Die Handlungsfelder und Beiträge des Umweltressorts zur landesweiten Digitalisierungsstrategie stehen im Einklang mit dem durch digital@bw gespannten Rahmen einer nachhaltigen Digitalisierung. Das Umweltministerium hat fünf thematische Digitalisierungsschwerpunkte für die nächsten Jahre herausgearbeitet, die wir Ihnen im Folgenden näher vorstellen.
Die natürlichen Ressourcen der Erde sind begrenzt. Viele Metalle und seltene Erden, die zum Beispiel in unseren Computern und Handys verarbeitet sind, müssen wir mit immer höherem Aufwand gewinnen. Aber auch Vorkommen von Kies und Splitt, die wir für die Betonherstellung benötigen, gehen zurück.
Zudem geht der Abbau vieler Rohstoffe mit Umweltschäden und sozialen Konflikten einher. Bei der Gewinnung von Metallen der Seltenen Erden entstehen zum Beispiel giftige Abfallprodukte, die Tiere und Pflanzen schädigen und das Grundwasser verseuchen können. Neodym ist so ein Metall. Es wird bespielweise für Magnete in Festplatten und Elektromotoren benötigt.
Energie und Materialien werden häufig nicht effizient eingesetzt
Auch in der Produktion werden Materialien und Energie häufig nicht effizient genug eingesetzt. Noch immer ist die Recyclingquote der meisten Produkte verbesserungswürdig. Doch nur wer natürliche Ressourcen sparsam und effektiv einsetzt, bleibt mittelfristig wettbewerbsfähig. Wichtige Ziele für die Industrie in Baden-Württemberg müssen daher eine umweltschonende und ressourceneffiziente Produktion und eine funktionierende Kreislaufwirtschaft sein.
Das bedeutet, dass wir die Recyclingfähigkeit eines Produkts bereits beim Produktdesign miteinplanen (Design for Recycling). Das Produkt muss so konstruiert sein, dass sich die einzelnen Rohstoffe nach der Nutzungsphase möglichst einfach voneinander trennen lassen. So können sie recycelt und damit zurück in den Wertstoffkreislauf gelangen.
Ressourcen effizient einsetzen und wettbewerbsfähig bleiben
Langfristig soll in Baden-Württemberg das Wirtschaftswachstum weitestgehend vom Ressourcenverbrauch entkoppelt werden. Denn nur wer die immer knapper werdenden natürlichen Ressourcen möglichst sparsam und effizient einsetzt, kann wettbewerbsfähig bleiben.
Neue, umweltschonende und ressourceneffiziente Produktionstechnologien einzuführen, ermöglicht es Unternehmern, sich Wettbewerbsvorteile zu sichern. Das Land hat sich daher zum Ziel gesetzt, Leitmarkt und Leitanbieter von Ressourceneffizienz-Technologien zu werden.
Dank Digitalisierung zum Leitanbieter von Ressourceneffizienz-Technologien
Die Digitalisierung bietet hierfür neue Lösungsansätze. Digitale Vernetzung von verschiedenen Unternehmen oder Bereichen erleichtert zum Beispiel die Analyse und umweltverträgliche Optimierung von Wertschöpfungsketten. Dabei wird ein Rohstoff vom Abbau über die Lieferung und Fertigung bis hin zum Kunden und schließlich zur Rückführung in die Kreislaufwirtschaft verfolgt.
Anhand einer durchgängigen und transparenten Speicherung von Daten entlang dieser Kette lassen sich an den einzelnen Punkten gezielt Möglichkeiten aufdecken, um die Effizienz zu steigern. Die Digitalisierung unterstützt diese Prozesse durch schnell verfügbare Informationen und ermöglicht so eine reibungslose Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Akteuren.
Ein weiteres Beispiel sind sogenannte Demontagefabriken. Sie ermöglichen es, Produkte so zu zerlegen, dass Ihre Bestandteile wieder verwertbar sind. Das ganze möglichst effizient.
