Bei der Reparatur von beschädigten Dächern, Fassaden und Fenstern nach Hagel- oder anderen Unwetterschäden stellt sich vermehrt die Frage, ob und wie die gesetzlichen Vorschriften zur Gebäudeenergieeffizienz gelten. Aufgrund der Unsicherheit bei vielen Betroffenen und beteiligten Betrieben informiert das Umweltministerium nachfolgend über die wichtigsten Anforderungen an die energetische Beschaffenheit von Außenbauteilen nach dem Gebäudeenergiegesetz.
Vorrang hat zunächst, die beschädigten Gebäudeteile wieder abzudichten. Allgemein gilt: Bei diesen Notreparaturen zur Vermeidung weiterer Folgeschäden sind zunächst keine Anforderungen zu beachten. Erst bei einer umfassenden Erneuerung des Daches können im Einzelfall weitergehende Pflichten bestehen, weshalb es nur in wenigen Fällen überhaupt zu Verstößen kommen kann. In den nachfolgenden Informationen wird umfassender ausgeführt, ob und in welchem Umfang überhaupt Pflichten zum Tragen kommen.
Chancen
Ein Unwetter bringt für die betroffenen Hauseigentümer unerwartete Belastungen, die nicht immer einfach zu bewältigen sind. Zusätzliche Anforderungen durch das Gebäudeenergiegesetz erhöhen die Gesamtkosten, die nur zum Teil durch die Versicherungen übernommen werden. Eine gründliche Prüfung der Verträge zusammen mit der Versicherung ist auf jeden Fall empfehlenswert.
Auch oder gerade im Zuge der Reparatur von Hagel- oder anderen Unwetterschäden kann die Dämmung eines Bauteils als Chance gesehen werden, das Gebäude aufzuwerten. Wenn zum Beispiel die Dachdeckung samt Unterkonstruktion erneuert werden muss, ist die Dämmung des Daches kostengünstig auszuführen. Vom Eigentümer sind dann lediglich die Mehrkosten für den Dämmstoff und die eventuell notwendige luftdicht anzuschließende Dampfbremse und deren Einbau in die ohnehin bereits offenliegenden Sparrenzwischenräume zu bezahlen, während einen großen Teil der Gesamtkosten die Gebäudeversicherung übernimmt. Eine spätere Dämmung des Daches würde dagegen ein Vielfaches kosten.
Außerdem darf nicht vergessen werden: eine energetische Sanierung kostet nicht nur, sondern bietet auch erhebliches Potential. Das Ergebnis ist ein für die nächsten Jahrzehnte saniertes Dach, zukunftstauglich und Heizenergie sparend - was langfristig wiederum dem eigenen Geldbeutel und dem Klima zugutekommt.
Übrigens: Unabhängige Beratung bei der energetischen Sanierung bieten auch die regionalen Energieagenturen, die Initiative Zukunft Altbau mit seinem kostenfreien Beratungstelefon (08000 123333) sowie die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.
Im Einzelfall entscheidet die zuständige untere Baurechtsbehörde über die erforderlichen Maßnahmen. Sie finden die für Sie zuständige untere Baurechtsbehörde im Serviceportal Baden-Württemberg.
Weitere allgemeine Informationen zu den Anforderungen des Gebäudeenergiegesetz sind nachfolgend zusammengestellt.
Nach Paragraf 48 Satz 1 in Verbindung mit Anlage 7 Gebäudeenergiegesetz (GEG) werden bei bestimmten Änderungen von Außenbauteilen bestehender Gebäude Anforderungen an die Wärmedämmung der von der Änderung unmittelbar betroffenen Teilflächen gestellt. Der Anlass der Änderung ist dabei nicht relevant (beispielsweise Verschönerung, freiwillige Sanierung, Hagel- oder Brandschäden, Schadstoffbeseitigung). Welche Maßnahmen genau zu Anforderungen führen können, ist für die einzelnen Bauteile in Anlage 7 des GEG geregelt. Im Zusammenhang mit Hagel- oder Unwetterschäden können insbesondere Dächer (Anlage 7 Nr. 5a-c) und Fenster (Anlage 7 Nr. 2a-f, 3a-c, 4) sowie auch Außenwände (Anlage 7 Nr. 1a-b) betroffen sein.
Allgemein gilt zunächst als Einschränkung nach Paragraf 48 Satz 2 GEG, dass keine Anforderungen beachtet werden müssen, wenn höchstens 10 Prozent der jeweiligen Bauteilfläche verändert werden. Werden beispielsweise nur einzelne Fenster oder ein geringfügiger Teil des Dachs erneuert, sind keine konkreten Pflichten zu beachten. In diesem Fall gilt lediglich der Grundsatz, dass sich die energetische Qualität des Gebäudes nicht verschlechtern darf (Paragraf 46 Absatz 1 GEG). Ist die Fläche der geänderten Bauteile größer als 10 Prozent, muss ausschließlich für diese Teilfläche das GEG beachtet werden, man ist also keinesfalls gezwungen, auch die restliche Bauteilfläche zu erneuern.
