Abfall- und Kreislaufwirtschaft

Vom Müllnotstand zum Musterland – 30 Jahre Abfallbilanz Baden-Württemberg

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Umweltminister Franz Untersteller: „Die Abfallbilanz informiert und schafft Transparenz – das trägt maßgeblich zur positiven Entwicklung der Abfallwirtschaft bei.“

„Drei Jahrzehnte nach der ersten Abfallbilanz und der damit verbundenen systematischen Datenerhebung steht Baden-Württemberg bei der Sammlung, Verwertung und Entsorgung kommunaler Abfälle hervorragend da. Bei wesentlichen Kennziffern wie Restmüllmenge, Müllgebühren und Wertstoffsammlung haben wir sehr viel erreicht und auch beim Ausbau der Abfallentsorgungsanlagen zeigt der Vergleich mit 1990 große Erfolge“, freute sich Umweltminister Franz Untersteller heute (29.07.) bei der Vorstellung der Abfallbilanz Baden-Württemberg für das Jahr 2018.

„1990 wussten wir kaum, wohin mit dem Müll, wir diskutierten über neue Deponien und neue Verbrennungskapazitäten, wir mussten viele Tausend Tonnen nach Frankreich oder in andere Bundesländer exportieren. Der Begriff Müllnotstand gehörte damals zum Vokabular der Abfallwirtschaft“, führte Untersteller aus. Verpackungsverordnung und die Einführung des dualen Systems, die Technische Anleitung Siedlungsabfall und die immer konsequentere Umsetzung der Abfalltrennung bewirkten die Wende. Auch das Instrument der Abfallbilanz als Spiegel und als Wettbewerbsanreiz für die Abfallwirtschaft der Kreise habe dazu beigetragen, Baden-Württemberg zu einem Musterland der Abfallwirtschaft zu entwickeln. 

Mengenentwicklung

Das Pro-Kopf-Aufkommen an Haus- und Sperrmüll ist in den letzten drei Jahrzehnten um fast die Hälfte zurückgegangen (Von 269 auf 140 kg/Einwohner), die kommunale Abfallmenge aus häuslichen Abfällen, Gewerbeabfällen und Bauschutt hat von 31 Millionen Tonnen im Jahr 1990 auf jetzt 12,4 Millionen Tonnen abgenommen. Im Gegenzug steigt die erfasste Menge an Wertstoffen und Bioabfällen kontinuierlich an. Mehr als ein Viertel der kommunalen Abfälle gehören heute dieser Kategorie an – 1990 waren es vier Prozent.

„Die Zahlen zeigen, dass es gelingt, auf dem Weg von der Wegwerf- zu einer umweltschonenden Kreislaufgesellschaft voranzukommen“, so der Umweltminister. „Der Weg ist allerdings noch nicht zu Ende. Insbesondere bei der Erfassung von Bioabfällen hinken wir unseren Ansprüchen noch hinterher. Und natürlich bei der Königsdisziplin der Abfallwirtschaft: der Vermeidung.“

Auch dafür gibt es einen Beleg: Die häuslichen Abfälle (Haus- und Sperrmüll, Bioabfälle und Wertstoffe) zusammengenommen hat es in den letzten Jahrzehnten nur geringfügige Veränderungen gegeben. 1990 waren 352 Kilogramm pro Kopf, 2018 mit 353 Kilogramm etwas mehr.

Kreis-Ranking 2018

Nach wie vor führt Baden-Baden die Kreisliste bei der Menge häuslicher Abfälle an (501 kg, - 14 kg im Vergleich zu 2017), gefolgt von Mannheim (414 kg, - 0 kg) und Lörrach (403 kg, + 2 kg). Am anderen Ende der Skala stehen Ravensburg (253 kg, - 3 kg), Tübingen (271 kg, - 16 kg) und Schwäbisch Hall (300 kg, + 3 kg)

Das Abfallaufkommen in den Stadt-und Landkreisen weist große Unterschiede auf. Das ist in den unterschiedlichen Strukturen der Stadt- und Landkreise begründet. Die Größe eines Kreises, seine Wirtschafts- und Besiedlungsstruktur oder auch der Anteil der gewerblichen Abfälle am kommunalen Abfallaufkommen spielen hierbei eine Rolle.

Beim Haus- und Sperrmüll haben in der Kategorie „Ländliche Kreise“ mit 74 kg je Einwohner der Landkreis Freudenstadt, in der Kategorie „Städtische Kreise“ der Landkreis Calw mit 65 kg je Einwohner das geringste Aufkommen. In der Kategorie „Kreisfreie Großstädte“ die Stadt Freiburg mit 109 kg je Einwohner.  Am meisten Bioabfall hat Baden-Baden (130 kg) und am meisten Wertstoffe der Kreis Waldshut (219 kg) eingesammelt.

Gebührenentwicklung

Positiv sei auch die Entwicklung der Gebühren verlaufen. Untersteller verwies auf die historisch niedrige Durchschnittsgebühr für einen 4-Personen-Haushalt von 148 Euro im Jahr 2014 hin: „Ich denke zwar, dass wir damit den Tiefststand erreicht hatten. Aber dass wir es überhaupt soweit schaffen würden, hätte uns seinerzeit vermutlich niemand zugetraut. Nimmt man die allgemeine Kostenentwicklung als Maßstab, müssten wir bei gleicher Gebührenbelastung wie 2002, zu Beginn unserer Gebührenhebung, heute Durchschnittsgebühren von mehr als 224 Euro haben. Tatsächlich hatten wir 2019 etwas mehr als 156 Euro.“

In insgesamt 10 Stadt- und Landkreisen wurden die Gebühren im Vergleich zum Vorjahr erhöht. Grund seien unter anderem bessere Serviceleistungen, höhere Personalkosten oder geringere Erlöse für Wertstoffe gewesen. Kein einziger Stadt- und Landkreis hat seine Gebühren gesenkt.

Den größten Sprung machte der Zollernalbkreis von 182 Euro auf 217 Euro. Mit am meisten mussten Haushalte im Landkreis Konstanz und in der Stadt Mannheim bezahlen.

Nach wie vor ist auch die Spanne zwischen den Gebühren in den einzelnen Kreisen sehr hoch. Das liegt vor allem an den unterschiedlichen Systemen und Leistungen, die über die Gebühren bezahlt werden. So gibt es Abfallwirtschaftsbetriebe, die Mülltonnen bei der Sammlung sogar aus den Kellern der Häuser holen. Dies wirkt sich natürlich auf die Gebührenhöhe aus.

Blick nach vorne

Neben der Müllvermeidung als größte Herausforderung und gesellschaftliches Dauerthema in der Abfallwirtschaft nannte Umweltminister Franz Untersteller die Themen Müllverbrennung und Deponierung als wichtige Aufgaben der kommenden Jahre. „Wir, das heißt vor allem die entsorgungspflichtigen Kreise, müssen uns beizeiten darum kümmern, dass es mittel- und langfristig genügend Entsorgungskapazitäten im Land gibt. Die Müllverbrennungsanlagen sind nahezu ausgelastet. Und bei den Deponien zeichnet sich ab, dass wir insbesondere bei der Deponieklasse I für belastete Böden und nicht verwertbaren Bauschutt aktiv werden müssen“, sagte Untersteller.

Eine Deponiekonzeption werde von den Kreisen mit Unterstützung des Landes derzeit erarbeitet.

Zum Herunterladen

Abfallbilanz 2018 [07/19; 5,9 MB]

Anlagen: Grafiken aus der Abfallbilanz 2018 [07/19; 505 KB]