Das Engagement vieler Stadt- und Landkreise in Baden-Württemberg für mehr Energieeffizienz steht unter einem guten Stern: mehr Bewerber als je zuvor haben in diesem Jahr am Landeswettbewerb „Leitstern Energieeffizienz“ teilgenommen.
Unter einem guten Stern steht das Engagement vieler Stadt- und Landkreise in Baden-Württemberg für mehr Energieeffizienz. Mit 38 Bewerbern haben in diesem Jahr so viele Kreise wie nie zuvor am Wettbewerb „Leitstern Energieeffizienz“ teilgenommen. Mit diesem Wettbewerb des baden-württembergischen Umweltministeriums sollen innovative Ideen und Erfolge bei der Energieeffizienz sichtbar gemacht werden.
Die besten Stadt- und Landkreise hat Umwelt- und Energieministerin Thekla Walker heute (10.05.) in Stuttgart ausgezeichnet. In ihrer Laudatio stellte sie die große Bedeutung des Einsatzes der Bewerberkreise heraus: „Die sprunghaft gestiegenen Energiekosten im Jahr 2022 stellten uns alle vor große Herausforderungen. Dass es viele Möglichkeiten gibt, um Energieeinsparungen zu realisieren und damit weitere Kostensprünge zu vermeiden, haben viele Stadt- und Landkreise in Baden-Württemberg eindrücklich bewiesen.“
In diesem Jahr konnten sich elf Stadt- und Landkreise die begehrte Auszeichnung sichern: Den ersten Platz erreichte der Landkreis Göppingen, auf Platz zwei kam der Landkreis Böblingen, den dritten Platz teilen sich die Landkreise Freudenstadt und Rottweil. Daneben wurden noch sieben Sonderpreise vergeben.
Für ihr unermüdliches Engagement in Sachen Energieeffizienz dankte Ministerin Walker den ausgezeichneten Stadt- und Landkreisen aber auch allen anderen Bewerbern: „Mit ihren kreativen Ideen und Maßnahmen sind Sie wichtige Vorbilder, die einen unverzichtbaren Beitrag leisten, damit wir unsere Klimaziele erreichen können und so unsere Erde schützen. Und Ihre Bemühungen strahlen aus: auf die Bevölkerung, Wirtschaft und andere Kreise“, bedankte sich Ministerin Walker bei allen Teilnehmenden.
Bewerberzahl weiter angestiegen
Insgesamt bewarben sich in diesem Jahr 38 von 44 Stadt- und Landkreisen um den Leitstern. Das sind sieben mehr als beim vergangenen Mal und ein Rekord seit Beginn des Wettbewerbs im Jahr 2014. Ausgezeichnet werden Stadt- und Landkreise, die den Kriterienkatalog des „Leitsterns“ besonders gut erfüllen. Zudem werden besondere Maßnahmen prämiert, die als Vorbild wichtige Impulse für ganz Baden-Württemberg setzen.
Seit seinem Beginn begleitet das Zentrum für Sonnenenergie und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) mit seiner Expertise den Wettbewerb. Das Forschungsinstitut hat einen umfangreichen Kriterienkatalog entwickelt, der mittlerweile 59 Einzelindikatoren umfasst. Darin werden unter anderem Energie- und Klimaschutzkonzepte, Monitoring oder Energie-Sparmaßnahmen abgefragt. Auch die bereits messbaren Erfolge bei der Energieeffizienz werden analysiert; dazu gehören beispielsweise der Energieverbrauch der kreiseigenen Liegenschaften, die Aktivitäten von Unternehmen und Haushalten sowie der Verkehrsbereich. Außerdem haben die Städte und Landkreise die Möglichkeit, sich in regelmäßigen Workshops am ZSW auszutauschen und Anregungen für weitere Verbesserung zu erhalten.
