Fruchtbare Böden sind eine begrenzte Ressource, die weltweit vor allem durch Erosion, Schadstoffeinträge und die Überbauung mit Siedlungen, Industrie- und Gewerbeanlagen und Verkehrswegen zunehmend gefährdet ist. Auf Böden werden nicht nur weit über 90 Prozent der Nahrungsmittel für die weiter wachsende Weltbevölkerung produziert, sondern Böden reinigen auch das Wasser, beeinflussen das Klima, sind Lebensraum für Tiere und Pflanzen, Steuereinheit für Stoffkreisläufe und damit das zentrale Fundament aller Landökosysteme. Eine nachhaltige Umwelt- und Naturschutzpolitik muss sich daher vor allem auch am Umgang mit unseren Böden messen lassen.
Böden sind ein wichtiger Bestandteil der Ökosysteme und Lebensgrundlage für Pflanzen, für Tiere und für Menschen. Ohne die natürliche Bodenfruchtbarkeit als Basis für Land- und Forstwirtschaft wäre der Mensch nicht überlebensfähig.
Artenvielfalt im und auf dem Boden
Boden ist selbst voller Leben. Eine enorme Anzahl an unterschiedlichen Lebewesen lebt im Boden, angefangen bei Bakterien und anderen mikroskopisch kleinen Organismen, über Pilze und Flechten bis zu Milben, Asseln und den Bodenwühlern Regenwurm und Maulwurf. Unter natürlichen Bedingungen leben sogar mehr Lebewesen im als auf dem Boden.
Ohne Boden gäbe es selbst bei ansonsten günstigen Bedingungen kaum Bewuchs auf der Erde. Allenfalls so genannte niedere Pflanzen wie Moose und Flechten können auf bloßem Gestein gedeihen. Damit sich auch höhere Pflanzen dauerhaft ansiedeln können, muss die Bodendecke eine entsprechende Dicke, sogenannte Mächtigkeit aufweisen. Das ist eine unabdingbare Voraussetzung. Nur dann gibt es dank ihres Hohlraumsystems ausreichend Möglichkeiten, dass sich das Wurzelsystem der Pflanzen verankern und Wasser und Nährstoffe aufnehmen kann.
Wichtige Helfer: Bakterien recyceln Nährstoffe – Humus entsteht
Die Artenvielfalt der Bodenlebewesen ist nur unzureichend erforscht. Auf schier unvorstellbare 10 bis 100 Millionen je Gramm Boden schätzt man allein die Anzahl der Bakterien. Sie haben, quasi in Form einer Lebens- und Arbeitsgemeinschaft, die Aufgabe der Abfallbeseitigung und -verwertung übernommen.
Als gut eingespieltes Team recyceln Bodenlebewesen die Nährstoffe, die in abgestorbenen Blättern, Wurzelresten und anderen organischen Substanzen enthalten sind und machen sie wieder nutzbar. Nicht nur für Pflanzen ist das lebenswichtig, das gesamte Ökosystem hängt hiervon ab. Und neben dem Abbau von organischer Substanz findet gleichzeitig auch ein Aufbau neuer Verbindungen statt. Es entsteht Humus, der eine lockernde und stabilisierende Wirkung auf die Bodenstruktur besitzt.
Mit seinen Poren beeinflusst Boden nicht nur den Wasserabfluss, sondern verändert auch die Zusammensetzung des Wassers. Boden fungiert als Filter: Selbst feinste Partikel, die mit dem Bodenwasser transportiert werden, bleiben im engmaschigen Porensystem hängen. Auch gelöste Stoffe werden dem Bodenwasser durch Anhaften an der großen äußeren und inneren Oberfläche der Bodenpartikel entzogen.
Dadurch wird zum Beispiel das Grundwasser vor Schadstoffen geschützt. Das ähnlich wie in einer technischen Anlage gereinigte Bodenwasser kann man meist als Trinkwasser nutzen. Durch diese Eigenschaften und die Fähigkeit der Bodenorganismen, organische Verbindungen abzubauen, übernimmt der Boden also auch die Funktion als Filter und Puffer von Schadstoffen.
Ausgleichende Wirkung auf den Wasserkreislauf
Wie einen Schwamm durchziehen den Boden viele unterschiedlich große Hohlräume: die Poren. Die allerfeinsten Poren sind praktisch immer wassergefüllt, die feinen und mittleren nur periodisch, die groben Poren nur kurz nach einem Starkregen.
Das Wasser verlässt den Boden entweder durch Versickerung oder durch Verdunstung über die Bodenoberfläche und die Pflanzen. Bei Regen können Böden mit ihrem verzweigten Porensystem den Wasserabfluss merklich verlangsamen. Dieses Regenwasser erreicht die Gewässer, verglichen mit oberflächlich abfließendem Wasser, deutlich verzögert. Dank dieser Fähigkeit ist der Boden ein Ausgleichskörper im Wasserkreislauf.
An steilen Hanglagen, bei fehlender Vegetation oder bereits mit Wasser gesättigtem Boden besteht diese ausgleichende Wirkung jedoch nur noch eingeschränkt. Bei starken Regenfällen wird der Boden zu schnell durchtränkt und verliert deshalb seine Ausgleichswirkung weitgehend.
