Um Vögel vor Stromschlägen besser zu schützen, sollen Freilandleitungen im Mittelspannungsnetz nachgerüstet werden. Das haben Umweltministerium, NABU Baden-Württemberg, Verband für Energie- und Wasserwirtschaft Baden-Württemberg e.V. (VfEW) sowie mehrere Netzbetreiber vereinbart.
Immer noch droht vielen Vögeln an Mittelspannungsfreileitungen der Stromtod. Denn vor allem Großvögel wie Störche, Greifvögel oder Eulen nutzen die Freileitungsmasten als Sitz-, Schlaf- oder Brutplatz und können dabei die Isolatoren der Leitungen überbrücken oder die Leitungen kurzschließen. Und das trotz vieler Schutzmaßnahmen, die die Netzbetreiber in der Vergangenheit bereits ergriffen haben.
Um dieses Risiko weiter zu reduzieren und Vögel flächendeckend im Land besser zu schützen, haben das Umweltministerium Baden-Württemberg, der NABU Baden-Württemberg, der Verband für Energie- und Wasserwirtschaft Baden-Württemberg e.V. (VfEW) sowie mehrere Netzbetreiber heute (07.07.) eine gemeinsame Vereinbarung zum Vogelschutz an Mittelspannungsfreileitungen unterzeichnet.
Vereinbarung schließt Lücke bei Nachrüstungen
„Vogelschutz an Mittelspannungsfreileitungen ist ein wichtiges Thema, das uns schon sehr lange beschäftigt. Denn für viele Vögel geht von ihren Masten ein hohes Risiko aus, das jedes Jahr unzählige mit ihrem Leben bezahlen“, betonte Umweltstaatssekretär Andre Baumann.
Zwar gibt das Bundesnaturschutzgesetz bereits vor, Masten von Mittelspannungsfreileitungen zum Schutz der Vögel vor Stromschlägen nachzurüsten. Bei vielen Strommasten haben sich die ursprünglich durchgeführten Schutzmaßnahmen inzwischen jedoch als unwirksam erwiesen. „Mit der jetzt getroffenen Vereinbarung schließen wir diese Lücke nun schnellstmöglich und gehen die Nachrüstungen sukzessive weiter an“, so Baumann weiter. „Und es heißt jetzt, weiter dafür zu werben, dass noch weitere Netzbetreiber unserem gemeinsamen Vorhaben beitreten und für mehr Vogelschutz an Mittelspannungsleitungen sorgen.“
Risiko des Stromtods von Vögeln zu reduzieren
„Mit dieser lang verhandelten Vereinbarung ist ein wichtiger Auftakt zu mehr Schutz für Störche, Uhus und andere Großvögel vor tödlichen Stromschlägen an Mittelspannungsmasten gemacht. Allerdings ist damit das Problem noch nicht vom Tisch. Die Um- und Nachrüstung wird noch Jahre dauern. Aktuell deckt die neue Vereinbarung nur etwa 70 Prozent des Mittelspannungsnetzes ab. Der NABU fordert daher alle Netzbetreiber auf, sich dieser Vereinbarung anzuschließen und den Stromtod zu stoppen“, sagte NABU-Landesvorsitzender Johannes Enssle.
Nachrüstung gefährlicher Altmasttypen in drei Phasen
Die heute unterzeichnete Vereinbarung bildet den erfolgreichen Schlusspunkt intensiver und konstruktiver Gespräche zwischen dem Umweltministerium, dem NABU Baden-Württemberg und dem VfEW als Vertreter von über 90 Prozent der baden-württembergischen Netzbetreiber. Mit dieser wird die Nachrüstung besonders gefährlicher Altmasttypen in drei Phasen auf Basis der aktuellen Schutzstandards beschlossen. Phase 1 der Nachrüstung soll hiernach im Jahr 2027 abgeschlossen sein.
„Als Netzbetreiber haben wir nicht nur Verantwortung für eine sichere Stromversorgung, sondern auch für den Natur- und Artenschutz“, betonte Klaus Saiger, Präsident des VfEW. „Diese Verantwortung nehmen wir ernst und haben uns bereit erklärt, trotz bestehenden, älteren Vogelschutzes in die Nachrüstung bei besonders gefährdenden Masten zu investieren und den Vogelschutz weiter zu verbessern. Wir planen eine schrittweise Nachrüstung, da uns bei der Personal- und Materialverfügbarkeit - wie in anderen Bereichen auch - Grenzen gesetzt sind und wir zudem auch landwirtschaftliche Belange beachten müssen, da viele Masten auf landwirtschaftlich genutzten Flächen stehen.“
Seinen Dank drückte der Umweltstaatssekretär den beteiligten Verbänden und den Netzbetreibern aus, die der Vogelschutz-Vereinbarung heute beigetreten sind: „Eine sehr gute Nachricht für den Vogelschutz, den wir damit in Baden-Württemberg gemeinsam ein wichtiges Stück voranbringen.“
Ergänzende Informationen
Rund 62.230 Kilometer Mittelspannungsleitungen gibt es in Baden-Württemberg. Davon sind 13.750 Kilometer Freileitungen, die restlichen rund 80 Prozent des Mittelspannungsleitungsnetzes sind als Kabel in der Erde verlegt. Netzbetreiber planen zudem, in den kommenden Jahren weitere Freileitungen durch Erdverkabelung zu ersetzen.
Von der nun unterzeichneten Vereinbarung sind rund 26.000 Sondermasten in Baden-Württemberg betroffen, die teilweise bereits Vogelschutz aufweisen und nun nach und nach mit dem aktuellen Vogelschutzstandard nachgerüstet werden. Zu den unterzeichnenden Unternehmen zählen:
- bnNetze GmbH
- ED Netze GmbH
- ENRW Energieversorgung Rottweil GmbH & Co.KG
- Stadtwerke Fellbach GmbH
- MVV Netze GmbH
- Netze BW GmbH
- Stadtwerke Buchen GmbH & Co.KG
- Fair Netz GmbH
- TWS Netz GmbH