Als Ergebnis können so auch regional neue Produktideen und Kooperationen entstehen: Was für das eine Unternehmen ein Abfallprodukt ist, kann für ein anderes einen wertvollen Rohstoff darstellen. Die orts- und zeitnahe Weiterverwertung von Produkten und Stoffen mindert Lager- und Transportkosten und reduziert den Verkehr und den CO2-Ausstoß. Außerdem gehen wertvolle Rohstoffe nicht verloren.
Wir alle sind auf eine verlässliche und stabile Energieversorgung angewiesen. Im Hinblick auf den Klimawandel gilt es, die Stromerzeugung schnell von fossilen Energieträgern wie Kohle, Gas und Erdöl abzukoppeln. Nur so können wir Treibhausgasemissionen reduzieren und das Voranschreiten der Erderwärmung abbremsen.
Erneuerbare Energien wie Sonne und Windkraft stehen jedoch wetterbedingt nur schwankend zur Verfügung. Um Ausfälle zu vermeiden, müssen Angebot und Nachfrage im Stromnetz permanent ausbalanciert werden. Zudem wird die Erzeugungsstruktur immer vielfältiger und dezentraler. Die Komplexität unseres Energiesystems nimmt zu und erfordert intelligente Lösungen.
Smart Grids regulieren sich selbst
In einem intelligenten Netz, einem sogenannten „Smart Grid“, sind Erzeuger und Verbraucher miteinander verbunden und können Informationen quasi in Echtzeit austauschen. Ist Energie im Überfluss vorhanden, wird diese entweder zwischengespeichert oder gezielt an einzelne Stromverbraucher abgegeben.
Ein wichtiger Baustein sind dabei intelligente Messsysteme, mit deren Hilfe beispielsweise Wärmepumpen entsprechend dem Stromangebot zu- oder abgeschaltet werden können.
Elektroautos lassen sich im Smart Grid dann laden, wenn der Wind weht oder die Sonne scheint und der Strom gerade besonders günstig ist. Die Flexibilität hilft Schwankungen in der erneuerbaren Energieerzeugung auszugleichen und die Versorgung sicher und kostengünstig zu gewährleisten.
Digitale Kommunikation optimiert die Energienutzung
Auf Netzebene tragen Smart Grids dazu bei, die vorhandenen Kapazitäten besser auszulasten und Engpässe zu vermeiden. In einem Smart Grid weiß der Netzbetreiber dank intelligenter Prognosen bereits frühzeitig, wann und wo besonders viel erneuerbare Energie erzeugt wird. Wenn der Strom dann vor Ort verbraucht oder gespeichert wird, lassen sich die überregionalen Netze entlasten.
Um das Energiesystem insgesamt zu optimieren, müssen die jeweiligen Akteure miteinander kommunizieren. Dafür stehen im Smart Grid digitale Kanäle und Plattformen zur Verfügung. Auch Endverbraucher haben im Smart Grid die Möglichkeit Kosten einzusparen, indem sie den eigenen Lastgang optimieren.
Wir alle sind auf eine intakte Umwelt angewiesen. Die Qualität von Luft, Wasser, Boden und der uns umgebenden Ökosysteme hat unmittelbare Auswirkungen auf unsere Gesundheit und auf die Natur. Informationen über den Zustand und die Veränderungen der Umwelt bereitzustellen, ist daher eine wesentliche Voraussetzung für einen effektiven Natur- und Umweltschutz. Die rechtliche Grundlage bildet dabei das Umweltverwaltungsgesetz Baden-Württemberg.
Um den Zustand von Natur und Umwelt regelmäßig bestimmen zu können, erhebt die Landesverwaltung große Mengen an Umweltdaten. Die Daten werden mit Hilfe verschiedener Softwareanwendungen im Umweltinformationssystem Baden-Württemberg (UIS) zentral gespeichert, analysiert und verfügbar gemacht.
Diese Analysen erleichtern zum Beispiel die Einschätzung von Hochwassergefahren und ermöglichen im Ernstfall ein schnelles Handeln. Ein weiteres Beispiel ist die Erhebung, Auswertung und Bereitstellung von aktuellen Informationen zur Luftqualität.
