Zum 10-jährigen Leitstern-Jubiläum feiert die Energieeffizienz im Land einen weiteren Erfolg: Mehr Bewerbungen als je zuvor gingen 2024 für den Wettbewerb des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft „Leitstern Energieeffizienz“ ein. Es wurden zehn Auszeichnungen verliehen.
Schwarzwald-Baar-Kreis auf Platz 1
„Fast alle Stadt- und Landkreise in Baden-Württemberg haben in diesem Jahr am Wettbewerb teilgenommen. Sie engagieren sich für mehr Energieeffizienz, machen Erfolge sichtbar und tragen somit dazu bei, dass sich innovative Ideen im Land verbreiten“, zeigt sich Dr. Michael Münter, Amtschef und Ministerialdirektor im Ministerium, angetan vom Einsatz der Teilnehmenden.
Die besten Stadt- und Landkreise wurden heute in Stuttgart ausgezeichnet. In diesem Jahr gab es zehn Auszeichnungen: Den ersten Platz erreichte der Schwarzwald-Baar-Kreis, der sich in den letzten Jahren kontinuierlich an die Spitze hochgearbeitet hat. Auf Platz zwei kamen punktgleich der Landkreis Göppingen, der schon mehrfach gewonnen hat und der Ortenaukreis, der erst das zweite Mal teilnahm. Den dritten Platz belegt der Landkreis Böblingen, ebenfalls ein Dauerkandidat auf dem Treppchen. Darüber hinaus wurden sechs Sonderpreise verliehen.
Rekord bei der Teilnehmerzahl
Insgesamt bewarben sich in diesem Jahr 41 von 44 Stadt- und Landkreisen um den Leitstern – ein Rekord seit Beginn des Wettbewerbs 2014. Neben Stadt- und Landkreise, die den Kriterienkatalog des „Leitsterns“ besonders gut erfüllen, werden besondere Maßnahmen prämiert, die als Vorbild wichtige Impulse für ganz Baden-Württemberg setzen.
Für ihr großes Engagement in Sachen Energieeffizienz dankte Münter allen Teilnehmenden: „Sie zeigen eindrücklich, wie viele Möglichkeiten es gibt, Energie und damit auch Kosten einzusparen. Mit jeder Idee, jeder Maßnahme sind Sie Impulsgeber für weiteres Klimaschutzengagement und leisten einen wichtigen Beitrag zum Erreichen der Klimaziele.“
Umfangreicher Kriterienkatalog
Von Beginn an begleitet das Zentrum für Sonnenenergie und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) mit seiner Expertise den Wettbewerb. In einem umfangreichen Kriterienkatalog werden unter anderem Energie- und Klimaschutzkonzepte, Einsparziele und deren Monitoring oder Energie-Sparmaßnahmen abgefragt. Auch die bereits messbaren Erfolge bei der Energieeffizienz werden, unter anderem durch das Auswerten in Anspruch genommener Fördergelder, analysiert. So stehen etwa der Energieverbrauch der kreiseigenen Liegenschaften, die Aktivitäten von Unternehmen und Haushalten oder auch dem Verkehrsbereich im Fokus.
Zweites zentrales Thema des Leitsterns ist das Voneinander-Lernen. Die Städte und Landkreise haben die Möglichkeit, sich in regelmäßigen Workshops auszutauschen und Anregungen für weitere Verbesserungen zu erhalten. Ziel ist, dass gelungene Beispiele sich im Land verbreiten und Kräfte gebündelt werden.
Energieeffizienz zentral für Transformation
Professor Dr. Frithjof Staiß, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des ZSW, unterstreicht: „Energieeffizienz ist eines der zentralen Handlungsfelder für die Transformation unseres Energiesystems und für das Erreichen von Klimaneutralität bis 2040. Dabei gilt es insbesondere vor dem Hintergrund knapper kommunaler Kassen, die Kommunen auf diesem Weg strategisch und auch finanziell zu unterstützen. Denn der ‚Leitstern Energieeffizienz‘ zeigt eindrücklich, dass die Stadt- und Landkreise beispielgebende und innovative Ansätze entwickeln und dabei beachtliche Erfolge erzielen.“
Die ausgezeichneten Land- und Stadtkreise 2025
Der Schwarzwald-Baar-Kreis setzt seinen kontinuierlichen Verbesserungsprozess fort und setzt sich nach Rang fünf im Leitstern 2022 erstmals an die Spitze des Gesamtrankings. Bereits beim letzten Wettbewerb überzeugte der Landkreis durch seinen Verbesserungsprozess: Der Kreis wurde als „Bester Aufsteiger“ ausgezeichnet.
