Unsere Lebens- und Wirtschaftsweise beruht weitgehend auf dem Verbrauch endlicher fossiler Rohstoffe. Dies ist nicht nachhaltig und führt zu teils enormen Belastungen für Umwelt und Klima. Mit der Landesstrategie „Nachhaltige Bioökonomie für Baden-Württemberg” unterstützt die Landesregierung den Wandel zu einer auf erneuerbaren und biologischen Ressourcen beruhenden rohstoffeffizienten und kreislauforientierten Wirtschaft. Dies dient dem Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen und stärkt den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg.
Die Landesstrategie „Nachhaltige Bioökonomie für Baden-Württemberg“ wurde Mitte 2019 von der Landesregierung mit einer Laufzeit bis Ende 2024 beschlossen. Die Fortschreibung der Landesstrategie „Nachhaltige Bioökonomie Baden-Württemberg“ bis 2029 [PDF, 06/24; 5,2 MB] ist darauf ausgerichtet, den baden-württembergischen Unternehmen zukunftsfähige Diversifizierungs- und Entwicklungschancen zu eröffnen. Sie wird vom Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft und vom Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz gemeinsam umgesetzt:
Das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft bearbeitet die Aspekte des Klima- und Ressourcenschutzes, der Luft- und Gewässerreinhaltung sowie die Kreislaufwirtschaft. Wesentliche Schwerpunkte liegen auf der Gewinnung von Rohstoffen aus sekundären Quellen (zum Beispiel Abfall, auch Elektroschrott, Abwasser, CO2 und Abluft) und deren Rückführung in den Wirtschaftskreislauf, auf der Ressourceneffizienz und der Systemintegration.
Das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz verfolgt das Ziel, Rohstoffe der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft effizient und umweltgerecht zu erzeugen, zu hochwertigen Produkten zu verarbeiten und erfolgreich zu vermarkten. Neben der Herstellung gesunder Lebensmittel liegen große Potenziale in der Nutzung biogener Rohstoffe und Nebenströme zur Herstellung funktionaler Materialien. Stoffströme, die sich für andere Verwertungen nicht eignen, werden unter Kreislaufführung der Nährstoffe in erneuerbare Energieträger umgewandelt. Hierbei spielt die Weiterentwicklung von Biogasanlagen zu Bioraffinerien eine zentrale Rolle.
Ziele und Schwerpunkte
Die Fortschreibung der Landesstrategie Nachhaltige Bioökonomie ist darauf ausgerichtet, den baden-württembergischen Unternehmen zukunftsfähige Diversifizierungs- und Entwicklungschancen zu eröffnen. Dadurch sollen Unternehmen dazu befähigt werden, mit einer nachhaltigen und resilienten Wirtschaftsweise neue Quellen für Wertschöpfung, Beschäftigung und Wohlstand zu generieren. Dabei soll die Bioökonomie breitflächig in bereits entwickelte bioökonomische Technologien, Produkte, Wertschöpfungsketten und -kreisläufe integriert werden. Gleichzeitig sollen Akteure vor Ort gestärkt und die Besonderheiten ländlicher und urbaner Regionen berücksichtigt werden.
Vor diesem Hintergrund verfolgt die Landesstrategie die folgenden Ziele:
Die Landesstrategie verfolgt das Ziel, mit innovativen biologischen Konzepten erneuerbare und/oder recycelfähige Rohstoffquellen zu erschließen. Dadurch wird der Einsatz fossiler und geologischer Rohstoffe gesenkt und die Abhängigkeit von Energie- und Rohstoffimporten dauerhaft verringert.
Die Landesstrategie trägt dazu bei, die Umweltgüter – insbesondere den Boden, das Wasser, die Luft und die Biodiversität – als Lebensgrundlagen zukünftiger Generationen zu schonen und zu erhalten, und die Treibhausgasemissionen zu verringern.
Die Landesstrategie zielt darauf ab, die Rolle Baden-Württembergs als Vorreiter und Beispielland für eine Transformation hin zu einer nachhaltigen, kreislauforientierten und regenerativen Wirtschaftsweise auszubauen.
Die Landesstrategie hat zum Ziel, die regionale Wertschöpfung durch innovative bioökonomische Lösungsansätze zu erhöhen und attraktive zukunftsfähige Arbeitsplätze zu schaffen.
Die Landesstrategie unterstützt die Entwicklung und den Export von innovativen Produkten, Verfahren, Technologien und Anlagen. So trägt das Land zur globalen biologischen Transformation bei.
Die Landesstrategie unterstützt Kommunen dabei, die biologische Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft vor Ort zu entwickeln und in die Umsetzung zu bringen.
