Einstufung: Meldekategorie N (Normalmeldung) – Nach internationaler Bewertungsskala INES „Stufe 0“ – Ereignis hat keine oder sehr geringe sicherheitstechnische Bedeutung
Im Kernkraftwerk Philippsburg 2 wurde im Rahmen einer wiederkehrenden Prüfung (WKP) an einer Messstelle zur Überwachung der Edelgasaktivität im Fortluftkamin ein fehlerhaft eingestellter Grenzwert festgestellt. Aufgrund der Einstellung hätte die betroffene Messstelle eins von zwei Signalen für die Alarmierung bei einer Überschreitung des Tagesgrenzwerts erst bei einer höheren Aktivität als vorgesehen ausgelöst. Bei der Ursachenforschung hat der Betreiber festgestellt, dass in der Vergangenheit Prüfungen an der Messstelle nicht gemäß der gültigen Prüfanweisung durchgeführt wurden. Es handelte sich bei den Prüfern um dieselben Personen, die auch schon an den im April bekannt gewordenen vorgetäuschten Prüfungen beteiligt waren.
Einstufung durch den Kraftwerksbetreiber: Meldekategorie N (Normalmeldung); INES 0 (keine oder sehr geringe sicherheitstechnische Bedeutung).
Maßnahmen des Kraftwerksbetreibers: Der Betreiber hat den Grenzwert korrigiert. Aufgrund der im April bekannt gewordenen Täuschungen bei wiederkehrenden Prüfungen hatte der Betreiber das Prüfteam für Strahlenmesstechnik am Standort Philippsburg ausgetauscht. Der aktuelle Sachverhalt wurde von dem neuen Prüfteam bemerkt. Das Team wiederholt alle WKP an der Strahlenmesstechnik.
Der falsch eingestellte Spannungswert am Grenzsignalgeber hatte keine Auswirkungen auf die radiologische Funktionalität der betroffenen Edelgasmessstelle. Allerdings hätte einer ihrer zwei Ausgänge für den Tagesgrenzwert erst bei einer höheren Aktivität als derjenigen, die dem Tagesgrenzwert entspricht, ein Signal an die Warte abgesetzt. Ein Anstieg der Fortluftaktivität wäre jedoch bereits durch die vorgelagerten Grenzwerte sowie durch die redundante Edelgasmessstelle festgestellt worden. Über die redundante Messstelle und den zweiten Ausgang der betroffenen Messstelle wäre auch im Falle einer Überschreitung des Tagesgrenzwerts die Alarmierung auf der Warte ausgelöst worden. Es ergaben sich keine Auswirkungen auf Personen und die Umwelt.
Ergänzende Informationen
Die für die kerntechnische Sicherheit bedeutsamen Ereignisse sind den atomrechtlichen Aufsichtsbehörden der Länder nach den bundeseinheitlichen Kriterien der Atomrechtlichen Sicherheitsbeauftragten- und Meldeverordnung – AtSMV zu melden. Ziel des Meldeverfahrens ist, den Sicherheitsstand der Kernkraftwerke zu überwachen, dem Auftreten ähnlicher Fehler in anderen Kernkraftwerken vorzubeugen und die gewonnenen Erkenntnisse in sicherheitstechnische Verbesserungen einfließen zu lassen.
Die meldepflichtigen Ereignisse sind unterschiedlichen Kategorien zugeordnet (Erläuterungen zu den Meldekriterien für meldepflichtige Ereignisse):
Kategorie S (Unverzügliche Meldung)
Ereignisse, die der Aufsichtsbehörde unverzüglich gemeldet werden müssen, damit sie gegebenenfalls in kürzester Frist Prüfungen einleiten oder Maßnahmen veranlassen kann. Hierunter fallen auch die Vorkommnisse, die akute sicherheitstechnische Mängel aufzeigen.
Kategorie E (Meldung innerhalb von 24 Stunden)
Ereignisse, die der Aufsichtsbehörde binnen 24 Stunden gemeldet werden müssen, damit sie gegebenenfalls in kurzer Frist Prüfungen einleiten oder Maßnahmen veranlassen kann. Hierunter fallen auch die Ereignisse, deren Ursache aus Sicherheitsgründen in kurzer Frist geklärt und gegebenenfalls in angemessener Zeit behoben werden muss. In der Regel handelt es sich dabei um sicherheitstechnisch potentiell – aber nicht unmittelbar – signifikante Ereignisse.
Kategorie N (Meldung bis zum fünften Werktag)
Ereignisse, die der Aufsichtsbehörde innerhalb von 5 Werktagen gemeldet werden müssen, um eventuelle sicherheitstechnische Schwachstellen frühzeitig erkennen zu können. Dies sind in der Regel Ereignisse von geringer sicherheitstechnischer Bedeutung, die über routinemäßige betriebstechnische Einzelereignisse bei vorschriftsmäßigem Anlagenzustand und -betrieb hinausgehen. Unverfügbarkeiten von Komponenten/Systemen, die durch im Betriebshandbuch spezifizierte Prozeduren temporär beabsichtigt herbeigeführt werden, sind nicht meldepflichtig, wenn dies auch in der Sicherheitsspezifikation des Betriebshandbuches entsprechend berücksichtigt ist.
Internationale Bewertungsskala INES:
Aufgrund einer Vereinbarung zwischen den Betreibern der Kernkraftwerke und dem Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit werden meldepflichtige Ereignisse in Kernkraftwerken auch nach der Bewertungsskala INES (International Nuclear and Radiological Event Scale) der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) und der Nuklearenergie-Agentur (NEA) der OECD bewertet. Sie hat eine rasche und für die Öffentlichkeit verständliche Bewertung eines Ereignisses zum Ziel.
Die Skala umfasst sieben Stufen:
1 – Störung
2 – Störfall
3 – ernster Störfall
4 – Unfall mit örtlich begrenzten Auswirkungen
5 – Unfall mit weitergehenden Auswirkungen
6 – schwerer Unfall
7 – katastrophaler Unfall
Meldepflichtige Ereignisse, die nach dem INES-Handbuch nicht in die Skala (1 – 7) einzuordnen sind, werden unabhängig von der sicherheitstechnischen Bedeutung nach nationaler Beurteilung der „Stufe 0” zugeordnet.