Der Schwarzwald-Baar-Kreis baute sein politisches Engagement für Energieeffizienz weiter aus. Mit dem neuen klimapolitischen Leitbild strebt der Landkreis ebenfalls Klimaneutralität bis 2040 an. Besonders positiv ist die intensive Zusammenarbeit der Energieagenturen in den Kreisen Rottweil, Tuttlingen und Schwarzwald-Baar-Kreis hervorzuheben.
Den Spitzenplatz erreicht der Schwarzwald-Baar-Kreis insbesondere dank seiner sehr guten messbaren Erfolge bei der Energieeffizienz. Dies ist in erster Linie auf effiziente Liegenschaften sowie besonders aktive Unternehmen zurückzuführen. So nehmen im Kreis bereits sehr viele Unternehmen Energieeffizienzberatungsprogramme wahr.
Nach dem „Gewinn“ des Leitsterns in den Jahren 2014, 2018 und 2022, erreicht der Landkreis Göppingen mit dem zweiten Rang erneut ein sehr gutes Ergebnis. Damit ist Göppingen der dauerhaft erfolgreichste Kreis im Teilnehmerfeld. Der Landkreis erreicht beim politischen Engagement mit dem siebten Rang weiterhin ein gutes Ergebnis. Hier ist nach wie vor das kreiseigene Klimaschutzkonzept hervorzuheben. Dieses wurde im Jahr 2023 fortgeschrieben, die Zielsetzungen wurden in Richtung der baden-württembergischen Klimaschutzziele angepasst: Klimaneutralität bis 2040.
Besonders positiv ist der Monitoring-Prozess im Kreis, in den ein Klimaschutzbeirat einbezogen wird. So wird externes Knowhow über die unterschiedlichsten Akteure aus Medien, Wissenschaft, Wirtschaft und Politik integriert. Neben dem Indikator zur Programmatik im Bereich Wärme und Strom schneidet Göppingen auch bei den Indikatoren zu Effizienzzielen sowie zu Energieagentur und Vernetzung sehr gut ab.
Bei der Bewertung der messbaren Erfolge ist der Kreis bei der Energieeffizienz der eigenen Liegenschaften im Bereich Wärme besonders gut. Es werden vergleichsweise viele Energieberatungen durchgeführt, was sich bereits in umgesetzten Energieeffizienzmaßnahmen zeigt.
Der Ortenaukreis erreicht erstmals eine Platzierung unter den besten drei. Im Vergleich zum letzten Wettbewerb konnte der Landkreis sein Ergebnis um zwölf Plätze deutlich verbessern – und das bei gleichzeitig gestiegener Teilnehmerzahl. Einen deutlichen Sprung nach vorne macht der Kreis bei der Bewertung des politischen Engagements. Dies liegt insbesondere am neuen integrierten Klimaschutzkonzept und den damit verabschiedeten Zielsetzungen: Der Ortenaukreis orientiert sich vollständig an den Zielsetzungen des Landes Baden-Württemberg.
Bei den messbaren Erfolgen verbessert sich der Kreis erneut und erreicht nach Platz sieben nun den vierten Rang. Dies ist unter anderem auf besonders effiziente Liegenschaften zurückzuführen. Auch bei der Inanspruchnahme von Effizienzförderprogrammen durch Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen zeigen sich Erfolge.
Nach dem erfolgreichen zweiten Rang beim letzten Leitstern, erreicht der Landkreis Böblingen erneut die TOP 3. Im Wesentlichen ist dies auf das große politische Engagement im Bereich Energieeffizienz zurückzuführen. Böblingen konnte sich weiter steigern und liegt hier in Summe knapp hinter dem Spitzenreiter. Bei nahezu allen Indikatoren liegt der Kreis im Spitzenfeld, wenn nicht sogar an der Spitze, etwa im Bereich Verkehr oder bei der Vorbildfunktion. Bei den messbaren Erfolgen schneidet der Landkreis Böblingen mit seiner energieeffizienten Industrie besonders gut ab. Auch im Bereich Elektromobilität ist der Kreis sehr erfolgreich.