Professor Dr. Frithjof Staiß, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des ZSW, unterstrich: „Große Herausforderungen liegen vor uns: Das Ziel der Klimaneutralität bis 2040 und die Transformation unseres Energiesystems zu einer Vollversorgung auf der Basis Erneuerbarer Energien lassen sich nur erreichen, wenn wir sehr viel effizienter mit Energie umgehen: Denn jede durch Energieeffizienzmaßnahmen nicht benötigte Kilowattstunde hilft deshalb bei dieser Transformation. Der „Leitstern Energieeffizienz“ zeigt eindrücklich, dass die Stadt- und Landkreise hier beachtliche und beispielgebende Erfolge vorzuweisen haben. Dies zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“
Die ausgezeichneten Land- und Stadtkreis 2023
Der Landkreis Göppingen war bereits Sieger der Wettbewerbe in den Jahren 2014 und 2018. Auch sonst befand sich der Kreis in der Vergangenheit stets in der Spitzengruppe. Beim Leitstern 2022 konnte sich der Landkreis erneut die Spitzenposition sichern. Den Ausschlag dafür haben insbesondere die Verbesserungen bei den messbaren Erfolgen gegeben. Deutlich gesteigert hat sich der Landkreis im Vergleich zum Wettbewerb 2020 bei der Inanspruchnahme von Energieberatungen für Haushalte und Unternehmen. So bestehen gute Chancen, dass dieses Engagement in zukünftigen Effizienzmaßnahmen mündet.
Zudem ist nach wie vor das kreiseigene Klimaschutzkonzept hervorzuheben, das aktuell überarbeitet und neue Zielsetzungen erhält. In den Monitoringprozess bezieht der Kreis einen Klimaschutzbeirat ein, der mit unterschiedlichsten Akteuren aus Medien, Wissenschaft, Wirtschaft und Politik besetzt ist. Sehr gut schneidet Göppingen auch bei den Indikatoren zu Effizienzzielen sowie zu Energieagenturen und Vernetzung ab.
Der Landkreis Böblingen verbessert sich gegenüber 2020 deutlich und springt auf den zweiten Platz des Wettbewerbs. Im Wesentlichen liegt das an besseren Ergebnissen beim politischen Engagement. Hier erzielt der Landkreis insgesamt den dritten Rang und überzeugt bei nahezu allen Indikatoren zum politischen Engagement zur Steigerung der Energieeffizienz. Beim Indikator zu den Energieagenturen nimmt der Kreis sogar die Spitzenposition ein.
Aber auch bei den messbaren Erfolgen kann der Kreis trotz des deutlich größeren Teilnehmerfelds zulegen. Hier schneidet Böblingen bei den Indikatoren zum Verkehr wie den Zulassungszahlen von Elektro-Pkws oder den Ausgaben für die Radwegeinfrastruktur besonders gut ab. Auch bei den Industrieindikatoren erzielt der Kreis gute Ergebnisse.
Nach einem guten neunten Platz im vergangenen Wettbewerb hat der Kreis einen großen Sprung nach vorne gemacht und landet in diesem Jahr auf dem dritten Rang. Dies ist maßgeblich auf die messbaren Erfolge zurückzuführen. Sein sehr gutes Ergebnis im vorigen Wettbewerb kann Freudenstadt hier bestätigen und sogar noch weiter zulegen. Besonders positiv sind dabei die Indikatorenergebnisse zu den Effizienzaktivitäten der Industrie hervorzuheben. Die dynamischen Indikatoren – also die Indikatoren, die die Entwicklung in den vergangenen Jahren betrachten – zeigen die Fortschritte der Industrie deutlich.
Aber auch beim politischen Engagement zeigen sich deutliche Steigerungen. Hier verbessert sich Freudenstadt vor allem bei den Indikatoren zur Programmatik im Verkehrsbereich und zu den Energieagenturen deutlich.
Der Landkreis Rottweil ist ein Leitstern-Teilnehmer der ersten Stunde und damit einer von zwölf Kreisen, die von Anfang an mit dabei sind. Nach dem Gewinn des Leitsterns im Jahr 2020 konnte der Landkreis erneut ein sehr gutes Ergebnis erzielen und liegt punktgleich mit dem Landkreis Freudenstadt auf dem dritten Rang.
Das gute Abschneiden liegt unter anderem an den Aktivitäten des Kreises zur Programmatik, das ein umfassendes Monitoring sowie Maßnahmen einschließt. Beim Energiemanagement der eigenen Liegenschaften führt der Kreis seit 2018 das Ranking an. Die gute und intensive Zusammenarbeit der Kreise Rottweil, Schwarzwald-Baar-Kreis und Tuttlingen im Rahmen einer gemeinsamen Energieagentur spiegelt sich bei den Ergebnissen zum gleichlautenden Indikator wider.
Auch bei den messbaren Erfolgen bleibt der Landkreis Rottweil weiter erfolgreich; die Akteure im Kreis nehmen das Energieberatungsangebot weiter an. Dies zahlt sich aus: Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen aus dem Kreis nehmen Effizienzförderprogramme noch stärker in Anspruch.
