Einstufung: Meldekategorie N (Normalmeldung). Nach internationaler Bewertungsskala INES „Stufe 0“ – keine oder sehr geringe sicherheitstechnische Bedeutung
Am 22. Dezember 2017 hat der Betreiber im Rahmen eines Rundgangs im Kontrollbereich des Kernkraftwerks Neckarwestheim, Block II, eine Leckage an einer Rohrleitung hinter einer Umwälzpumpe im System zur Behandlung radioaktiver Konzentrate der Abwasserbehandlung festgestellt. Abschätzungen ergaben, dass dabei etwa 100 Liter radioaktives Konzentrat in den betreffenden Raum (Kontrollbereich) des Reaktorhilfsanlagengebäudes austraten.
Einstufung durch den Kraftwerksbetreiber: Meldekategorie N (Normalmeldung); INES 0 (keine oder sehr geringe sicherheitstechnische Bedeutung)
Maßnahmen des Kraftwerksbetreibers: Die Umwälzpumpe wurde unverzüglich abgeschaltet und die Leckage dadurch beendet. Der betroffene Raumbereich wurde dekontaminiert. Die dabei angefallenen Abwässer wurden wieder der Abwasserbehandlung des Kontrollbereichs zugeführt. Der undichte Leitungsabschnitt wurde ausgebaut. Die Schadensursache wird weiter untersucht. Das System wird bis zum Abschluss der Reparatur außer Betrieb bleiben.
Das System zur Behandlung radioaktiver Konzentrate hat die Aufgabe, bestimmte Flüssigabfälle wie zum Beispiel Verdampferkonzentrate oder Schlämme aus der Abwasseraufbereitung im Hinblick auf die spätere Endlagerung zu behandeln. Es handelt sich um eine Entsorgungseinrichtung ohne sicherheitstechnische Relevanz für die Reaktoranlage oder das Brennelement-Lagerbecken.
Im Hinblick auf die Kontamination ist festzustellen, dass diese auf den betroffenen Raum beschränkt blieb und keine Personenkontaminationen oder Inkorporationen beim Betreiberpersonal auftraten. Die Ortsdosisleistung lag in einem Bereich, der im Kontrollbereich grundsätzlich zu erwarten ist. Die Kontrolle der Fortluft, die über den Kamin abgegeben wird, hat keine Auffälligkeiten ergeben. Damit ist die radiologische Bedeutung der Leckage gering.
Ergänzende Informationen
Die für die kerntechnische Sicherheit bedeutsamen Ereignisse sind den atomrechtlichen Aufsichtsbehörden der Länder nach den bundeseinheitlichen Kriterien der Atomrechtlichen Sicherheitsbeauftragten- und Meldeverordnung – AtSMV zu melden. Ziel des Meldeverfahrens ist, den Sicherheitsstand der Kernkraftwerke zu überwachen, dem Auftreten ähnlicher Fehler in anderen Kernkraftwerken vorzubeugen und die gewonnenen Erkenntnisse in sicherheitstechnische Verbesserungen einfließen zu lassen.
Die meldepflichtigen Ereignisse sind unterschiedlichen Kategorien zugeordnet (Erläuterungen zu den Meldekriterien für meldepflichtige Ereignisse):
Kategorie S (Unverzügliche Meldung)
Ereignisse, die der Aufsichtsbehörde unverzüglich gemeldet werden müssen, damit sie gegebenenfalls in kürzester Frist Prüfungen einleiten oder Maßnahmen veranlassen kann. Hierunter fallen auch die Vorkommnisse, die akute sicherheitstechnische Mängel aufzeigen.
Kategorie E (Meldung innerhalb von 24 Stunden)
Ereignisse, die der Aufsichtsbehörde binnen 24 Stunden gemeldet werden müssen, damit sie gegebenenfalls in kurzer Frist Prüfungen einleiten oder Maßnahmen veranlassen kann. Hierunter fallen auch die Ereignisse, deren Ursache aus Sicherheitsgründen in kurzer Frist geklärt und gegebenenfalls in angemessener Zeit behoben werden muss. In der Regel handelt es sich dabei um sicherheitstechnisch potentiell – aber nicht unmittelbar – signifikante Ereignisse.
Kategorie N (Meldung bis zum fünften Werktag)
Ereignisse, die der Aufsichtsbehörde innerhalb von 5 Werktagen gemeldet werden müssen, um eventuelle sicherheitstechnische Schwachstellen frühzeitig erkennen zu können. Dies sind in der Regel Ereignisse von geringer sicherheitstechnischer Bedeutung, die über routinemäßige betriebstechnische Einzelereignisse bei vorschriftsmäßigem Anlagenzustand und -betrieb hinausgehen. Unverfügbarkeiten von Komponenten/Systemen, die durch im Betriebshandbuch spezifizierte Prozeduren temporär beabsichtigt herbeigeführt werden, sind nicht meldepflichtig, wenn dies auch in der Sicherheitsspezifikation des Betriebshandbuches entsprechend berücksichtigt ist.
Internationale Bewertungsskala INES:Aufgrund einer Vereinbarung zwischen den Betreibern der Kernkraftwerke und dem Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit werden meldepflichtige Ereignisse in Kernkraftwerken auch nach der Bewertungsskala INES (International Nuclear and Radiological Event Scale) der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) und der Nuklearenergie-Agentur (NEA) der OECD bewertet. Sie hat eine rasche und für die Öffentlichkeit verständliche Bewertung eines Ereignisses zum Ziel.
Die Skala umfasst sieben Stufen:
1 – Störung
2 – Störfall
3 – ernster Störfall
4 – Unfall mit örtlich begrenzten Auswirkungen
5 – Unfall mit weitergehenden Auswirkungen
6 – schwerer Unfall
7 – katastrophaler Unfall
Meldepflichtige Ereignisse, die nach dem INES-Handbuch nicht in die Skala (1 – 7) einzuordnen sind, werden unabhängig von der sicherheitstechnischen Bedeutung nach nationaler Beurteilung der „Stufe 0” zugeordnet.