Der Spitzenreiter Schwarzwald-Baar-Kreis erhält in diesem Jahr auch den Sonderpreis für die größten Erfolge bei der Energieeffizienz. Der Kreis verbessert sich um weitere zwei Plätze und setzt sich auch hier an die Spitze des kreisweiten Vergleichs. Der Wärme- und Strombedarf der Liegenschaften ist im Vergleich sehr niedrig. Um den Schwarzwald-Baar-Kreis beim nächsten Leitstern wieder einholen zu können, müssen sich die weiteren Wettbewerber kräftig anstrengen: Aufgrund der großen Beratungsaktivitäten im Kreis ist davon auszugehen, dass dies in entsprechende Effizienzmaßnahmen münden dürfte, wodurch der Kreis sich bei den messbaren Erfolgen sicher noch weiter verbessern kann.
Der Sonderpreis „Bester Aufsteiger“ geht dieses Jahr an den Landkreis Heilbronn. Der Landkreis machte sowohl nach Punkten als auch nach Platzierungen den mit Abstand größten Sprung nach vorne: Die Punktzahl im Gesamtergebnis nahm um 0,314 Punkte sehr deutlich zu, was einen Sprung vom letzten Rang (Rang 38) auf den achten Rang bedeutet.
Die erfreuliche Entwicklung ist dabei sowohl auf ein stärkeres Engagement für Energieeffizienz als auch auf gesteigerte Effizienzerfolge zurückzuführen. Mit dem 2023 beschlossenen integrierten Klimaschutzkonzept, der damit angestrebten Klimaneutralität 2040 und vielen weiteren Aktivitäten im Bereich Energieeffizienz erreicht der Landkreis bei den Input-Indikatoren nun fast die Top Ten. Auch bei den messbaren Erfolgen verbessert sich der Kreis. Die Unternehmen nehmen etwa das BAFA-Förderprogramm zu Klima- und Kälteanlagen am stärksten in Anspruch.
Beim Leitstern 2022 ging dieser Sonderpreis an Stuttgart. Dieses Jahr wird die Landeshauptstadt von der badischen Hauptstadt Karlsruhe überholt. Karlsruhe erzielt im diesjährigen Wettbewerb den sechsten Rang und verbessert sich damit um drei Plätze.
Dieses sehr gute Ergebnis ist insbesondere auf das politische Engagement für Energieeffizienz zurückzuführen: Bei allen Input-Indikatoren erreicht die Stadt eine Platzierung in der Spitzengruppe. Bei den messbaren Erfolgen, bei denen die Stadtkreise es aufgrund ihrer Strukturen immer etwas schwerer haben, erzielt Karlsruhe aufgrund einer energieeffizienten Industrie und beim Ausbau von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen teilweise sehr gute Ergebnisse.
Mit der Sanierung der Uhlandschule zu einer Plusenergieschule zeigte die Stadt auf, dass sich mit nur relativ geringen Mehrkosten der Energiestandard entsprechend erhöhen lässt. Die Gebäudehülle und die Anlagentechnik der Uhlandschule wurden ganzheitlich saniert, innovative Wärmedämmmaterialien eingebaut und Lüftungskonzepte mit Wärmerückgewinnung umgesetzt. Dadurch konnte der Energieverbrauch in den Bereichen Wärme und Strom deutlich reduziert werden.
Sonnenenergie und Erdwärme decken den Bedarf für Strom und Wärme vor Ort. Aufbauend auf den Erfahrungen und Erkenntnissen der Sanierung der Uhlandschule wurde im Jahr 2020 die Energierichtlinie der Landehauptstadt Stuttgart fortgeschrieben und höhere Sanierungsstandards eingeführt.
Die Sanierung der „Eiswelt“ auf der Waldau zeigt, dass auch komplexe und energieintensive Gebäude für die Erreichung von Klimaneutralität umfassend saniert werden müssen und können. Mit umfassenden Energieeffizienzmaßnahmen, Integration von Abwärme aus der Kälteerzeugung, dem Einsatz von Wärmepumpen und der Installation von PV-Anlagen konnte eine Einsparung von Endenergie in Höhe von 72 Prozent gegenüber 2018 erreicht werden.
Der Sanierungsfahrplan „Auf dem Weg zur Klimaneutralen Liegenschaft 2030“ wurde eine Priorisierung der Maßnahmen zur Wandlung der städtischen Liegenschaften hin zur Klimaneutralität hinsichtlich einer ämterübergreifenden Indikation zum energetischen Zustand vorgenommen. Die komplexe Verknüpfung der verschiedenen Ämter, der Sanierungszustand und die Energiebereitstellung der einzelnen Liegenschaften sowie der Sanierungsmaßnahmen erfolgt in einem zentralen Sanierungsfahrplan auf Gebäudeebene mittels detailliertem energetischen Steckbrief für jede städtische Liegenschaft.
Die Jury bewertete bei den eingereichten Maßnahmen insbesondere das Zusammenspiel von Verknappung und Angebotsausweitung alternativer Verkehrsmittel positiv. Die Maßnahmen sind Bestandteil des 2023 verabschiedeten Klimamobilitätsplans Freiburg 2030.
Dazu gehört: Freiburg baut sein Radnetz weiter umfassend aus. Bis 2030 werden weitere Rad-Vorrang-Routen und erstmalig auch Radschnellwege, welche die umliegenden Regionen mit der Stadt verbinden, entstehen. Zu den Maßnahmen, die gemäß dem Plan umgesetzt werden sollen, gehören die Realisierung von vier regionalen Radschnellwegen und fünf Rad-Vorrangrouten sowie der Ausbau und die Optimierung im übrigen Radnetz, die Lücken schließen und Sicherheit und den Komfort des Radfahrens im Kreis verbessern sollen.
Neben dem Radnetz soll auch das Stadtbahnnetz bis 2030 um weitere drei Strecken erweitert werden.
Abgerundet wird der Maßnahmenmix mit dem Parkraummanagement. Um nicht nur für Fahrten in die Innenstadt und die innenstadtnahen Quartiere, sondern möglichst für alle Wege einen starken Anreiz zu setzen, andere Verkehrsmittel als das Auto zu nutzen, werden in einem systematischen und klar kommunizierten Ansatz die heute in großen Teilen des Stadtgebiets kostenfreien Parkplätze im öffentlichen Raum schrittweise in die Parkraumbewirtschaftung einbezogen. So soll die Parkraumbewirtschaftung sukzessive ausgeweitet werden, bis 2030 die Hälfte des öffentlichen Parkraums umfasst sein wird.
Gleichzeitig werden bestehende Kfz-Parkplätze umgenutzt und die freiwerdenden Flächen für umweltfreundliche Fortbewegungsmittel oder Fußgängern zur Verfügung gestellt. Die Gebühren für Parkscheine sollen 10 Prozent alle zwei Jahre angehoben werden. Außerdem liegt ein Beschluss vor, wonach die Kosten von Bewohnerparkausweisen in Abhängigkeit zur Fahrzeuggröße aufkommensneutral angepasst werden sollen.
Der Landkreis Göppingen überzeugte die Jury mit seinem umfassenden Maßnahmenangebot zur Klimakommunikation, über die verschiedene Akteursgruppen im Kreis adressiert werden.
Mit der im Klimaschutzkonzept 2023 hinterlegten Maßnahme „Attraktivitätssteigerung der Berufsbilder zur Förderung des Klimaschutzes“ sollen Schulabgänger im letzten Schuljahr für Klimaberufe begeistert werden, zum Beispiel als Handwerker zur Installation von Solarpanelen oder als Umweltingenieur. Hierdurch will der Landkreis ein zusätzliches Angebot schaffen, mehr Fachkräfte im Klimaschutz zu gewinnen. Schülerinnen und Schüler, die selber keinen Klimaberuf ergreifen möchten, werden auf klimafreundliche Arbeitgeber aufmerksam gemacht.
Als weitere Zielgruppe für Klimakommunikation wurden Sportvereine ausgemacht. So können im Landkreis über den Turngau Staufen mehr als 200 Sportvereine mit mehr als 80.000 Mitgliedern erreicht werden. In regelmäßigen Vereinsvorstandsrunden wurden zunächst Handlungsbedarfe diskutiert und Unterstützungsmöglichkeiten der Energieagentur präsentiert. Dies hat bereits zu Erfolgen geführt: Es wurden PV-Anlagen auf Parkflächen installiert und Energiemanagement in Sportanlagen eingeführt.
Seit 2023 unterstützt der Landkreis Göppingen seine Kreiskommunen auch bei der Klimaanpassung. Es soll das ständige Grundangebot für die Kreiskommunen um das Thema Klimawandelanpassung erweitert werden, etwa durch eine thematische Ergänzung der Klimawerkstätten, die die Energieagentur in Kommunen mit deren Verwaltung und Gemeinderäten durchführt. Des Weiteren wird der bestehende Klimaschutzbeirat um ein Mitglied aus dem Gesundheitssektor erweitert.