Wir tragen Verantwortung

Wie geht das Land mit dem Thema Ressourcen­gerechtigkeit um?

Berechne Lesezeit
  • Teilen
Weniger Abfall in der Produktion schont die Ressourcen und spart Materialkosten.

Welches Ziel verfolgt die Landesstrategie Ressourceneffizienz Baden-Württemberg? Diese und weitere Fragen beantwortet Staatssekretär Andre Baumann im Interview mit dem Eine Welt-Journal „Südzeit” des DEAB (Dachverband Entwicklungspolitik Baden-Württemberg e. V.).

Herr Dr. Baumann, welches Ziel verfolgt die Landesstrategie Ressourceneffizienz Baden-Württemberg?

Die neue Landesstrategie befindet sich insgesamt noch im Abstimmungsprozess. Unser Entwurf macht sechs prioritäre Handlungsfelder aus, auf die sich mehr als 40 Maßnahmen aufteilen. Unsere Schwerpunkte liegen dabei auf Innovationen, Strategien und Forschung, Material- und Energieeffizienz in Unternehmen sowie zirkulärem Wirtschaften. Auch die Transparenz der Wertschöpfungskette, die nachhaltige und sichere Rohstoffgewinnung und die Ressourceneffizienz spezifisch in der Baubranche gehen wir gezielt an. Aus diesen Feldern ergibt sich ein direkter ökologischer, sozialer und wirtschaftlicher Nutzen.

Der Abbau unserer Rohstoffe geht oftmals einher mit Verletzungen von Menschenrechten sowie Umweltzerstörungen im Globalen Süden. Wie möchte Baden-Württemberg seiner Verantwortung gerecht werden?

Dieser Verantwortung stellen wir uns bewusst. Bereits der effizientere Ressourceneinsatz reduziert den „global footprint“, der gerade Menschen aus dem sogenannten Globalen Süden leider besonders trifft. Beim Handlungsfeld „Transparenz“ wollen wir zum Beispiel erreichen, dass wichtige Produktinformationen entlang der gesamten Lieferkette transportiert und zugänglich gemacht werden. Negative Einwirkungen in der Lieferkette und Nachhaltigkeitsaspekte werden dem Produkt quasi als Beipackzettel sichtbar angeheftet. Dazu unterstützen wir unter anderem die Entwicklung und Bereitstellung digitaler Instrumente.

Wenn die Kundenseite faire Produkte kaufen will, soll sie auch erkennen können, welches Produkt fair ist und welches nicht. Auf Seiten der Kundinnen und Kunden liegt der größte Hebel. Ihre Sensibilisierung und die Bereitstellung der benötigten Informationen spielen deshalb eine zentrale Rolle.

Anders als ressourcenreiche Länder des Globalen Südens profitieren wir von der Wertschöpfung. Wird ein Fokus auf das Thema Gerechtigkeit gelegt werden?

Der Globale Süden verfügt über wesentliche Ressourcen und Rohstoffe.

Hauptprofiteure sind aber vor allem Unternehmen in Regionen wie Baden-Württemberg. Darin sehen wir eine besondere Verpflichtung. Im Handlungsfeld „Nachhaltige Rohstoffgewinnung und sichere Rohstoffversorgung der Wirtschaft“ geht es in vielen Maßnahmen darum, wie soziale, wirtschaftliche und ökologische Anforderungen erfüllt werden können. Auch das bereits beschriebene Handlungsfeld „Transparenz“ bezieht sich auf diese Verantwortung.

Soweit das Land für sich selbst „einkauft“, legen die Beschaffungsvorschriften bereits Wert auf Ressourcengerechtigkeit.

Werden auch zivilgesellschaftliche Akteure einbezogen?

Bei der Erarbeitung der Landesstrategie wurden unterschiedliche zivilgesellschaftliche Akteure einbezogen, etwa über Naturschutzverbände, Gewerkschaften, kommunale Verbünde, Forschungseinrichtungen oder die Verbraucherzentrale. Wir setzen auch direkt auf die Bürgerinnen und Bürger, die durch ihr Nachfrageverhalten ganz entscheidend zur Ressourcenschonung, Ressourceneffizienz und Ressourcengerechtigkeit beitragen können.

Um ein nachhaltiges Niveau zu erreichen, muss unser Rohstoffbedarf sinken. Welche Lösungsansätze sind hier vorgesehen?

Die Maßnahmen unseres Entwurfs zielen auf das Entkoppeln der wirtschaftlichen Entwicklung vom Primärrohstoffverbrauch. Es geht darum, Stoffkreisläufe zu schließen („Closing the loop“) – weg vom linearen hin zum „zirkulären Wirtschaften“.

Dieses Handlungsfeld geht dabei weit über das pure Recycling hinaus. Es erfasst schon im Produktdesign etwa Haltbarkeit, geringen Materialeinsatz, Materialsubstituierung oder auch alternative Geschäftsmodelle. Als eine Methodik dazu bietet die landeseigene Umwelttechnik BW GmbH bereits Ökodesign-Schulungen an. Auch mit der Wirtschaft und Wissenschaft erarbeiten wir Strategien, setzen diese in konkreten Projekten beispielhaft um und tragen die gewonnenen Kenntnisse mittels Veröffentlichungen, renommierten Preisvergaben und Kongressen, wie etwa unserem Plastikkongress oder dem Ressourceneffizienzkongress, in die Breite. Das alles soll den Primärressourceneinsatz absolut senken.

Quelle: Eine Welt-Journal „Südzeit” des DEAB (100. Ausgabe, März 2024)