Digitalisierung erleichtert den Zugang zu Umweltinformationen und die Arbeit der Verwaltung
Mit Hilfe neuer digitaler Technologien kann das Umweltinformationssystem Baden-Württemberg zukünftig den Vollzug innerhalb der Verwaltung besser unterstützen, aber auch den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen erleichtern. Mittels moderner Sensorik und Crowdsourcing können etwa Bürgerinnen und Bürger aktiv Umweltdaten sammeln und melden. Sie liefern damit einen wichtigen Beitrag zum Umwelt- und Naturschutz.
Mit Hilfe von Satellitendaten lassen sich Gewässer aktueller bewerten und Kontrollen zielgerichteter planen. Hierdurch wird es zum Beispiel möglich sein, Veränderungen, wie etwa das Auftreten von Blaualgenblüten, rechtzeitig zu erkennen. So kann die Verwaltung frühzeitig eingreifen und die Bevölkerung zu informieren.
Big-Data-Technologien können im riesigen Datenfundus des UIS Zusammenhänge aufdecken, die zuvor nicht in Erscheinung getreten sind. So wird die Erhebung und Analyse von Umweltdaten durch moderne digitale Lösungen auf eine neue Stufe gehoben.
Smarte Daten vereinfachen Suche: Geodaten verknüpfen sich mit Suchanfragen
Zukünftig wird auch das Finden von Informationen im UIS noch einfacher werden. Intelligente Algorithmen können zum Beispiel durch die Verknüpfung von Suchanfragen und Geodaten kontext- und standortabhängige Informationen liefern. Diese sogenannten smarten Daten sind in einer immer komplexer werdenden Welt mit einem ständig wachsenden Datenbestand eine große Unterstützung für das Verständnis von ökologischen Zusammenhängen. Zudem bieten die modernen Technologien das Potenzial, weitere, technikaffine Zielgruppen für Umweltthemen und Umweltschutz zu begeistern.
Die Digitalisierung bietet in vielen Wirtschafts- und Gesellschaftsbereichen das Potenzial, Energie und Ressourcen einzusparen. Durch digitalisierte Kommunikationswege lässt sich zum Beispiel der Papierverbrauch senken. Außerdem können komplexe Prozesse transparenter dargestellt werden: Das digitale Aufzeichnen von Produkt-Lebenswegen macht Effizienzpotenziale beim Rohstoffabbau, Transport und in der Produktion leichter sichtbar.
Trotz Wachstum Ressourcen sparen
Mehr Digitalisierung bedeutet aber auch, dass immer mehr leistungsfähige Rechenzentren und IT-Geräte benötigt werden. Damit wir das Effizienzpotenzial der Digitalisierung bestmöglich ausschöpfen können, muss also auch die dahinterstehende technische Infrastruktur energie- und ressourcensparsam sein. Dies ist die Aufgabe des Handlungsfelds Green IT.
Ganzheitliche Betrachtung
Green IT zielt darauf ab, Energie und Ressourcen möglichst schonend über den gesamten Lebenszyklus der Geräte hinweg einzusetzen. Damit folgt Green IT einer ganzheitlichen Betrachtung der ökologischen Bilanz von IT-Endgeräten und Rechenzentren. Sowohl der Energieaufwand, der während der Nutzung der Geräte anfällt, als auch der Energie- und Ressourcenverbrauch aus der Herstellung der einzelnen Bauteile gehen in diese Bilanz mit ein.
Je länger und intensiver ein Gerät oder Bauteil genutzt werden kann, desto weniger Geräte müssen in derselben Zeit hergestellt werden. Jedes nicht produzierte Gerät spart wertvolle Energie und Rohstoffe ein.
Neben der Langlebigkeit und der Energieeffizienz spielt auch die Recyclingfähigkeit der Produkte eine Rolle. Gerade im IT-Bereich werden aufgrund der niedrigen Recyclingquote von unter zwei Prozent noch viele wertvolle Metalle und Rohstoffe verschwendet.
Auch Rechenzentren müssen nachhaltiger werden. Hierbei liegt der Fokus nicht nur auf einer hohen Effizienz einzelner Komponenten wie Netzteilen und Servern, sondern auf dem gesamten Gebäude inklusive der Klimatisierung und der umliegenden Infrastruktur. Die Abwärme von Rechenzentren kann zum Beispiel in Haushalten, Büros oder Schwimmbädern weitergenutzt werden.