Der Landkreis Freudenstadt erhält in diesem Jahr einen weiteren Leitstern: Den Sonderpreis für das beste Ergebnis bei den messbaren Erfolgen. Freudenstadt konnte sein gutes Ergebnis in dieser Indikatorengruppe aus dem vorigen Wettbewerb weiter verbessern und macht nicht nur einen deutlichen Sprung in der Punktzahl nach oben, sondern erreicht damit auch den ersten Rang in dieser Sonderpreiskategorie. Neben den Effizienzfortschritten in der Industrie nehmen in Freudenstadt auch die Bevölkerung und die Unternehmen Energiesparberatungen rege in Anspruch. Und das mit großem Erfolg: besonders Unternehmen setzen anschließend viele geförderte Effizienzmaßnahmen um.
Der diesjährige Sonderpreis „Bester Aufsteiger“ wird an den Schwarzwald-Baar-Kreis vergeben. Der Kreis machte sowohl nach Punkten als auch nach Platzierungen den mit Abstand größten Sprung nach vorne: von Rang 22 auf Rang 5. Und dies trotz deutlich gestiegener Teilnehmerzahl.
Diese besonders positive Entwicklung ergibt sich maßgeblich aus den deutlichen Verbesserungen bei den Indikatoren, die das politische Engagement für Energieeffizienz bewerten. Hier konnte der Schwarzwald-Baar-Kreis seine Punktzahl in etwa verdoppeln. Der Grund für dieses gute Abschneiden ist die Erstellung und Umsetzung eines eigenen integrierten Klimaschutzkonzepts. Zudem hat sich auch das Energiemanagement der eigenen Liegenschaften deutlich intensiviert. Des Weiteren schlägt sich die Kooperation mit den Landkreisen Rottweil und Tuttlingen positiv beim Indikator zu den Energieagenturen nieder.
Der Sonderpreis für den besten Stadtkreis geht dieses Mal an die Stadt Stuttgart. Die Landeshauptstadt erzielt im diesjährigen Wettbewerb den sechsten Rang. Dies ist vor allem auf das politische Engagement im Effizienzbereich zurückzuführen: Die Stadt Stuttgart liegt bei den Input-Indikatoren insgesamt an der Spitze des Vergleichs.
In allen Indikatoren schneidet Stuttgart hier gut bis sehr gut ab. Hervorzuheben ist die äußerst ambitionierte Zielsetzung, bis 2035 Klimaneutralität zu erreichen. Dieses Klimaziel ist mit einem entsprechenden Konzept in Verbindung mit entsprechenden Maßnahmen unterlegt.
Zudem zahlt sich das hohe Engagement im ÖPNV oder den Elektro-Pkws aus: Stuttgart führt die Kategorie zu den Verkehrsindikatoren bei den messbaren Erfolgen mit deutlichen Abstand an.
Die Jury überzeugte insbesondere der ganzheitliche Ansatz, der beim CO2-neutralen Neubau der Straßenmeisterei in Münsingen verfolgt wurde. Die Wärmeversorgung des Gebäudes erfolgt vollständig über eine Holzhackschnitzelanlage, deren Brennstoff aus den Straßenbegleitflächen stammen. Eine zusätzlich Photovoltaik-Anlage mit rund 300 Kilowatt Leistung wurde auf dem Dach installiert. Und beim Bau des Gebäudes kamen ausschließlich Holz aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern zum Einsatz, bei Beton-Bauteilen teilweise Recyclingbeton.
Für die Fahrzeugwäsche und die Herstellung der Salzsole für den Winterdienst setzt die Straßenmeisterei ausschließlich Regenwasser ein. Dazu wird das Regenwasser in einer Zisterne, die sich unter dem Betriebsgebäude befindet gesammelt. Das Feuchtsalz für den Winterdienst wird seit vielen Jahren im Landkreis selbst produziert. Mit dem Neubau der Straßenmeisterei erfolgt nun die Produktion der Sole für den Winterdienst vollständig selbst. Dies erspart zusätzlich den Einkauf und den Antransport über Straßentankfahrzeuge.
Im Rahmen der Maßnahme „Jeder Tropfen zählt“ erhielten im Oktober 2021 alle Haushalte einer Pilotkommune eine Sammelflasche, um gebrauchte Speisefette zu sammeln. In Sammelautomaten könnten diese Flaschen dann abgegeben und gesammelt werden. Das schützt einerseits das öffentliche Kanal- und Abwassersystem und andererseits wird ein wertvoller nachhaltiger Rohstoff gewonnen, mit dem Treibhausgas-Emissionen im Verkehr reduziert werden können. Das Modellprojekt verlief so erfolgreich, dass es in der Zwischenzeit auf den gesamten Hohenlohekreis ausgedehnt wurde.
