Baden-Württemberg übernimmt im nächsten Jahr den Vorsitz in der Internationalen Bodensee-Konferenz (IBK). Zu den Schwerpunktthemen, die grenzüberschreitend und gemeinsam von allen zehn Regionen vorangetrieben werden sollen, gehören die Bereiche Umwelt- und Naturschutz, Mobilität, Wirtschaft, Digitalisierung, die Sicherheit und der Katastrophenschutz. Auf der Regierungschefkonferenz im schweizerischen Appenzell hat Europastaatssekretär Florian Hassler am Freitag, 13. Dezember 2024, für die Landesregierung symbolisch das Steuerrad übernommen.
„Wir wollen die Bodenseeregion weiterentwickeln, hin zu einem CO²-neutralen Natur-, Kultur- und Wirtschaftsstandort mit einer klimafreundlichen, grenzüberschreitenden Mobilität“, betonte Florian Hassler, Staatssekretär für politische Koordinierung und Europa im Staatsministerium Baden-Württemberg. Die IBK stehe seit über 50 Jahren für eine erfolgreiche Zusammenarbeit über alle Grenzen hinweg und habe international Modellcharakter. „Diese europäische Erfolgsgeschichte wollen wir im Vorsitzjahr gemeinsam fortschreiben“, so Hassler.
Wofür die Bodenseeregion steht
Bei der Regierungschefkonferenz im schweizerischen Kanton Appenzell Innerhoden, der in diesem Jahr den IBK-Vorsitz innehatte, dankte Staatssekretär Hassler nach der symbolischen Übergabe des Steuerrads dem regierenden Landammann Roland Inauen und allen Beteiligten für die geleistete Arbeit. „Dank der jahrelangen IBK-Erfahrung von Landammann Inauen liegt ein sehr erfolgreiches Vorsitzjahr hinter uns. Es ist viel erreicht worden und wir wollen nahtlos daran anknüpfen,“ so Hassler. Die Präsidentschaft von Baden-Württemberg im nächsten Jahr werde unter dem Motto „Bodensee: sichtbar vernetzt“ stehen. Ziel dabei sei auch, so Hassler, an konkreten Beispielen zu zeigen, was die IBK in der gesamten Bodenseeregion alles leiste und wofür sie stehe. „Wir möchten den Menschen rund um den Bodensee die Aktivitäten der erfolgreichen, grenzüberschreitenden Zusammenarbeit näherbringen und zeigen, wie die Bürgerinnen und Bürger vor Ort von der Kooperation konkret profitieren. “
Zu den fachlichen Schwerpunktthemen, auf denen während der einjährigen IBK-Präsidentschaft des Landes der Fokus liegt, gehören der für den Bodenseeraum wichtige Bereich Umwelt- und Naturschutz, die Stärkung des Wirtschaftsraumes und der grenzüberschreitende Austausch zur Digitalisierung, die Weiterentwicklung einer nachhaltigen und grenzüberschreitenden Mobilität sowie Sicherheit und Katastrophenschutz. Unter dem Motto „Jugend braucht Zukunft“ soll es zudem auch jungen Menschen im Bodenseeraum ermöglicht werden, sich in die Weiterentwicklung des gemeinsamen Lebensraums einzubringen. Umgesetzt werden die Projekte, Programme und Aktionen durch das Staatsministerium sowie die jeweiligen Fachministerien.
Digitalisierung vorantreiben
Das Wirtschaftsministerium verantwortet dabei unter anderem das IBK-Strategieprojekt „Digitalisierungsinitiative“, das sich mit der wachsenden Bedeutung der digitalen Veränderungen auf Wirtschaft, Verwaltung und Gesellschaft beschäftigt. Der Fokus des Projektes liegt auf zwei Zielgruppen: Den kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) rund um den See und den öffentlichen Verwaltungen. Mit dem Vorsitz des Landes soll dabei eine neue Phase der Digitalisierungsinitiative beginnen. Die so genannten „IBK-Fokus-Workshops“ werden beispielsweise so ausgerichtet, dass sie den grenzüberschreitenden Austausch zwischen Schlüsselakteuren gewährleisten und konkrete Ergebnisse erzielen können. Zudem stehen im nächsten Jahr auch die Themen „KI in der Aus- und Weiterbildung” sowie „KI in der Verwaltung“ im Fokus. Auch der bisherige „Kompetenzatlas Bodensee“ wurde für das Vorsitzjahr neu konzipiert. Zu den etablierten Leuchttürmen in diesem Bereich gehört die IBK-Leitveranstaltung „BODENSEE SUMMIT digital“, in der sich Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung grenzüberschreitend und interaktiv austauschen können.
