Nachhaltigkeit

Warum ist Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) wichtig?

Diese und weitere Fragen beantwortet Umweltministerin Thekla Walker in einem Interview mit dem Eine Welt-Journal „Südzeit“ des DEAB (Dachverband Entwicklungspolitik Baden-Württemberg e. V.).

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Kinder rennen durch den Flur einer Schule

Die Landesregierung hat vor zwei Jahren beschlossen, BNE im Land zu stärken. Warum ist BNE so wichtig?

Wenn wir heute die Nachrichten verfolgen wird deutlich, dass wir in einer sich rasant verändernden Welt leben, die auf allen Ebenen vernetzt ist. Beispiele wie der Klimawandel, Wirtschaftskreisläufe, Migrationsbewegungen oder die Ressourcenverteilung zeigen uns, dass es keine lokal begrenzten Phänomene mehr gibt. Die Veränderungen lassen sich nicht aufhalten. Es ist daher notwendig, die Transformation so zu gestalten, dass auch die kommenden Generationen eine lebenswerte Zukunft vor sich haben. Dazu müssen sowohl die ökologischen Lebensgrundlagen geschützt, als auch die soziale Gerechtigkeit gefördert und die ökonomische Entwicklung gesichert sein. Der Ausgleich zwischen diesen drei Säulen der Nachhaltigkeit ist eine der komplexesten Aufgaben, die sich anlässlich der globalen Herausforderungen abzeichnet und erfordert eine neue Art des Denkens.

An dieser Stelle setzen wir mit dem Konzept „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (BNE) an. Dazu entwickeln wir verschiedene Handlungs- und Gestaltungskompetenzen für die Menschen im Land. Dabei ist es genauso wichtig, die globalen Zusammenhänge zu kennen, als auch die Auswirkungen des eigenen Handelns einordnen zu können. Als ganzheitlicher Bildungsansatz versteht sich BNE also als Bildung mit Herz, Hand und Verstand. Wir zielen damit darauf ab, Menschen zu nachhaltigem Handeln zu befähigen.

Dies schließt sowohl die individuelle Ebene als auch die institutionelle und politische Ebene mit ein. Wenn wir Lösungen für die aktuellen Herausforderungen finden und Zukunft gestalten wollen, braucht es einen Bildungsansatz, der Partizipation fördert, zum Denken in komplexen Zusammenhängen befähigt, zur Selbstverantwortung ermutigt und zum Handeln motiviert. Genau dies kann aus meiner Sicht sehr gut mit einer Bildung für nachhaltige Entwicklung erreicht werden.

Welche Prioritäten setzt die Landesregierung bei der BNE-Strategie „BNE-BW 2030“?

Mit der Strategie „BNE-BW 2030“ haben wir uns in der Landesregierung darauf verständigt, gemeinsam die strukturelle Verankerung von BNE voranzubringen, die Qualitätsentwicklung und -sicherung zu fördern und die Sichtbarkeit von BNE zu erhöhen.

Bildung für nachhaltige Entwicklung findet in den unterschiedlichsten Bildungszusammenhängen statt – ob nun in formalen Zusammenhängen wie Schule, Kita oder Bildungseinrichtungen oder informell zum Beispiel in Vereinen oder Jugendhäusern.

Gleichzeitig hat BNE den Anspruch, alle Menschen zu erreichen, unabhängig von Alter, Herkunft oder Bildungsverlauf. Um die Vielzahl von Zielgruppen und Akteuren einzubeziehen, setzen wir mit der Landesstrategie auf die Schaffung von Strukturen auf der Ebene von Multiplikatorinnen und Multiplikatoren.

Dafür haben wir einen umfassenden Beteiligungsprozess eingeleitet, bei dem außerschulische Bildungsorganisationen, Verbände, Ressorts und Kirchen gemeinsam Schwerpunkte und Maßnahmen abgestimmt haben.

In Folge haben wir uns auf landesweite und regionale Netzwerktreffen, Qualifizierungsmaßnahmen und die Entwicklung eines BNE-Zertifizierungssystems verständigt. Mit diesen in unterschiedlichen Arbeitsgruppen ausgestalteten Maßnahmen wollen wir die BNE-Akteure in der Breite erreichen.

Zahlreiche außerschulische Akteure, von Globalen Klassenzimmern bis Fairen Kitas, engagieren sich für BNE. Welche Rolle spielen sie für die Umsetzung der BNE-Strategie?

Aus meiner Sicht spielen die vielen außerschulischen Akteure eine maßgebliche Rolle im Rahmen unserer übergeordneten Strategie, um BNE in der Breite zu verankern.

Über die entsprechenden Verbände und Ressorts sind die Akteure in den Umsetzungsprozess eingebunden und können sich am Austausch und der Abstimmung von Maßnahmen beteiligen. Auch hier zeigt sich wieder: Nur gemeinsam können wir die Strategie mit Leben füllen und so möglichst vielen Kindern und Jugendlichen im Land Bildungsangebote im Bereich der nachhaltigen Entwicklung machen.

Seit kurzem können sich außerschulische Akteure im Bereich BNE zertifizieren lassen. Warum ist das wichtig?

Mit dem Angebot einer Zertifizierung von außerschulischen Akteuren möchten wir die Anschlussfähigkeit der außerschulischen Angebote zur Schule herstellen. Die Zertifizierung ist in erster Linie als Prozess zu verstehen, bei dem sich die BNE-Anbietenden mit den Zielen, Prinzipien und Wirkungen ihrer pädagogischen Arbeit in Bezug auf BNE auseinandersetzen.

Den Orientierungsrahmen für diesen Prozess liefern verschiedene BNE-Kompetenzmodelle und didaktische Prinzipien. Im Laufe des Zertifizierungsprozesses ist ein Leitbild und ein pädagogisches Konzept zu erarbeiten, das möglichst von allen Mitarbeitenden mitgetragen werden sollte. Damit möchten wir sicherstellen, dass die zugrunde gelegten Qualitätskriterien in der Praxis gelebt werden und ein Qualitätsstandard gewährleistet wird, auf den sich die Schulen verlassen können.

Welche Vorteile bringt die Zertifizierung für die Einrichtungen?

Die Zertifizierung gibt Impulse nach innen und verstärkt gleichzeitig die Sichtbarkeit der Einrichtung nach außen. Dabei gibt die Zertifizierung den Einrichtungen auch die Möglichkeit, ihr Profil zu schärfen, die Qualität der pädagogischen Arbeit weiterzuentwickeln und zu sichern.

Zudem kann unserer Erfahrung nach ein Zertifizierungsprozess intern identitätsstiftend durch die Einbeziehung des gesamten Teams in die Erstellung des Leitbilds wirken.

Quelle: Eine Welt-Journal „Südzeit” des DEAB (Nr. 103, Dezember 2024)