Auch im Bereich der Tauschbörsen ist der Hohenlohekreis sehr aktiv. So bestehen im Kreis mehrere lokale Tauschinitiativen, bei denen neben dem eigentlichen Tauschen auch der soziale Austausch eine Rolle spielt.
Eine weitere Maßnahme des Landkreises: in Kooperation mit dem Eigenbetrieb Abfallwirtschaft Hohenlohekreis arbeitet die Arbeitsinitiative Hohenlohekreis (AIH) noch brauchbare Möbelstücken auf. Dabei werden auch soziale Ziele verfolgt: mit ihrem breit gefächerten Spektrum an bedarfsorientierten und innovativen Projekten und Maßnahmen unterstützt die Arbeitsinitiative seit 1996 arbeitslose, benachteiligte sowie von Arbeitslosigkeit bedrohte Menschen bei der gesellschaftlichen, sozialen und beruflichen (Re)Integration.
Der Jury-Sonderpreis in der Kategorie „Innovative Recycling-, Wiederverwendungs- und Abfallvermeidungsprojekte“ wird ebenfalls an den Landkreis Ravensburg verliehen.
Die vom Landkreis Ravensburg erarbeitete Abfallvermeidungsstrategie beinhaltet neben Hintergrundinformationen auch eine Ist-Analyse über das Abfallaufkommen im Landkreis und über vorhandene Leih- und Reparaturservices sowie Gebrauchtwarenbörsen. Zudem ermöglichen konkrete Maßnahmen, Abfällen sowohl für private Haushalte als auch für die Verwaltung als Abfallerzeuger selbst zu vermeiden. Dazu gehören die Förderung von Mehrweggeschirr für die
Gastronomie, Förderung von Mehrwegwindeln, Förderung von Foodsharing-Stationen oder die Aktion Gelbes Band, bei der Obstbäume und Sträucher markiert und so die Früchte für den allgemeinen Verzehr freigegeben werden.
Eine Vorreiterrolle will der Landkreis Ravensburg zukünftig beim Einsatz von Recycling-Baustoffen einnehmen. So umfasst die Abfallvermeidungsstrategie zum einen den Maßnahmenkatalog „Einsatz von recyceltem Bauschuttmaterial“. Zum anderen wird der Einsatz von Recycling-Beton vorangetrieben wie beim Neubau einer Sporthalle in Wangen, bei der die Betonteile aus Recyclingbeton gefertigt werden sollen.
Für ihre vielfältigen Maßnahmen zur Nutzersensibilisierung im Bereich Mobilität zeichnete die Jury die Stadt Heidelberg mit dem Sonderpreis aus. Mit dem Förderprogramm „Umweltfreundlich mobil“ unterstützt die Stadt finanziell den Umstieg auf den ÖPNV, den Radverkehr, aber auch alternative Antriebe und Kraftstoffe auf vielfältige Weise.
Unter dem Motto „clever unterwegs“ werden Angebote für Kinder im Grundschulalter geschaffen. Ein Beispiel sind Mobilitätstage an Grundschulen. Im Vordergrund stehen hier das Erleben und Ausprobieren mit Fahrradparcours, Fahrradcheck, Dunkeltunnel, Busschule, Schulwegtraining oder Bewegungs- und Geschicklichkeitsangebote. Ein weiteres Angebot ist der „laufende Schulbus“: Hier gehen Grundschulkinder gemeinsam in Gruppen zu Fuß zur Schule und werden dabei – zumindest in der Anfangszeit – von einer erwachsenen Person begleitet. Der laufende Schulbus „hält“ genau wie ein Linienbus zu bestimmten Zeiten an festen Haltestellen auf dem Weg zur Schule.
Die Förderung von betrieblichen Mobilitätsmanagements rundet den breiten Maßnahmenmix zur Nutzersensibilisierung ab. So hat Heidelberg ein Förderprogramm initiiert, bei dem externe Berater Unternehmen und Institutionen bei der Einführung eines betrieblichen Mobilitätsmanagements unterstützen. Ziel ist es, Verkehrsströme effizienter und nachhaltiger zu gestalten, die Pendlersituation zu verbessern und die Kosten zu senken.