Die weltweite Produktion von Kunststoffen ist seit den 1950er-Jahren von 1,7 Millionen Tonnen pro Jahr auf 288 Millionen Tonnen im Jahr 2012 angestiegen. Der Kunststoffbedarf wächst weiter. Ursachen hierfür sind neue Anwendungsgebiete, die Substitution anderer Materialien durch Kunststoffe und der zunehmende Wohlstand in den Schwellenländern.
Mikroplastik in den Meeren
Seit den Neunzigerjahren des letzten Jahrhunderts sind die Problematik des Plastikmülls in den Weltmeeren und die damit verbundenen Folgen für das marine Ökosystem in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Dabei wird verstärkt die Rolle von Mikroplastik diskutiert. Als Mikroplastik werden Plastikpartikel bezeichnet, die kleiner als 5 Millimeter sind. Es gibt zwei Arten von Mikroplastik: primäres und sekundäres Mikroplastik.
Primäres Mikroplastik wird bereits als solches produziert. Das sind industriell gefertigte feine Granulate, die beispielsweise für die Produktion von Kosmetik- oder Hygieneprodukten genutzt werden. So enthalten inzwischen zahlreiche Zahnpasten, Seifen oder Peelings diese kleinen Pellets.
Sekundäres Mikroplastik entsteht durch Abrieb, Verwitterung oder Zersetzung durch UV-Strahlung von großen Kunststoffteilen. Neben den klassischen Partikeln, beispielsweise aus Plastiktüten und Plastikflaschen, werden auch Fasern aus Fleece und anderen synthetischen Materialien gefunden. Im Abwasser von Waschmaschinen finden sich Kunststoffteilchen von mehreren Tausend pro Waschgang.
Weltweit belegen zahlreiche Untersuchungen von Stränden die Belastung mit Mikroplastik.
Mikroplastik in Binnengewässern
Im Oktober 2013 veröffentlichte eine Arbeitsgruppe um Professor Dr. Christian Laforsch an der Universität Bayreuth und Professor Dr. Reinhard Niessner von der Technischen Universität München Untersuchungsergebnisse zum Vorkommen von Mikroplastik im Gardasee in Italien. Im Ufersubstrat waren Konzentrationen festgestellt worden, die mit denen der Meeresstrände vergleichbar sind. Diese Untersuchung fand in den deutschen Medien große Aufmerksamkeit. Weitere Einzeluntersuchungen in den letzten zwei Jahren, bei denen ebenfalls Mikroplastik in Binnengewässern gefunden wurden, lassen eine globale Problematik vermuten. Diese Einzeluntersuchungen wurden von verschiedenen Instituten durchgeführt und betrafen folgende Binnengewässer: die Donau in Österreich, die Seine in Frankreich, den Genfer See in der Schweiz und die Großen Seen in Kanada.
Untersuchungen in Baden-Württemberg und Bayern
Als Reaktion auf die Medienberichte reichten im Spätjahr 2013 Abgeordnete zwei Anträge im Landtag von Baden-Württemberg ein mit der Bitte an die Landesregierung um Bericht zum Thema Mikroplastik.
Die Bayerische Staatsregierung erteilte im Jahr 2014 der Arbeitsgruppe von Professor Laforsch und dem Landesamt für Umwelt Bayern (LfU) den Forschungsauftrag, drei Jahre lang die Verbreitung und die Ökotoxikologie von Mikroplastik in bayerischen Oberflächengewässern zu untersuchen. Im Rahmen dieses Forschungsvorhabens fand am 3. Juli 2014 in Augsburg ein Statuskolloquium statt. Der aktuelle Wissensstand zum Thema Mikroplastik wurde von 14 Referentinnen und Referenten dargestellt. Das Fazit dieser Veranstaltung deckt sich mit den bisherigen Recherchen der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW):
- Die Anreicherung von Mikroplastik in marinen Ökosystemen ist belegt.
- Die Anreicherung von Mikroplastik in Fließgewässern und Seen ist anhand weniger Untersuchungen belegt und muss als flächendeckendes Problem angenommen werden.
- Es gibt keine standardisierten Methoden. Daher sind die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchungen untereinander nicht vergleichbar.
- Mikroplastik wird von Organismen aufgenommen – über seine Wirkungen ist sehr wenig bekannt.
- Medienberichte über Mikroplastik in Lebensmitteln werden nicht als wissenschaftlich belastbar eingestuft.
Die bisher vorliegenden Erkenntnisse über die Belastung von Binnengewässern mit Mikroplastik waren für das baden-württembergische Umweltministerium Anlass, ebenfalls orientierende Untersuchungen in Baden-Württemberg durchzuführen. Für diese Untersuchungen wird das Messschiff „Max Honsell“ der Landesanstalt für Umwelt eingesetzt. Die Landesanstalt für Umwelt konnte Professor Dr. Christian Laforsch auch für diesen Auftrag gewinnen. Dadurch ist die Vergleichbarkeit der bayrischen und baden-württembergischen Untersuchungsergebnisse gewährleistet. Auf der Basis dieser orientierenden Untersuchungen, die voraussichtlich im Herbst 2015 vorliegen, kann das weitere Vorgehen in Baden-Württemberg festgelegt werden.
(Quelle: Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft; Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg)