Die Landesregierung hat den „Fortschrittsbericht zur Wasserstoff-Roadmap Baden-Württemberg“ beschlossen. Die darin festgehaltenen Maßnahmen werden in den kommenden Jahren umgesetzt, um die Wasserstoffversorgung des Landes ab spätestens 2030 zu garantieren.
Die Landesregierung hat am Dienstag (9. Mai 2023) den „Fortschrittsbericht zur Wasserstoff-Roadmap Baden-Württemberg“ beschlossen. Die darin festgehaltenen Maßnahmen werden in den kommenden Jahren umgesetzt, um die Wasserstoffversorgung des Landes ab spätestens 2030 zu garantieren. „Wir stehen vor der gewaltigen Herausforderung, die fortschreitende Klimakrise einzudämmen. Im Jahr 2040 wollen wir komplett klimaneutral sein. Überall dort, wo nicht auf elektrische Energie umgestellt werden kann, brauchen wir Wasserstoff“, betonte Ministerpräsident Winfried Kretschmann. „Wasserstoff ist deshalb ein zentraler Baustein für die Energiewende und den Klimaschutz. Die Versorgung mit grünem Wasserstoff und der Anschluss an ein nationales und europäisches Wasserstoffnetz ist für den Ausstieg aus fossilen Energien und die Wettbewerbsfähigkeit unseres Industrielandes eminent wichtig.“
Im Fokus stehen Wasserstoff-Infrastruktur und der künftige Bedarf
Die Grundlage für die Fortschreibung der Wasserstoff-Roadmap Baden-Württemberg von 2020 ist ein Sieben-Punkte-Plan (PDF) des Wasserstoffbeirats BW, ein hochrangig besetztes Gremium aus Wirtschaft, Wissenschaft, Kommunen und Verbänden. Als dringlichste Umsetzungsschritte empfiehlt der Beirat, die Themen Infrastrukturausbau, die ausreichende Bereitstellung von Wasserstoff sowie das Ermitteln des künftigen Bedarfs anzugehen und politisch zu flankieren.
Energieministerin Thekla Walker erklärte: „Wir wollen für Baden-Württemberg bis 2030 erste Pipeline-Anschlüsse an das deutsche und europäische Wasserstoffnetz, möglicherweise bereits ab 2028 im Raum Freiburg. Die Weichen dafür müssen jetzt gestellt werden.“ Beim Bund und in der EU setze man sich konsequent dafür ein, schnellstmöglich die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen. „Wir werden insbesondere darauf achten, dass der Ausbau der Erzeugungskapazitäten auch im Süden Deutschlands erfolgen kann.“
Zugleich habe das Ministerium für Umwelt, Klimaschutz und Energiewirtschaft eine neue Wasserstoff-Bedarfsanalyse auf den Weg gebracht. „Denn wir wissen, dass der Wasserstoffbedarf bereits im Jahr 2030 deutlich höher sein wird als bisher angenommen. Wir brauchen hier verlässliche Zahlen – das ist für den Ausbau und die Umstellung der Infrastruktur essentiell“, betonte die Ministerin.
Gemeinsam mit der Plattform H2BW, dem Fernleitungsnetzbetreiberterranets bw, dem Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertag und weiteren Verbänden startete das Land Ende April 2023 eine Kommunikations-Kampagne, eine Bedarfserhebung und eine wissenschaftliche Analyse.
500 Millionen Euro Fördermittel bereits wirksam
Gleichzeitig informiert der Fortschrittsbericht über die bisher umgesetzten Maßnahmen der Roadmap – darunter eine Vielzahl an Leuchtturmprojekten. Dadurch sind bereits rund 500 Millionen Euro Fördermittel in Projekten im Land wirksam. „Baden-Württemberg positioniert sich insbesondere wissenschaftlich und technologisch sehr gut für den Wasserstoffhochlauf. Darauf können wir gezielt aufbauen“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann.
Von hoher industriepolitischer Bedeutung sind insbesondere die fünf Important Projects of Common European Interest (IPCEI-Projekte) in Baden-Württemberg. Die Förderung dieser Projekte soll die Entwicklung von Wasserstofftechnologien entscheidend vorantreiben und Wertschöpfung im Land erhalten sowie Arbeitsplätze sichern.
Wasserstoff macht laut Prognose des Nationalen Wasserstoffrates vom Februar 2023 in 2040 rund 15 Prozent des Endenergieverbrauchs in Baden-Württemberg aus (bei Annahme: 197 Terrawattstunden Endenergieverbrauch in BW, davon 30 TWh Wasserstoffbedarf). Der größte Wasserstoffbedarf fällt im Energiesektor an. Jede zweite Kilowattstunde (kWh) Wasserstoff (also 50 Prozent) wird 2040 in diesem Sektor verortet. Darüber hinaus wird Wasserstoff hauptsächlich für industrielle Produktion und im Mobilitätssektor benötigt.
Die Meldung konkreter Wasserstoffbedarfe aus verschiedenen Branchen sei für Ausbau und Umstellung der Infrastruktur essentiell, so Ministerin Walker.
Zur Deckung des Bedarfs sind erhebliche Importkapazitäten und eine leitungsgebundene Infrastruktur (Pipelines) notwendig, denn Baden-Württemberg wird nur zu einem geringeren Anteil selbst grünen Wasserstoff mittels Elektrolyse erzeugen können.
- Infrastruktur: Die Infrastruktur für Erzeugung, Speicherung und Transport (einschließlich Import) von Wasserstoff stellt eine zentrale Voraussetzung für den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft in Baden-Württemberg dar. Für 2030 kann mit einem Anschluss an das deutsche und europäische Wasserstoffnetz und Verbindungen zur Nordsee und in den Ostseeraum gerechnet werden. Weitere Ausbaustufen werden bis 2040 folgen. Bestehende Erdgasnetze können zu einem überwiegenden Teil genutzt, einige Leitungen müssen neu gebaut werden.
- Erzeugung im Land: Bis zu einer flächendeckenden Versorgung über Fernleitungs- und Verteilnetze will das Land den raschen Aufbau von Elektrolyseuren zur lokalen Erzeugung von Wasserstoff vorantreiben. Diese Insel- bzw. Clusterlösungen sollen kurz- und mittelfristig die wachsenden Bedarfe bis zu einer Pipelineanbindung decken, aber auch danach.
- Importe: Das Land hat neue Kooperationen mit Regionen wie Andalusien und Schottland vereinbart, aber auch mit Chile (beim Thema reFuels). Bestehende Netzwerke und Partnerschaften werden genutzt und Kooperationen aufgebaut, um Optionen für das Land im Bereich Wasserstoff und der technologischen Zusammenarbeit zu stärken.
Baden-Württemberg gehört zu den führenden Standorten in der Entwicklung und Produktion von Brennstoffzellenkomponenten und -systemen. Zusätzlich ergeben sich Potenziale für baden-württembergische Unternehmen im Bereich der Fertigung von Elektrolysetechnologien. Besonders der Anlagenbau und der Export von Technologien und Komponenten werden sich zu wichtigen Geschäftsfeldern entwickeln.
„Das Land will den Technologieexport von Wasserstoffprodukten ‚made in Baden-Württemberg‘ weiterhin engagiert unterstützen, etwa im Bereich Außenwirtschaft und Standortmarketing. Insbesondere industrielle Fertigungsprozesse und Skalierungsprojekte werden gefördert, damit diese die nötige Marktreife entwickeln können“, so Umweltministerin Thekla Walker.
Die Landesregierung fördert seit Jahren intensiv die Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie durch unterschiedliche Förderprogramme und Maßnahmen.
Plattform H2BW: Wasserstoffaktivitäten in Baden-Württemberg
Plattform H2BW: Wasserstoff-Bedarfsabfrage in Baden-Württemberg
Erster Fortschrittsbericht Wasserstoff-Roadmap Baden-Württemberg [PDF; 05/23; 1,3 MB]
Quelle:
Staatsministerium Baden-Württemberg