Potenziale einer nachhaltigen Bioökonomie
Große Potenziale für die Entwicklung der ländlichen Räume liegen in einer verstärkten stofflichen und energetischen Nutzung von Nebenprodukten und Reststoffen aus der Land- und Ernährungswirtschaft sowie von Holz aus nachhaltiger und heimischer Waldbewirtschaftung. Neue Materialien, wie holzbasierte Carbonfasern, die Weiterentwicklung von Biogasanlagen zu Bioraffinerien und die Bewirtschaftung wiedervernässter Moorstandorte schaffen hier neue Entwicklungspotentiale.
Auch für die Industrie und in urbanen Räumen spielt die nachhaltige Bioökonomie künftig eine zunehmend wichtigere Rolle. Abfälle und Abwasser beispielsweise enthalten nutzbare Rohstoffe, die zurückgewonnen werden können. Weitere große Themen sind die Entwicklung von Technologien zur biologischen Gewinnung von anorganischen Rohstoffen wie Metallen, Phosphor und Chemikalien sowie das biotechnologische CO2-Recycling, um Rohstoffe für Energie- und Stoffkreisläufe zu erzeugen – ein Forschungsschwerpunkt der Bioökonomie mit Blick auf den Klimaschutz.
Eine „nachhaltige Bioökonomie“ für Baden-Württemberg orientiert sich an den Nachhaltigkeitsleitsätzen und -zielen des Landes und den Zielen für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen und leistet hierfür Beiträge. Gemäß der Bioökonomiepolitik der Europäischen Union gilt es, Anforderungen aus der Nachhaltigkeitsstrategie vom Ende her in die einzelnen Wertschöpfungsschritte zu implementieren und so zu einem Teil des betrieblichen Qualitätsmanagements zu machen.
Handlungsfelder
Um die Chancen der Bioökonomie für Baden-Württemberg zu nutzen, setzt die Landesregierung mit der Landesstrategie klare Schwerpunkte. Die Maßnahmenpakete sind in drei Handlungsfelder gegliedert.
Dieses Handlungsfeld zielt darauf ab, einen unterstützenden Rahmen für die Erschließung des Wertschöpfungs- und Beschäftigungspotenzials einer nachhaltigen und kreislauforientierten Bioökonomie zu schaffen. Hierbei soll insbesondere die Kooperation zwischen Sektoren unterstützt, und übergreifende Aspekte der Politikgestaltung, Information und Kommunikation sollen bearbeitet werden. Neben der Schaffung geeigneter regulatorischer Rahmenbedingungen soll hier insbesondere die Vernetzung der Akteure und die Qualifizierung und Weiterentwicklung von Fachkräften gefördert werden, um die gesellschaftliche Transformation aktiv zu begleiten und zu gestalten.
Das Handlungsfeld zielt darauf ab, die nachhaltige Versorgung mit Biomasse und eine effiziente, nachhaltige Nutzung der verfügbaren natürlichen Ressourcen sicherzustellen. Der Erhalt der biologischen Vielfalt, die Bewahrung der Bodenfunktion und die Regeneration von Ökosystemen werden dabei berücksichtigt. Mit speziell auf den ländlichen Raum zugeschnittenen Maßnahmen soll die innovative Nutzung von Ressourcen aus der Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft in bestehende Strukturen und Wertschöpfungsketten integriert werden, um die nachhaltige, zirkuläre Bioökonomie breitflächig zu etablieren. Die nachhaltige Erzeugung und Nutzung von Biomasse in hochwertigen, biobasierten Materialien und innovativen Lebensmittelprozessen und die Weiterentwicklung von Biogasanlagen sollen dabei das wirtschaftliche Potenzial und die Strukturentwicklung ländlicher Räume fördern.
Der Fokus der Bioökonomie in industriellen Regionen und urbanen Wirtschaftsräumen liegt auf der verstärkten, nachhaltigen Nutzung sekundärer Rohstoffquellen und den Umwelt- und Qualitätsanforderungen der Produktnutzer. Mit speziell auf die urbanen und industriellen Regionen zugeschnittenen Maßnahmen soll die Bioökonomie breitflächig ausgerollt und in bestehende Strukturen und Wertschöpfungsabläufe integriert werden. Die Nutzung sekundärer Rohstoffquellen zielt dabei darauf ab, Kreisläufe von Nährstoffen, kritischen Rohstoffen und Materialien zu schließen. Neu ist hierbei ein Fokus auf Wasser als Ressource. Neben der Verfügbarkeit spielen auch Aspekte des bioinspirierten Wassermanagements zur Abmilderung und Nutzbarmachung von Starkregenereignissen im urbanen Bereich eine Rolle. Unternehmen und insbesondere Kommunen sollen als wichtige Akteure bei der Systemintegration und dem Roll-out der Bioökonomie unterstützt werden.