Anfang November 2023 habe ich eine Delegation mit Vertreterinnen und Vertretern von Kommunen, Wirtschaft und Energieunternehmen nach Dänemark geleitet. Mit dem Land verbindet Baden-Württemberg seit langem eine intensive Partnerschaft. In Sachen Wärmeversorgung ist diese für uns besonders hilfreich: Dänemark hatte aus dem Ölpreisschock Anfang der 1970er Jahre die Konsequenz gezogen, seine Wärmeversorgung zu großen Teilen auf Fernwärme umzusetzen. Das versetzt das Land heute in die Lage, die Wärmeversorgung zügig und großflächig auf erneuerbare Energien umzustellen. Etwa durch Europas größte Seewasser-Wärmepumpe, die aus deutscher Produktion stammt.
Das wollen wir uns in Baden-Württemberg zum Vorbild nehmen. Der Gaspreisschock in Folge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine soll zur Konsequenz haben, dass wir uns von den ökonomischen und sicherheitspolitischen Risiken befreien, die die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern mit sich bringt. Grundlage ist die verbindliche kommunale Wärmeplanung. Sie liefert Städten und Gemeinden Daten, wo Investitionen in Wärmenetze die größte Wirkung entfalten und sie gibt Bürgerinnen und Bürgern Planungssicherheit.
Kommunale Wärmeplanung: bundesweite Vorreiterrolle für Baden-Württemberg
Baden-Württemberg hat bereits im Jahr 2020 die kommunale Wärmeplanung für 104 Stadtkreise und Große Kreisstädte mit Vorlage bis Ende 2023 verbindlich eingeführt. Damit haben wir bundesweit fachliche Maßstäbe gesetzt, die auch in das Wärmeplanungsgesetz des Bundes eingeflossen sind. Der Bund hat auf die Expertise und die Erfahrungen aus Baden-Württemberg zurückgegriffen und damit seine Regelungen zur kommunalen Wärmeplanung gestaltet und weiterentwickelt. Seit Januar 2024 ist das bundesweite Gesetz in Kraft.
In Baden-Württemberg sind wir schon einen Schritt weiter. Durch die verpflichteten Kommunen sind bereits Wärmepläne für über 50 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner Baden-Württembergs entstanden.
Damit nicht genug: Über die verpflichteten Kommunen hinaus haben rund 240 Gemeinden freiwillig eine Wärmeplanung aufgestellt, obwohl sie nicht gesetzlich verpflichtet waren, aber vom Land Förderung erhielten. Das große Interesse an der freiwilligen Planung zeigt: Die klimaneutrale Wärmeversorgung und der Weg zu dieser zu gelangen hat für die Kommunen enorme Bedeutung.
Wärmewende gelingt nur, wenn Wärmebedarf in Gebäuden sinkt
Der Wärmesektor hat mit rund 50 Prozent den größten Anteil am Endenergieverbrauch und bietet damit großes Potenzial, Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Um die Energiewende voranzubringen und die Wärmeversorgung in Baden-Württemberg spätestens bis zum Jahr 2040 nahezu klimaneutral zu gestalten, müssen wir den Wärmebedarf vor allem von Gebäuden konsequent reduzieren. Zunächst müssen wir Energie einsparen, dann unsere Gebäude effizienter machen – Stichwort Dämmen und klimaneutrales Heizen. Den Restbedarf an Wärme müssen nach und nach möglichst vollständig erneuerbare Energien und Abwärme decken.
Die kommunale Wärmeplanung bildet dabei die Grundlage für eine klimaneutrale Wärmeversorgung vor Ort. Da Wärme nicht so leicht transportierbar ist wie Strom, muss die Modernisierung der Infrastruktur unter Berücksichtigung der individuellen Gegebenheiten vor Ort gestaltet werden.
Kommunale Wärmeplanung gibt allen Beteiligten Planungssicherheit: den Bürgerinnen und Bürgern, den Kommunen und den handelnden Unternehmen von Stadtwerken, Wohnungsgesellschaften bis zum Handwerk. Die Planungen helfen Bürgerinnen und Bürgern und anderen lokalen Akteuren bei ihrer Entscheidung, welche Heiztechnologie für das jeweilige Gebäude am besten geeignet ist und in diese zu investieren.
Kommunen sollen mit Hilfe dieses Fahrplans, die richtigen Entscheidungen für eine klimaneutrale Wärmeversorgung treffen. Kommunale Wärmeplanung liefert Kommunen überhaupt erst aktuelle Daten, aus denen sich dann weitere zielgerichtete Maßnahmen ableiten lassen.
Mit Wärmenetzen heizen tausende Haushalte klimaneutral
Kommunen, die bereits fertige Wärmepläne haben, wollen diese zügig umsetzen und Baden-Württembergs Vorreiterrolle damit weiter ausbauen. Eine erste Einschätzung der eingereichten Wärmepläne zeigt, dass eine klimafreundliche Wärmeversorgung hin zur Netto-Treibhausgasneutralität 2040 nur mit einem deutlichen Ausbau von Wärmenetzen möglich ist. Wärmenetze auf Basis erneuerbarer Energien machen auf einen Schlag tausende Haushalte klimaneutral beim Heizen. So schnell und vergleichsweise günstig erzielen wir im Gebäudesektor in keinem Bereich so starke Effekte für den Klimaschutz.
In Gebieten, in welchen Wärmenetze nicht wirtschaftlich sinnvoll sind, schlagen Kommunen in weiten Teilen die Versorgung von Einzelgebäuden mit Wärmepumpen vor. Dort wo Wärmenetze zum Einsatz kommen, werden sie aus den regional verfügbaren Quellen gespeist. Dies sind vor allem die geothermische Energie, die Energie aus industriellen Abwärmeprozessen und Abwasser oder auch die großflächige Solarthermie.
Hohe Investitionskosten erfordern finanzielle Unterstützung der Kommunen
Doch der Bau und Ausbau von Wärmenetzen ist mit hohen Investitionen verbunden. Die Landeshauptstadt Stuttgart nennt in ihrem Wärmeplan Kosten in Höhe von 20 Milliarden Euro. In einer typischen kleinen bis mittelgroßen Kleinen Kreisstadt entstehen schnell zwei- bis dreistellige Millionen an Investitionsbeträgen. Für die Umsetzung ihrer Wärmepläne brauchen unsere Kommunen eine gesicherte und gut ausgestattete Förderung vom Bund. Das Land ist auch bereit, diese zu ergänzen.
Stiftung Energie & Klimaschutz: Gastbeitrag (veröffentlicht am 14.03.2024)