Green IT in der Landesregierung
Die Landesregierung in Baden-Württemberg hat die ökologischen Herausforderungen der Digitalisierung schon früh erkannt. Bereits im Jahr 2014 beschloss das Kabinett die Landesstrategie Green IT. Ihr Ziel ist, Energie und Ressourcen in der landeseigenen IT einzusparen – trotz zunehmender Digitalisierung.
Neben den zahlreichen Büroarbeitsplätzen betrifft dies vor allem Serverräume und Rechenzentren der Landesverwaltung, der Universitäten und der Hochschulen. Sie verbrauchen rund 75 Prozent des IT-bedingten Stroms.
Außerdem sollen auch die Beschaffung, der Betrieb und die Entsorgung in der Landes-IT nachhaltiger gestaltet werden.
Mit der Landesstrategie Green IT nimmt Baden-Württemberg eine Vorreiterrolle ein und besetzt somit auch eine Vorbildfunktion für Wirtschaft und Gesellschaft.
Eine nachhaltig lebende und wirtschaftende Gesellschaft ist auf die Mitwirkung aller Mitglieder angewiesen. Den Klimawandel können wir beispielsweise nur bremsen, wenn die erneuerbaren Energieträger die fossilen zügig ablösen. Da die Energiewende auch mit Eingriffen in Natur und Landschaft einhergeht, braucht es für ihre Umsetzung die Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger.
Auch beim Klimawandel und dessen Folgen sind die Akzeptanz der Menschen und das Wissen über mögliche Maßnahmen wesentliche Voraussetzungen, um entsprechend handeln zu können.
Menschliches Handeln und Auswirkungen auf die Natur hängen zusammen
Damit auch nachfolgende Generationen eine lebenswerte Umwelt vorfinden, müssen wir die Zusammenhänge zwischen unserem Handeln und dessen Auswirkungen auf Natur und Umwelt erfassen und bewerten. Nur so können wir Entscheidungen treffen, deren Folgen die zukünftigen Lebensgrundlagen nicht zerstören. Aber wie schaffen wir es, die vielschichtigen ökologischen und gesellschaftlichen Zusammenhänge zu vermitteln und möglichst viele Menschen für den Umwelt- und Naturschutz zu sensibilisieren?
Interaktive Lernspiele stellen komplexe Themen anschaulich dar
Eine Kombination aus klassischer Umweltdidaktik und modernen digitalen Technologien bietet hier vielversprechende Lösungsansätze. In interaktiven Lernspielen, Videos und Simulationen lassen sich auch komplizierte Themen und Zusammenhänge wie bei der Energiewende und beim Klimaschutz anschaulich darstellen. Der spielerische Ansatz vieler digitaler Funktionen bietet zudem die Chance, neue, technikaffine Zielgruppen für Natur und Umweltschutz zu begeistern.
Aktive Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an Planungsverfahren
Wichtig ist auch, dass sich Bürgerinnen und Bürger aktiv an Planungsverfahren beteiligen können. Das Umweltverwaltungsgesetz sieht vor, die Öffentlichkeit frühzeitig an Entscheidungsprozessen teilhaben zu lassen und eine offene Informationskultur zu etablieren.
Auch dazu können digitale Technologien beitragen: Durch moderne Visualisierungskonzepte wie Augmented Reality, also eine Erweiterung der Realität, lässt sich beispielsweise eine geplante Windkraftanlage anschaulich und maßstabsgetreu in die Landschaft „einblenden“. Die Visualisierung der Anlage und weiterer Details zum Bauvorhaben können helfen, die Sorgen von Bürgerinnen und Bürgern im besten Fall frühzeitig zu zerstreuen.
Mit Transparenz und frühzeitiger Information erhöhen wir das Vertrauen der Öffentlichkeit in Politik und Verwaltung und ermöglichen einen offenen Dialog. So unterstützt die digitale Umweltbildung Bürgerinnen und Bürger dabei, sich in Zukunftsfragen einzubringen und an der Gestaltung einer nachhaltigen Gesellschaft mitzuwirken.