Schifffahrt klimaneutral gestalten und Bodenseeradweg optimieren
Im Schwerpunktbereich Mobilität setzt sich die Landesregierung unter anderem dafür ein, gemeinsam mit den österreichischen Partnern die Planungen für eine neue durchgehende Bahnlinie im Regionalverkehr voranzutreiben – von Friedrichshafen über Lindau in Bayern bis Bludenz und Schruns in Vorarlberg. Außerdem soll gemeinsam mit den anderen Anrainern der stark frequentierte Bodenseeradweg optimiert werden, damit er fit ist für die steigende Nachfrage. Zudem hat Baden-Württemberg innerhalb der IBK bereits dieses Jahr die Kümmerer-Funktion für das Ziel der klimaneutralen Schifffahrt auf dem Bodensee übernommen und wird diese Aufgabe auch im Rahmen des Vorsitzjahres wahrnehmen. Ein wichtiger nächster Schritt wird hierbei die Beauftragung einer vertiefenden Studie zu den infrastrukturellen Voraussetzungen bilden. Federführend verantwortlich für diesen Schwerpunktbereich ist das Verkehrsministerium des Landes.
Auswirkungen invasiver Arten sichtbar machen
Während des Vorsitzjahres von Baden-Württemberg in der IBK rückt auch das Ursprungsthema der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit am Bodensee wieder mehr in den Mittelpunkt - nämlich der Umwelt- und Naturschutz. Einst war es die Sorge um die Wasserqualität, die die Bodensee-Anrainer zusammengeführt hat. Heute beliefert der Bodensee die Menschen schon lange mit hervorragender Trinkwasserqualität und wird darüber hinaus künftig in verstärktem Maß Wärme durch Seethermie liefern. Dafür sorgt nun das Eindringen von invasiven Arten wie der Quaggamuschel für neue ökologische Herausforderungen, denen sich die IBK als politisches Dach der Region stellen muss. Die nicht heimische Muschel verursacht zudem auch großen wirtschaftlichen Schaden, da sie die Trinkwasserleitungen verunreinigt. Im IBK-Vorsitzjahr sollen die Auswirkungen von invasiven Arten durch gezielte Wissensvermittlung und Veranstaltungen sichtbarer gemacht werden, um die verschiedenen See-Nutzerinnen und -Nutzer für das Thema zu sensibilisieren. Dadurch soll die weitere Ausbreitung von invasiven Arten wie der Quaggamuschel in andere Gewässer, aber auch das Einbringen neuer gebietsfremder Arten in den Bodensee vermieden werden.
Um den Schutz der Fischarten voranzutreiben, erarbeiten das zuständige Umweltministerium und das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz im Vorsitzjahr gemeinsam verschiedene Maßnahmen. Die aktuelle Situation der Bodenseefischerei ist durch den Einbruch des Felchenbestands am Bodensee-Obersee so dramatisch wie noch nie. In den Schutzprojekten geht es um Strategien, den steigenden Kormoranbestand sowie seine Auswirkungen auf geschützte Fischarten und den Fischbestand insgesamt zu reduzieren. Die geplanten Maßnahmen sollen auch die Fischerei als wichtigen Wirtschafts- und Standortfaktor stärken. Unter anderem soll dabei eine neuartige Drohnentechnologie zur Beeinflussung des Bruterfolgs des Kormorans erprobt werden. Gleichzeitig sollen im Rahmen des internationalen Forschungsprojekts „Seewandel-Klima“ die Auswirkungen des Klimawandels auf das Ökosystem Bodensee untersucht werden.
Internationale Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen
Ein weiterer Themenschwerpunkt im Vorsitzjahr umfasst die Bereiche Sicherheit und Katastrophenschutz, die angesichts der weltpolitischen Lage an Bedeutung gewonnen haben und vom Innenministerium verantwortet werden. Die Einsatzkräfte der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben stehen dabei unter dem Dach der IBK im engen Austausch und die internationale Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen ist in Baden-Württemberg gelebte Praxis. Neben dem alltäglichen Miteinander der Behörden und Organisationen am Bodensee waren zuletzt auch Einsatzkräfte aus Österreich und der Schweiz auch an der Katastrophenschutzübung „Magnitude“ der Europäischen Union (EU) beteiligt. Diese Zusammenarbeit, bei Übungen und in realen Lagen, soll im Jahr 2025 weiter etabliert und ausgebaut werden.
Vielzahl an Veranstaltungen
Gleichzeitig wird im Vorsitzjahr eine Vielzahl an Aktionen und Veranstaltungen im Land sowie in Brüssel durchgeführt, die vom Staatsministerium und den beteiligten Fachministerien organisiert und ausgerichtet werden. Dazu zählen unter anderem das Sommerfest in der Landesvertretung Brüssel, die Verleihung der IBK-Förderpreise für Kulturschaffende in der Sparte „Populäre Musik“, der „BODENSEE SUMMIT digital“ sowie ein ganztägiger Jugendkongress in Friedrichshafen.
