Umweltminister Franz Untersteller: „Unsere besonders strengen Vorgaben stellen den Schutz der Bürgerinnen und Bürger sicher. Die gesundheitliche Unbedenklichkeit hat uns auch die Bundesärztekammer ausdrücklich bestätigt.“
Das Umweltministerium hat der EnBW die Freigabe dafür erteilt, Bauschutt aus dem Rückbau des Kernkraftwerks Neckarwestheim I auf den Deponien „Am Froschgraben“ in Schwieberdingen und „Burghof“ in Vaihingen/Enz zu beseitigen. Die EnBW hat nun mittels Messungen für jede einzelne Liefercharge nachzuweisen, dass der Bauschutt die Freigabewerte der Strahlenschutzverordnung des Bundes einhält (sogenanntes 10-Mikrosievert-Konzept).
„Der Bauschutt, den wir nun zur Deponierung freigegeben haben, ist gesundheitlich unbedenklich“, sagte Umweltminister Franz Untersteller heute (16.02.) in Stuttgart. Ein vom Umweltministerium Ende November vergangenen Jahres durchgeführtes Fachsymposium mit hochrangigen Vertreterinnen und Vertretern der Bundesärztekammer, der Landesärztekammer, der Strahlenschutzkommission und den betroffenen Landkreisen habe dies eindrucksvoll bestätigt. „Im Nachgang des Fachsymposiums hat mich der Präsident der Bundesärztekammer über einem Beschluss des Vorstands von Anfang Dezember 2017 informiert“, so Untersteller weiter. „Darin erkennt der Vorstand der Bundesärztekammer an, dass alle Menschen täglich ionisierender Strahlung aus Umwelt, Natur und begründeten Röntgenuntersuchungen ausgesetzt sind und dass das international gebräuchliche und bundesweit gültige 10-Mikrosievert-Konzept bei freigegebenen Abfällen aus dem Rückbau von Kernkraftwerken das mögliche Risiko der Bevölkerung auf ein vernachlässigbares Niveau senkt. Außerdem hat der Vorstand der Bundesärztekammer ausdrücklich festgestellt, dass die im Mai 2017 vom 120. Deutschen Ärztetag getroffene Entschließung, die das 10-Mikrosievert-Konzept kritisch hinterfragt hatte, wissenschaftlich nicht haltbar ist“, betonte Untersteller.
Um zu verhindern, dass andere als die nun freigegebenen Stoffe auf die Deponien gelangen könnten, habe das Ministerium der EnBW verbindlich vorgeschrieben, eine gemeinsam mit dem Landkreistag und dem Städtetag erarbeitete Handlungsanleitung, die ergänzende Überwachungsmaßnahmen beim Umgang mit freigemessenen Abfällen vorsieht, zu berücksichtigen. „Im bundesweiten Vergleich haben wir hiermit besonders strenge Vorgaben, die über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehen“, sagte Untersteller.
Selbst im theoretisch unterstellten ungünstigsten Fall sei mit der Deponierung des Bauschutts sowohl für die in der Nähe der Deponie lebenden Bürgerinnen und Bürger als auch für die direkt auf den Deponien arbeitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter maximal eine zusätzliche Strahlenexposition von 10 Mikrosievert im Jahr verbunden, sagte der Minister weiter. „Im Vergleich zur ohnehin vorhandenen natürlichen Strahlung in Höhe von durchschnittlich 2.100 Mikrosievert im Jahr ist dies ohne Relevanz“, so Untersteller. „Auch im Verhältnis zur durchschnittlichen jährlichen Belastung aufgrund medizinischer Anwendungen wie Röntgen mit 1.700 Mikrosievert im Jahr zeigt sich, dass die maximal möglichen 10 Mikrosievert im Jahr aus der Deponierung des Bauschutts keine Rolle spielen.“
Untersteller verwies auf die zahlreichen Informationsveranstaltungen, Bürgerversammlungen und Gespräche mit Bürgerinitiativen in den vergangenen Jahren zum Freigabeverfahren und zum 10-Mikrosievert-Konzept. „Ich stamme selbst aus der Anti-Atomkraft-Bewegung und kann daher sehr gut nachvollziehen, dass die Bürgerinnen und Bürger dem Material, das aus einem Kernkraftwerk stammt, zunächst einmal kritisch gegenüberstehen. Aber Fakt ist, dass auch in einem Atomkraftwerk nur vergleichsweise kleine Bereiche in einem relevanten Umfang radioaktiv kontaminiert sind. Es gibt keinen sachlichen Grund, das in den restlichen Bereichen anfallende Abbruchmaterial, das bei einer Deponierung nachweislich das 10-Mikrosievert-Konzept einhält, nicht auf die vorhandenen Deponien für Bauschuttabfälle zu verbringen.“
Ergänzende Informationen
Mit der Freigabe werden vormals als radioaktiv eingestufte Abfälle aus der atomrechtlichen Überwachung entlassen.
Beim Vorgang des Freimessens wird die tatsächliche Radioaktivität von Abfällen geprüft. Material, dessen Aktivität nachweislich die Freigabewerte der Strahlenschutzverordnung unterschreitet, kann nach § 29 Bundesstrahlenschutzverordnung freigegeben werden. Mit der Freigabe unterliegt das Material nicht mehr der strahlenschutzrechtlichen Überwachung, sondern nur noch dem Abfallrecht.
Die Überwachung des Freimessvorgangs erfolgt durch unabhängige Sachverständige der Atomaufsicht. In Baden-Württemberg ist das übliche Überwachungsprogramm aufgrund einer zusammen mit dem Landkreistag und dem Städtetag entwickelten Handlungsanleitung deutlich verschärft worden, um einen weitestgehenden Schutz vor Missbrauch für alle theoretisch vorstellbaren Fälle sicherzustellen.
Beim Abriss eines Kernkraftwerks können circa 97 Prozent der Gesamtmasse freigegeben oder herausgegeben werden.