Umweltminister Franz Untersteller: „Noch hat sich die Jagst von dem Unglück nicht erholt. Die auf den Weg gebrachten Maßnahmen geben aber Anlass zur Hoffnung, dass sie sich zu einem ökologischen Vorzeigegewässer entwickeln kann.“
Nach einem Großbrand einer Mühle in Kirchberg im Landkreis Schwäbisch Hall in der Nacht vom 22. auf den 23. August 2015 hatte mit Düngemittel verunreinigtes Löschwasser ein massives Fischsterben in der Jagst ausgelöst. „Ein Jahr später zeigt sich, dass sich der Zustand des Patienten Jagst zwar stabilisiert hat, er aber leider noch lange nicht über dem Berg ist“, erklärte Umweltminister Franz Untersteller heute (18.08.). Die Landesregierung werde daher auch weiterhin große Anstrengungen unternehmen, um das wertvolle Ökosystem der Jagst wieder ins Gleichgewicht zu bringen.
Zum aktuellen Zustand der Jagst sagte der Umweltminister weiter: „Leider haben die im Mai 2016 durchgeführten Untersuchungen der LUBW Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg und der Fischereiforschungsstelle Baden-Württemberg ergeben, dass sich der Zustand der Fische in der Jagst seit dem Herbst 2015 nicht verbessert hat.“ So seien im Bereich Kirchberg auf einer Strecke von zehn Kilometern weiterhin kaum Fische anzutreffen und nach wie vor seien auch weit unterhalb der abgebrannten Mühle Fische mit geschädigten Kiemen aufzufinden.
Weitere Untersuchungen darüber, wie sich die Gewässerbiologie entwickelt, führen die Behörden derzeit während der Vegetationsphase durch. Die hierbei gewonnenen Proben müssen ausgewertet und die Ergebnisse zusammengeführt werden. „Ich gehe davon aus, dass wir bis Ende des Jahres das ganze Ausmaß der ökologischen Auswirkungen des Großbrandes sicher beurteilen und den Abschlussbericht hierzu vorlegen können“, erklärte Minister Untersteller.
„Unabhängig von dieser abschließenden Bewertung hat das Land bereits im Herbst 2015 ein Sofortprogramm zur Verbesserung der Gewässerstruktur und im Frühjahr 2016 das Aktionsprogramm Jagst ins Leben gerufen. Unser Ziel ist es, den Lebensraum Jagst für viele empfindliche und geschützte Arten möglichst zeitnah zu verbessern“, betonte Franz Untersteller.
Regierungspräsident Wolfgang Reimer: „Das große Engagement der Betroffenen vor Ort hilft uns dabei, das Aktionsprogramm Jagst Schritt für Schritt in die Tat umzusetzen.“
Regierungspräsident Wolfgang Reimer verwies darauf, dass der Landesbetrieb Gewässer in Abstimmung und mit Beteiligung aller Interessenträger vor Ort zwischen Langenburg und Kirchberg bis heute bereits 15 Maßnahmen umgesetzt habe, die die Struktur der Jagst als Lebensraum für Fische und andere Wassertiere verbesserten: „Dabei handelt es sich zum Beispiel um die Entschlammung und Wiederherstellung von Altarmen, den Einbau von Störsteinen, Totholz und Kiesinseln. In Langenburg hat der Landesbetrieb einen Seitenarm wiederbelebt und Laichplätze für Fische geschaffen. Weitere 39 Renaturierungsmaßnahmen wollen wir nach dem Ende der naturschutzrechtlichen Schonzeiten ab Herbst 2016 in Angriff nehmen.“
Grundstücke mit circa zwei Kilometer Uferlänge habe der im Regierungspräsidium angesiedelte Landesbetrieb bereits erworben. Darüber hinaus wolle er entlang der Jagst noch weitere Grundstücke erwerben für Renaturierungen, damit der Fluss ausreichende Möglichkeiten bekomme, sich eigendynamisch zu entwickeln. In den Landkreisen Hohenlohe und Heilbronn kümmere sich der Landesbetrieb verstärkt um die Pflege von 29 Jagstbiotopen, die in den letzten 25 Jahren kontinuierlich erstellt worden sind.
Der Regierungspräsident betonte auch den interdisziplinären Ansatz des Aktionsprogramms Jagst mit seinen vier Modulen „Risiken minimieren für die Zukunft“, „Monitoring & Maßnahmenableitung“, „Maßnahmen zur Verbesserung der Gewässerqualität“ sowie „Maßnahmen zur Verbesserung der Gewässerökologie“: „Wir erarbeiten das Aktionsprogramm in enger Abstimmung mit den betroffenen Behörden, den Kommunen, sowie den Umwelt-, Naturschutz- und den Fischereiverbänden. Wir beteiligen auch die betroffenen Bürgerinnen und Bürger vor Ort. Wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen, können wir den Fluss mit dem Aktionsprogramm Jagst in einigen Jahren sogar in einen besseren Zustand als zuvor bringen“, zeigte sich Wolfgang Reimer optimistisch.
„Das große Engagement der Betroffenen vor Ort zeigt die von der Fischereiforschungsstelle koordinierte Besatzaktion im besonders betroffenen Bereich der Jagst zwischen Kirchberg und Hessenau Mitte Juli“, sagte der Regierungspräsident weiter. „Im Rahmen unseres Aktionsprogramms haben hier insgesamt 13 Vereine geholfen, heimische Fische wieder anzusiedeln.“ Je nach Ergebnis der Erfolgskontrolle im Herbst würden möglicherweise weitere solche Aktionen stattfinden, kündigte Reimer an.
Umwelt- und Naturschutzminister Franz Untersteller betonte darüber hinaus, wie wichtig es nun sei, die Jagst für Fische und andere Gewässerlebewesen wieder durchgängig zu gestalten: „Mit gutem Grund steht die Jagst in großen Teilen unter europäischem und nationalem Naturschutz. Um die vorherige Artenvielfalt wiederherzustellen, müssen die vielen Wanderungshindernisse in der Jagst möglichst beseitigt und so wieder verschiedene Lebensräume innerhalb des Gewässersystems miteinander vernetzt werden.“ Das Land gehe hier mit gutem Beispiel voran, er erhoffe sich, dass auch private Eigentümer von Wehren und anderen Querbauwerken ihren Beitrag hierzu leisten werden.
In einem weiteren Baustein geht das Aktionsprogramm Jagst der Frage nach, wie der Umgang mit wassergefährdenden Stoffen insbesondere in Gewässernähe verbessert werden kann. „Die kürzlich abgeschlossene landesweite Überprüfung der Düngerlager hat verdeutlicht, dass hier dringender Handlungsbedarf besteht“, betonte Minister Untersteller. Für das Einzugsgebiet der Jagst solle daher eine Übersichtskarte der relevanten Betriebe mit wassergefährdenden Stoffen in Gewässernähe entwickelt werden, diese könnte dann als Muster für eine landesweite Übersicht dienen.
Einen großen Dank sprachen Minister Untersteller und Regierungspräsident Reimer den vielen Helferinnen und Helfern aus, die sich vor einem Jahr an der Jagst engagiert hatten: „Dass die ökologischen Schäden an der Jagst nicht noch gravierender ausgefallen sind und wir heute guter Hoffnung sein dürfen, dass sich der Fluss wieder vollständig erholen kann, ist vor allem den Einsatzkräften sowie den vielen Bürgerinnen und Bürgern und deren unermüdlichem Einsatz in den Tagen nach dem Brand zu verdanken.“
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Quelle:
Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft und Regierungspräsidium Stuttgart