In Baden-Württemberg gibt es über 45.000 Hektar Moorfläche. Gemessen an ihrer Fläche – der Anteil der Moore beträgt nur noch knapp 1,3 Prozent der Landesfläche – ist ihr Beitrag zum Klimaschutz und zur Erhaltung der biologischen Vielfalt jedoch überproportional. Leider sind auch bei uns im Land durch Entwässerung und Torfabbau viele Moore zerstört oder erheblich geschädigt worden. Deshalb ist der Schutz der verbleibenden Moore ein zentrales Anliegen der Landesregierung.
Rund 44 Prozent der Moorböden in Baden-Württemberg liegen im Bereich von Naturschutzgebieten, Fauna-Flora-Habitat-Gebieten oder gesetzlich geschützten Biotopen. Naturnahe Moore haben eine große Bedeutung für die Erhaltung von nährstoffarmen Feuchtlebensräumen und den zahlreichen an diese Lebensräume angepassten und oft stark gefährdeten Arten. Moore tragen dazu bei, die Qualität des Grundwassers zu erhalten. Der Schutz der Moore hat außerdem auch kultur- und landschaftshistorische Bedeutung, beispielsweise zur Sicherung von vor- und frühgeschichtlichen Fundstätten.
Intakte, wassergesättigte Moore sind bedeutsame Kohlenstoffspeicher. Demgegenüber mineralisieren entwässerte Moorböden und setzen dabei erhebliche Mengen an Kohlendioxid und anderen klimawirksamen Gasen frei. Moorschutz dient daher dem Schutz der biologischen Vielfalt und dem Klimaschutz gleichermaßen. Er ist deshalb ein Handlungs- und Umsetzungsschwerpunkt der baden-württembergischen Naturschutzstrategie. Mit der Einrichtung einer Kompetenzstelle Moorschutz im Jahr 2014 bei der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) wurde der besondere Stellenwert des Moorschutzes nochmals unterstrichen.
Moorschutzkonzeption – Neubeginn für den Moorschutz im Land
Um den Moorschutz in Baden-Württemberg weiter zu stärken, hat die Landesanstalt für Umwelt (LUBW) zusammen mit dem Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft 2014 eine Moorschutzkonzeption entwickelt und seither fortlaufend umgesetzt. Die Konzeption stellte einen Neubeginn für den Moorschutz in Baden-Württemberg dar. Ziel war und ist es, Hoch- und Niedermoore systematisch zu erhalten und zu renaturieren. Dafür werden Aktivitäten zu Schutz der Moore gebündelt, koordiniert und optimiert. Dabei wird die Zusammenarbeit zwischen Fachverwaltungen, amtlichem und ehrenamtlichem Naturschutz, Verbänden und der Forschung gefördert.
Mit der Entwicklung und Umsetzung der Moorschutzkonzeption werden die Voraussetzungen für eine Renaturierung der baden-württembergischen Moore verbessert. Moorrenaturierungen und deren positive Auswirkungen auf den Klimaschutz sind langfristig angelegte Prozesse. Die sorgfältige Planung und fachgerechte Umsetzung von Wiedervernässungen, die Verhinderung von Nährstoffeinträgen und die Durchführung von Pflegemaßnahmen in Mooren sowie die Organisation von moorangepassten Nutzungen werden auch zukünftig wichtige Schwerpunkte der Naturschutzarbeit in Baden-Württemberg sein.
Für Renaturierungsprojekte in den unterschiedlichen Mooren müssen jeweils konkret zugeschnittene Maßnahmen entwickelt und umgesetzt werden. Dazu werden wir in den kommenden Jahren unseren Fokus auf die Erhebung und Auswertung relevanter Daten sowie die Abstimmung von Leitbildern und Maßnahmen mit den Beteiligten legen. Ein weiterer Schwerpunkt unserer Arbeit wird sein, entsprechende Maßnahmenpläne zu erstellen und umzusetzen.
Elemente der Moorschutzkonzeption
Eine unverzichtbare Grundlage für die Entwicklung der Moorschutzkonzeption ist das Moorkataster. In dem Kataster werden die Flächen, das Erscheinungsbild und die Torfmächtigkeiten der Moore des Landes dokumentiert. Die erste Erfassung dieser Daten begann bereits vor mehr als zwei Jahrzehnten. Auf Grund der enormen Bedeutung der Moore in Zusammenhang mit dem Klimawandel wird das Moorkataster als bestehendes und bewährtes Instrument für das Monitoring auch künftig weitergeführt.
Die Moorschutzkonzeption besteht aus acht Elementen, die zeitlich gestaffelt erarbeitet werden:
Die 2015 veröffentliche Broschüre „Moorschutzprogramm Baden-Württemberg“ ist das Rückgrat der Moorschutzkonzeption. Das Moorschutzprogramm legt den strategischen Rahmen mit den Zielen, Handlungsfeldern und Instrumenten für den Moorschutz in Baden-Württemberg fest. Mit ihm schafft das Land die Grundlage für eine dauerhafte Sicherung der noch vorhandenen, naturnahen Moore sowie für die Renaturierung beeinträchtigter Moore.
Das Handbuch wird gemeinsam mit bayerischen Moorexpertinnen und Moorexperten erarbeitet. Es zeigt Erfahrungen, Möglichkeiten und Erfordernisse bei der Renaturierung der süddeutschen Moore speziell unter Naturschutzaspekten auf. Das Handbuch ist für die praktische Anwendung gedacht und soll nach Fertigstellung der Fachöffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden.
