Leitmotiv des deutschen Abfallrechts

Abfallvermeidung

Mann im Park

Abfälle sind das Produkt und der Spiegel unserer Wohlstandsgesellschaft. Nahezu alle Dinge, die uns umgeben und mit denen wir uns befassen, ob Einrichtungsgegenstände, Fahrzeuge, Konsumgüter oder Lebensmittel, werden am Ende ihrer Nutzungsphase zu Abfall. Oftmals wird die moderne Produktions- und Konsumgesellschaft daher zu Recht als Wegwerfgesellschaft bezeichnet.

Abfall ist Ausdruck der negativen Seite unseres Wirtschaftens: Enorme Mengen an Rohstoffen und Energieträgern werden aus der Natur extrahiert. Nach Aufbereitung und Produktion werden sie als Konsumgüter zur Bedürfnisbefriedigung zur Verfügung gestellt, um nach Gebrauch schließlich als Abfall zu enden. Jedem Produkt entsprechen ökologische Begleitschäden aus seiner Herstellung, seinem Gebrauch und schließlich seiner Entsorgung.

Wohlstand mit weniger Verbrauch von Ressourcen und weniger Abfällen ist nicht nur denkbar, sondern auch notwendig. Die Ressourcen unserer Erde sind begrenzt und dies engt zunehmend die Entwicklungsmöglichkeiten einer wachsenden Weltbevölkerung ein. Zu bedenken ist auch, dass die Ressourcengewinnung mit vielfachen Umweltbelastungen verknüpft ist und massive Umweltschäden hervorrufen kann. Wer den Umweltschutz ernst nimmt, muss die Rohstoffgewinnung daher auf ein unverzichtbares Mindestmaß begrenzen.

Entkopplung der Ressourcennutzung vom Wirtschaftswachstum

Die Entkopplung der Ressourcennutzung vom Wirtschaftswachstum ist ein zentrales umweltpolitisches Ziel. Vor dem Hintergrund, dass Abfälle stets aus ehemaligen Rohstoffen und Produkten entstehen, leisten Abfallvermeidung und Abfallrecycling einen wesentlichen Beitrag zum Ressourcenschutz. Im Jahr 2002 hat sich die Bundesregierung mit der nationalen Strategie für Nachhaltige Entwicklung zur Nachhaltigkeit als Grundprinzip des politischen Handelns in Deutschland bekannt.

Im Jahr 2012 hat die Bundesregierung das deutsche Ressourceneffizienzprogramm (ProgRess) verabschiedet. Mit dem Programm wird eine möglichst weitgehende Entkopplung des Wirtschaftswachstums vom Ressourceneinsatz sowie die Senkung der damit verbundenen Umweltbelastungen angestrebt. Ein wesentlicher Inhalt dieses Programms ist das Ziel, die Inanspruchnahme von Rohstoffen stark zu reduzieren. Dies ist möglich durch geeignete Abfallvermeidungs-Maßnahmen. Mit ProgRess III wurde das Deutsche Ressourceneffizienzprogramm unter Berücksichtigung aktueller umweltpolitischer Herausforderungen im Juni 2020 zum zweiten Mal fortgeschrieben.

Abfallvermeidung in EU-Recht gestärkt

Die Grundlagen der Abfallvermeidung sind in Kreislaufwirtschaftsgesetz und in stoffstromspezifischen Gesetzen und Verordnungen geregelt. Seit dem Abfallgesetz von 1986 ist die Abfallvermeidung ein Leitmotiv des deutschen Abfallrechts. Als Abfallvermeidungs-Maßnahme wird hierbei jede Maßnahme verstanden, die ergriffen wird, bevor ein Stoff, Material oder Erzeugnis zu Abfall geworden ist und dazu dient, die Abfallmenge, die schädlichen Auswirkungen des Abfalls auf Mensch und Umwelt oder den Gehalt an schädlichen Stoffen in Materialien oder Erzeugnissen zu verringern. Die Abfallvermeidung ist daher unverzichtbarer Teil eines längst notwendigen umfassenden Umstiegs in eine nachhaltige Bewirtschaftung der global zur Verfügung stehenden Ressourcen.

Baden-Württemberg beteiligt sich am Abfallvermeidungsprogramm des Bundes

Mit der im Jahr 2008 neu gefassten Abfallrahmenrichtlinie der Europäischen Union (Richtlinie 2008/98/EG) wurde die Bedeutung der Abfallvermeidung im EU-Abfallrecht weiter gestärkt. Danach sind die Mitgliedsstaaten gehalten, Abfallvermeidungs-Programme aufzustellen.

Mit der Änderungsrichtlinie aus dem Jahr 2018 (Richtlinie (EU) 2018/851) wurde in Artikel 9 ein Maßnahmenkatalog zur Abfallvermeidung ergänzt. Dieser Artikel wurde mit der Novellierung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (Paragraf 33 KrWG) im Oktober 2020 in nationales Recht umgesetzt.

Parallel wurde vom Bund unter Beteiligung der Länder das Abfallvermeidungsprogramm aus dem Jahr 2013 unter Berücksichtigung der neuen Anforderungen fortgeschrieben. Das neue Abfallvermeidungsprogramm „Wertschätzen statt wegwerfen“ wurde im Januar 2021 veröffentlicht. Baden-Württemberg hat aktiv an der Fortschreibung mitgewirkt.

Während sich das erste Abfallvermeidungsprogramm auf mögliche Maßnahmen der öffentlichen Hand konzentrierte, geht es nun darum, auch Bürgerinnen und Bürgern, Unternehmen, Vereinen und anderen Institutionen konkret aufzuzeigen, wie sie Abfälle vermeiden können.

Maßnahmen zur Abfallvermeidung in Baden-Württemberg

Baden-Württemberg hat sich bereits 2012 dafür entschieden, am des nationalen Abfallvermeidungsprogramm mit eigenen Beiträgen aktiv mitzuwirken. Deshalb beauftragte das Umweltministerium 2012 die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW), Ansätze zu ermitteln, wie im gewerblichen und industriellen Bereich die Abfallmengen reduziert werden können. In der Studie „Ideen für mögliche Maßnahmen zur Abfallvermeidung in Baden-Württemberg“ standen die Bereiche Lebensmittelsektor, produzierendes Gewerbe, Baugewerbe und der Groß- und Einzelhandel im Mittelpunkt.

Maßnahmen für Baden-Württemberg

Lebensmittel in Plastik verpackt

Lebensmittelsektor

Die Dispositionssysteme sollten optimiert werden.

robots in a car factory

Produzierendes Gewerbe

In der Produktgestaltung kann noch Abfall reduziert werden.

Neubau mit Gerüst

Baugewerbe

Mit wiederverwendeten Bauteilen wird Abfall vermieden.

Verpackungsmüll

Groß- und Einzelhandel

Mehrweg-Transportverpackungen reduzieren den Müll im Versandhandel.