Gestein, Klima, Art der Nutzung und andere Einflüsse haben in der Bodendecke ihre Spuren hinterlassen. Entstanden ist ein faszinierendes „Archiv“, das Einblicke in die Entstehungsgeschichte des Bodens erlaubt. Es kann aber auch Auskunft über Aspekte der Landschaftsgeschichte und manchmal sogar der Kulturgeschichte geben.
So zeichnen sich in Böden noch heute Nutzungen ab, die lange Zeit zurückliegen. Auf Luftbildaufnahmen ist zum Beispiel noch immer der Verlauf der antiken Römerstraße Via Claudia Augusta zu erkennen, trotz jahrhundertelanger landwirtschaftlicher „Nachnutzung“.
Böden speichern auch die Stoffe, die bei der Nutzung in den Boden gelangt sind. Durch den historischen Erzbergbau in manchen Teilen des Landes und den Abschwemmungen von Rückständen des Erzabbaus über Bäche und Flüsse weisen bis heute große Flächen erhöhte Schwermetallgehalte auf.
Spannend sind zudem Informationen über die Naturgeschichte, wie zum Beispiel der Wechsel der klimatischen Verhältnisse vor, während und nach den Kaltzeiten. Sie lassen Rückschlüsse auf heutige Prognosen und Anpassungsstrategien zu.
Böden enthalten somit generell einen hohen Informationswert über aktuelle und historische Prozesse der Vegetations- und Klimageschichte sowie der Landschafts- und Kulturgeschichte: Reliefbildung und Einfluss von Naturkatastrophen, die Entwicklung der ackerbaulichen Wirtschaftsweisen und ökonomischen Nutzungen, die Siedlungsentwicklung oder die kulturelle Entwicklung der Menschheit.
Böden, die ein besonders bedeutendes Archiv der Natur- und Kulturgeschichte sind, können auf Grundlage des Bundes-Bodenschutzgesetzes für schutzwürdig erklärt werden. Vorbilder sind hier der Denkmalschutz und der Naturschutz.
Böden sind neben den Ozeanen die größte Kohlenstoffsenke weltweit. Der Humusanteil des Bodens speichert ungefähr fünfmal so viel Kohlenstoff (chemisch = C) wie die oberirdische Biomasse und doppelt so viel wie die Atmosphäre. Böden sind als nicht erneuerbare Ressource und als CO2-Speicher daher von enormer Bedeutung für den Klimaschutz. Es gilt also, die Böden so weit wie möglich zu erhalten, wiederherzustellen oder nachhaltig zu verbessern. Böden müssen vor Erosion, Humusverlust und anderen klimabedingten Risiken geschützt werden.
Veränderte Landnutzungen (zum Beispiel Bebauung) und eine nicht nachhaltige Nutzung und Bewirtschaftung tragen dazu bei, dass Böden ihre Funktion, Kohlenstoff zu speichern, verlieren und sich zur Quelle für Treibhausgase entwickeln. Organische Böden, insbesondere Moore, besitzen ein deutlich höheres Potenzial, Kohlenstoff zu speichern oder freizusetzen als mineralische Böden.
Grünland muss erhalten werden
Werden Grünlandflächen zu Ackerland umgebrochen (umgepflügt) spricht man von Grünlandumbruch. Dadurch wird ein erheblicher Teil des im Boden gespeicherten Kohlenstoffs in Form von Treibhausgasen in die Atmosphäre freigesetzt. Grünland schützt den Boden sowohl gegen Austrocknung als auch gegen Bodenabtrag durch Wasser und Wind. Bei Starkniederschlägen kann das Niederschlagswasser in ständig bewachsene Grünlandböden besser eindringen.
Seit 2015 gibt es aufgrund von EU-Richtlinien das Dauergrünlanderhaltungsgebot. Es bedeutet: Die Umwandlung von Dauergrünland (also von Grünland, das mehr als fünf Jahre nicht als Acker genutzt wurde) in Ackerland ist grundsätzlich nur nach Genehmigung erlaubt und überwiegend nur noch möglich, wenn dafür an anderer Stelle neues Dauergrünland angelegt wird.
Was tun, um die Klimafunktion der Böden zu erhalten?
Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen für Böden sind zum Beispiel
- Schutz von Böden, insbesondere solcher mit sehr hohem Kohlenstoff-Speichervermögen beziehungsweise hohem Kohlenstoff-Vorrat wie Moore und Erhalt von Grünland vor Überbauung (= Flächenversieglung)
- nachhaltige Nutzung von Ackerflächen, insbesondere durch:
- ausgeglichene Humusbilanz
- Verlust organischer Substanz infolge von Wasser- und Winderosion vermeiden
- Vermeidung von Bodenverdichtungen
- Versiegelung (= Überbauung neuer Flächen bei der Siedlungs- und Verkehrsentwicklung) reduzieren und Flächenentsiegelung (= befestigte Flächen wieder zu renaturieren) vorantreiben: Damit kann Regenwasser versickern und das Hochwasserrisiko wird gemindert. Die Entsiegelung und Rekultivierung trägt überdies zu einem verbesserten Stadtklima bei.
- Bewusste Flächennutzungsplanung, um Moore zu schützen und entwässerte Moore, wenn möglich, zu regenerieren.