Derzeit gibt es sechs Pilotgebiete zur Moorrenaturierung. Die Gebiete Brunnenholzried und Saßweiher (Bad Waldsee) sowie Steinacher Ried werden dabei von der Forstverwaltung betreut, die Gebiete Gradnausbruch (Linkenheim-Hochstetten und Dettenheim), Fohrenmoos (Ibach) und Haidgauer Hochmoorschild (Bad Wurzach) von der Naturschutzverwaltung. Aktuell werden dort vorbereitende Arbeiten durchgeführt. Zahlreiche Pegel zur Messung der in Mooren schwankenden Wasserstände wurden bereits gesetzt und ausgewertet. Zudem wurden Untersuchungen zu Tiefe und Zustand der lagernden Torfe, zur Oberflächenmorphologie und zu Flora und Fauna durchgeführt. Mit den damit gewonnenen Daten werden maßgeschneiderte Maßnahmen für die Renaturierung entwickelt und umgesetzt.
Kenntnislücken zur Renaturierung von Mooren werden bei Bedarf mit Hilfe von Forschungs- und Entwicklungsvorhaben geschlossen. Die Themengebiete sind dabei sehr vielfältig. Sie reichen von verbesserten Prognosemethoden zur Ermittlung der Treibhausgasemissionen über moorschonende Verfahren bei der landwirtschaftlichen Nutzung bis hin zu naturschutzfachlichen Fragen, ob und unter welchen Bedingungen Lebensgemeinschaften von Pflanzen und Tieren erfolgreich wiederhergestellt werden können.
Die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg entwickelt ein Biotophilfskonzept Moore. Es soll als Grundlage für die Landschaftspflege in den Moorgebieten dienen und enthält Empfehlungen, welche Moorlebensräume vorrangig zu pflegen sind, um die charakteristische Artenvielfalt zu erhalten, und welche Methoden dabei besonders zielführend sind.
Die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg erarbeitet derzeit auch ein Renaturierungskataster. Das Kataster soll helfen, regional und landesweit abzuschätzen, wo die dringliche Notwendigkeit und das Potenzial für erfolgreiche Renaturierungen von Moorflächen gegeben ist. So wird es möglich, Schwerpunktgebiete und konkrete Entwicklungsziele für Moorrenaturierungen festzulegen. Die Gebietskulisse des Katasters wird aus dem Moorkataster, dem Digitalen Geländemodell Baden-Württembergs, der Biotopkartierung des Landes sowie weiteren Daten mit Raumbezug entwickelt.
Das von der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg noch zu erstellende Moorinformationssystem soll auf der Basis der vorgenannten Bausteine alle relevanten Informationen über die Verbreitung der Moore, deren Renaturierungspotenzial, über abgeschlossene und laufende Renaturierungsprojekte sowie Forschungsaktivitäten vereinen. Vorgesehen ist zudem, Steckbriefe der Moorgebiete als kompakte Informationsquellen zu erarbeiten und Hinweise zur Finanzierung und Förderung von Moorrenaturierungen darzustellen. Wenn das Moorinformationssystem fertig ist, wird es ebenfalls öffentlich zugänglich sein.
Die flächige Umsetzung der Moorkonzeption beginnt, wenn die Arbeiten am Handbuch Moorschutz weitgehend abgeschlossen und mit Hilfe des Renaturierungskatasters Schwerpunktgebiete für die Moorrenaturierung festgelegt sind. Außerdem muss auf Grundlage des Biotophilfskonzepts Moore über die jeweils erforderlichen Pflege und Entwicklungsmaßnahmen entschieden werden. Im Anschluss werden die Moorschutzmaßnahmen nach und nach unter Einbeziehung aller relevanten Akteure und unter Information der Öffentlichkeit umgesetzt.
Abgeschlossene Renaturierungsprojekte
Große Projekte zur Moorrenaturierung in Baden-Württemberg wurden bereits im Pfrunger-Burgweiler Ried, im Horbacher Moor, im Wurzacher Ried sowie am Federsee durchgeführt.
Neben großen Renaturierungsprojekten finden auch viele kleinere Maßnahmen zur Umsetzung der Moorschutzkonzeption im Land statt. So wurden beispielsweise in Rahmen des Sonderprogramms zur Stärkung der biologischen Vielfalt geschädigte Moore wiedervernässt, Gehölzaufwuchs entnommen, um offene und nährstoffarme Moorflächen als Artenlebensraum zu erhalten sowie Moorflächen gekauft, um sie zu sanieren oder eine klimafreundliche Bewirtschaftung umzusetzen.
Als eine neuartige Form der Zusammenarbeit bei Moorrenaturierungen haben die Daimler AG und der NABU Baden-Württemberg von 2013 bis 2017 das Kooperationsprojekt „Moore mit Stern“ durchgeführt. Ziel war es, geschädigte Moore wiederherzustellen. Bearbeitet wurden in diesem Rahmen das Hinterzartener Moor und die Bodenmöser im Allgäu. Wichtigste Maßnahme war der Verschluss alter Entwässerungsgräben mit Sperren, um das Wasser wieder im Moor zu halten.
Auch im laufenden Naturschutzgroßprojekt Baar und im Jahr 2021 gestarteten Hotspot Projekt „Naturvielfalt Westallgäu“ werden Maßnahmen zum Schutz des Moors und seiner Renaturierung umgesetzt.
So wurden beispielsweise im Rahmen des Sonderprogramms zur Stärkung der biologischen Vielfalt
- geschädigte Moore wiedervernässt,
- Gehölzaufwuchs entnommen, um offene und nährstoffarme Moorflächen als Artenlebensraum zu erhalten,
- Moorflächen gekauft, um sie zu sanieren oder eine klimafreundliche Bewirtschaftung umzusetzen.
Allein im Wurzacher Ried konnten 2020 rund 54 Hektar Moorfläche angekauft werden.