Über die Internationale Bodensee-Konferenz (IBK)
Die Internationale Bodensee-Konferenz (IBK) ist die gemeinsame Plattform der Regierungen der Länder und Kantone Baden-Württemberg, Schaffhausen, Zürich, Thurgau, St.Gallen, Appenzell Ausserrhoden, Appenzell Innerrhoden, Fürstentum Liechtenstein, Vorarlberg und Bayern. Sie wurde im Jahr 1972 mit dem Ziel gegründet, die Bodenseeregion als gemeinsamen Lebens-, Natur-, Kultur- und Wirtschaftsraum zu fördern, eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit zu ermöglichen und die regionale Zusammengehörigkeit zu stärken. Die IBK bildet den Kern eines breit gefächerten Netzwerkes in der Bodenseeregion.
Stimmen zum Vorsitz von Baden-Württemberg in der Internationalen Bodensee-Konferenz
„Die Krisen und geopolitischen Entwicklungen der vergangenen Jahre stellen uns, ja ganz Europa, vor neue Herausforderungen. Krisen kennen keine Grenzen. Das gilt sowohl für die Kriminalitätsbekämpfung, als auch für den Bevölkerungs- und Katastrophenschutz. Wir müssen uns intensiv damit beschäftigen und ‚das Undenkbare‘ denken. Und wir müssen zusammenarbeiten, international, Hand in Hand. Für die Herausforderungen unserer Zeit müssen alle Rädchen auch grenzüberschreitend hier am Bodensee ineinandergreifen.“
„Die internationale Bodenseeregion lebt vom Austausch an Ideen, Gütern und Dienstleistungen. Die Region rund um den See ist ein ,wirtschaftliches Powerhouse‘ – auch im europäischen Maßstab. Und wir haben vor Ort eine Menge an Know-how und Spitzentechnologie. Um diese Kompetenzen im wichtigen Feld der Digitalisierung und der Künstlichen Intelligenz noch weiter für die Unternehmen nutzbar zu machen, wird vom Wirtschaftsministerium eine „IBK-Digitalisierunginitiative“ koordiniert. Ich freue mich, dass mit dem „BODENSEE SUMMIT digital“ eine IBK-Leitveranstaltung entstanden ist und dass wir nun auch im Bereich der Künstlichen Intelligenz viel enger zusammenarbeiten und gegenseitig von unseren regionalen Stärken profitieren.“
„Grenzenlose Mobilität ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass sich die Menschen rund um den Bodensee begegnen können. Die IBK hat sich das Ziel gesetzt, die Mobilität auf dem See und um den See nachhaltig auszurichten. Mit mehr ÖPNV-Verbindungen und dem geplanten Ausbau des Radweges zeigen wir, dass wir mit verschiedenen Maßnahmen hieran arbeiten. Und wir sparen auch das herausfordernde Thema der öffentlichen wie privaten Schifffahrt nicht aus, denn Klimaneutralität bis 2040 gilt für uns im ganzen Landesgebiet, auch auf dem Wasser.“
„Das Ökosystem Bodensee sieht sich mit immer neuen Herausforderungen konfrontiert. Die Ausbreitung von invasiven Arten ist eine davon und sie ist folgenreich. Nur gemeinsam kann es uns gelingen, den See bestmöglich zu schützen. Daran werden wir auch im Vorsitzjahr zusammen mit allen IBK-Mitgliedern und allen, die den Bodensee nutzen, intensiv arbeiten. Denn die invasiven Arten belasten nicht nur das Gewässer, sondern führen auch zu einem großen wirtschaftlichen Schaden, wenn es um die Reinigung der durch die Quaggamuschel verunreinigten Wasserleitungen geht.“
„Die Internationale Bodensee-Konferenz ist ein ,Europa im Kleinen‘. Als starke Regionen im Herzen unseres Kontinents entwickeln wir kreative Lösungen, um gemeinsam Antworten auf die Herausforderungen unserer Zeit zu finden, insbesondere auch hinsichtlich der Bereiche Natur, Umwelt und Fischerei. Das grenzübergreifende Format bringt dabei verschiedene Blickwinkel zusammen und ist geprägt von einer konstruktiven Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Dies macht den großen Mehrwert der IBK aus und ermöglicht es uns, gemeinsam Herausforderungen zu bewältigen, die nicht an unseren Ländergrenzen Halt machen.“
Quelle:
Staatsministerium Baden-Württemberg