Belastung für Mensch und Ökosystem

Stickstoff

Berechne Lesezeit
  • Teilen
Belastung für Mensch und Ökosystem Stickstoff

Reaktiver Stickstoff – das sind vor allem Ammoniak (reduzierter Stickstoff), Stickoxide (oxidierter Stickstoff) und weitere auch organische Stickstoffverbindungen – bildet eine unersetzbare Grundlage für die Nahrungsmittelproduktion und für nachwachsende Rohstoffe. Entscheidend ist der sorgsame und bedarfsgerechte Einsatz. Gelangt reaktiver Stickstoff jedoch in zu großen Mengen in die Umwelt, so wird er zu einer der bedeutendsten Belastungen für die Gesundheit der Menschen und für den Erhalt unserer Ökosysteme.

Grenzwerte in Baden-Württemberg überschritten

Die durchschnittlichen Gesamteinträge an reaktivem Stickstoff in trockener, nasser oder feuchter Form (= Stickstoffgesamtdeposition) in Baden-Württemberg übersteigen mit rund 15 Kilogramm ha-1 a-1 bereits seit vielen Jahren die Dosis um das Vierfache, die unsere empfindlichsten Ökosysteme vertragen. Deshalb ist damit zu rechnen, dass rund 100 besonders stickstoffempfindliche Pflanzenarten in ihrem Bestand massiv bedroht oder in manchen Gegenden auch bereits verschwunden sind.

Hohe Stickstoffemissionen beeinträchtigen auch erheblich unsere Lebensqualität und unsere Entwicklungsmöglichkeiten. So bilden Stickoxide zusammen mit Ammoniak auch Feinstaub. Die Ammoniak-Stickstoffemissionen (NH3) sind heute auf dem Stand der 1990er Jahre und der von der United Nations Economic Commission for Europe (UNECE) empfohlene Grenzwert für Ammoniak-Stickstoffkonzentrationen in der Luft für niedere Pflanzen (Critical Level 1 Mikrogramm m-3) wird in Baden-Württemberg nahezu flächendeckend überschritten. Der Mittelwert der Ammoniak-Konzentration liegt bei 2,4 Mikrogramm m-3. Sehr deutliche Belastungsschwerpunkte liegen in Regionen mit intensiver Tierhaltung.

Für den Schutz vielfältiger Lebensräume ist auch die Summe aus oxidierten und reduzierten Verbindungen wie Stickoxide und Ammoniak entscheidend. Diese Stickstoffgesamtemission beträgt aktuell im Mittel rund 22 Kilogramm ha-1 a-1 und die Stickstoffgesamtdeposition 15 Kilogramm ha-1 a-1. Belastet sind exponierte, bewaldete Höhenlagen und Regionen mit intensiver Tierhaltung. Als Zielwert für den Schutz der empfindlichsten Ökosysteme ist von der United Nations Economic Commission for Europe eine Stickstoffgesamtdeposition von drei bis fünf Kilogramm ha-1 a-1 (Critical Load für besonders empfindliche oligotrophe Stillgewässer, Dünen, Hochmoore, Silikatfelsen und Flechten-Kiefernwälder) angesetzt.

Die Überschüsse in der Landwirtschaft stammen im Wesentlichen vom Überdüngen mit Mineraldünger, gefolgt von Futtermittelimporten. Um wirtschaftliche Erträge zu erzielen, setzt die Landwirtschaft Stickstoffdünger ein. In Baden-Württemberg werden jährlich rund 122.000 Tonnen Mineraldünger-Stickstoff ausgebracht. Überschüsse entstehen dort, wo weit über den Bedarf der Pflanzen gedüngt wird. Das gilt auch für organischen Dünger. Hier sieht das Land Baden-Württemberg Handlungsbedarf. Denn wie in Industrie und Verkehr müssen auch in der Landwirtschaft die Stickstoffemissionen gesenkt werden. Nur so können wir die Belastungsgrenzen voraussichtlich ab Mitte des Jahrhunderts flächendeckend einhalten.

StickstoffBW

Mit dem Verbundvorhaben StickstoffBW will die Landesregierung die Stickstoffüberschüsse auf ein verträgliches Maß zurückführen. StickstoffBW soll fachliche Datengrundlagen und Bewertungsmaßstäbe liefern. Dazu gehören kritische Eintragsfrachten (Critical Loads), das heißt standortspezifische Belastbarkeitsgrenzen für Einträge an reaktivem Stickstoff in kg ha-1 a-1 zum Schutz empfindlicher Pflanzenlebensräume, kritische Ammoniakkonzentrationen in der Luft (Critcal Levels) in µg m-3 zum Schutz empfindlicher Pflanzen und nicht zuletzt kritische Überschüsse aus der landwirtschaftlichen Produktion (Critical Surplus). Anhand dieser notwendigen Grundlagen will die Landesregierung Maßnahmen ergreifen, um die Stickstoffüberschüsse zu reduzieren.

StickstoffBW läuft unter der Federführung des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft. Außerdem arbeiten folgende Institutionen mit:

  • Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg
  • Landwirtschaftliches Zentrum für Rinderhaltung, Grünlandwirtschaft, Milchwirtschaft, Wild und Fischerei Baden-Württemberg
  • Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau,
  • Landwirtschaftliche Untersuchungs- und Forschungsanstalt Augustenberg
  • Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) als Koordinierungsstelle

Bundesbehörden und Regierungspräsidien werden kooperativ eingebunden. Universitäten, Hochschulen für angewandte Wissenschaften, nationale und internationale außeruniversitäre Institute und Ingenieurbüros erarbeiten in zahlreichen Projekten notwendige Fachgrundlagen.