Bei Steildächern ist zunächst zu beachten, dass Anforderungen nur an die Bereiche des Daches gestellt werden, die beheizte Räume von der Außenluft abgrenzen. Dachflächen über unbeheizten Dachräumen müssen bei einer Reparatur also nicht gedämmt werden. Wenn allerdings in näherer Zukunft ohnehin ein Ausbau der Dachräume geplant ist, sollte dennoch eine Dämmung vorgesehen werden, da diese ansonsten beim Ausbau nachträglich eingebaut werden muss. Ist kein Ausbau geplant, empfiehlt sich bei ungedämmten Gebäuden eine Dämmung der obersten Geschossdecke - die in einigen Fällen nach Paragraf 47 Absatz 1 GEG ohnehin bereits verpflichtend sein kann.
Auch wenn lediglich kaputte Dachziegel ausgetauscht werden, gelten keine zusätzlichen Anforderungen. Erst wenn die gesamte Dachhaut, einschließlich Lattung und gegebenenfalls Unterspannbahn (und Schalung), ersetzt oder neu aufgebaut wird und somit der Sparrenzwischenraum für eine nachträgliche Dämmung ohne zusätzlichen Aufwand frei zugänglich ist, müssen die Anforderungen des GEG eingehalten werden. Nach Anlage 7 Nummer 5b wäre in diesem Fall so zu dämmen, dass der Wärmedurchgangskoeffizient (U-Wert) 0,24 W/(m2 • K) nicht überschreitet.
In einigen Fällen kann dieser Wert allerdings nur erreicht werden, wenn das Dach erhöht wird, um eine dickere Dämmung zu ermöglichen was erheblichen Mehraufwand mit sich bringen würde. Auch hier hat der Gesetzgeber vorgesorgt: ist die Dämmschichtdicke wegen einer innenseitigen Bekleidung oder der Sparrenhöhe begrenzt, reicht es aus, wenn die höchstmögliche Dämmschichtdicke eingebaut wird oder bereits eingebaut ist. Eine Aufdoppelung der Sparren oder zusätzliche Aufsparrendämmung wird also nicht verlangt.
Bei der Reparatur von Flachdächern muss das GEG beachtet werden, wenn die wasserdichte Abdichtung ersetzt wird. In diesem Fall ist es unerheblich, ob und inwieweit die bestehende Dachhaut erhalten bleibt. Werden zum Beispiel mehrlagig untereinander verklebte Bitumenbahnen aufgebracht, so ist dies als neue Dachabdichtung bzw. Dachhaut zu werten. In diesem Fall ist ein U-Wert von maximal 0,20 W/(m2 • K) einzuhalten. Wird eine Dachabdichtung lediglich regeneriert (zum Beispiel durch das vollflächige Aufkleben einer neuen Abdichtungslage), ohne dass die neue Schicht für sich allein eine funktionsfähige Dachhaut darstellt, bestehen keine Anforderungen. Außerdem können technische Gründe dazu führen. dass bereits eine dünnere Dämmstoffdicke genügt, um das GEG zu erfüllen.
In den wenigsten Fällen dürften durch beispielsweise Hagelschäden mehr als zehn Prozent der Fensterfläche betroffen sein. Dann erst wären Anforderungen des GEG nach Anlage 7 zu berücksichtigen. Im Übrigen erfüllen neue Fenster heute in der Regel ohnehin bereits diese Anforderungen (zum Beispiel LI-Wert bei Dachflächenfenstern max. 1,40 W/(m2 • K).
In einigen Fällen können auch Außenwände durch Hagel oder andere Unwetterauswirkungen beschädigt werden. Müssen deswegen Fassadenplatten ausgetauscht werden, gilt Ähnliches wie bei Dächern. So ist bei einer Erneuerung der Fassadenbekleidung einschließlich Unterkonstruktion eine nachträgliche Dämmung anzubringen, wenn mehr als 10 Prozent der Außenwandfläche, die die beheizten Räume zur Außenluft hin abschließt, betroffen ist.
Sind Oberflächen von bereits gedämmten Außenwänden durch Hagel beschädigt, stellt das GEG keine Anforderungen im Hinblick auf eine zusätzliche Dämmung.
Die oben genannten Anforderungen betreffen einzeln betrachtete Maßnahmen an Bauteilen. Alternativ zur Einhaltung der jeweiligen Anforderungen an den U-Wert besteht die Möglichkeit, für das ganze Gebäude Berechnungen zum Jahres-Primärenergiebedarf und zum Wärmeschutz der Gebäudehülle durchzuführen, die dann im Ergebnis die Neubauanforderungen um nicht mehr als 40 Prozent überschreiten dürfen (Paragraf 50 Absatz 1 GEG).
Vor allem bei bereits grundlegend energetisch sanierten oder jüngeren Gebäuden kann diese Anforderung erfüllt sein, so dass keine zusätzlichen Maßnahmen mehr getroffen werden müssten. Dies kann durch energetische Berechnungen und gegebenenfalls weitere erforderliche Unterlagen auf Basis des errechneten Energiebedarfs der zuständigen unteren Baurechtsbehörde nachgewiesen werden. Damit erhält der Hauseigentümer auch eine Bewertung der energetischen Qualität seines Gebäudes und einen Energieausweis, der bei Vermietung und Verkauf von Wohnraum grundsätzlich vorliegen muss.
Zusätzlich sieht Paragraf 102 GEG im Falle einer unbilligen Härte bei Vorliegen von besonderen Umständen im Einzelfall die Möglichkeit einer Befreiung vor. Bei Fragen hierzu hilft die Landesstelle für Bautechnik weiter.
Jedoch sollte zuvor mit der zuständigen Baurechtsbehörde abgeklärt werden, ob überhaupt eine Befreiung erforderlich ist.