Union zu einem modernen, klimaneutralen, nachhaltigen, ressourceneffizienten und wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort werden soll.
Der Europäische Grüne Deal erstreckt sich auf nahezu alle Wirtschafts- und Lebensbereiche und umfasst eine Vielzahl an Ankündigungen für neue Aktionspläne und Strategien. Die folgende Bilderserie enthält die wichtigsten Elemente des Green Deal in den jeweiligen Bereichen.