Sofern das Auftauchen eines einzelnen Wolfs bestätigt wird, ist es wichtig in der betroffenen Region Nutztiere durch geeignete Maßnahmen zu schützen. Treffen Wölfe auf einen in der Tierhaltung üblichen Zaun, versuchen sie in aller Regel unter dem Zaun durchzuschlüpfen. Selten überspringt ein Wolf einen ausreichend elektrifizierten Zaun. Generell gilt aber: Wenn die Herdenschutzmaßnahmen nicht sachgerecht erstellt sind, können Wölfe lernen, Zäune zu überwinden. Halterinnen und Halter sollten ihre Nutztiere wie folgt vor Wölfen schützten:
Allgemeine Hinweise
- Zäune müssen auf allen Seiten – also beispielsweise auch zum Wasser hin – geschlossen sein. Wasserläufe, Gräben und sonstige Wasserflächen stellen keine Barriere für einen Wolf dar.
- Geländeunebenheiten wie Torbereiche, Gräben und Fahrspuren bieten oftmals Durchschlupfmöglichkeiten, die verschlossen werden müssen.
- Zäune straff spannen, um die maximal mögliche Höhe zu erreichen (zum Beispiel Eckpfosten abspannen).
- Größe der Koppel oder des Nachtpferchs möglichst so wählen, dass innerhalb der Fläche eine Ausweichmöglichkeit für die Nutztiere besteht. Falls die zur Verfügung stehende Fläche zu klein ist, kann ein zweiter Weidezaun aufgebaut werden, um eine möglichst breite Pufferzone zu schaffen.
- Möglichkeiten vermeiden, von denen aus der Wolf, in die eingezäunte Koppel springen kann (zum Beispiel Heuballen, Brennholzstapel oder Geländekanten). Gegebenenfalls Abstand von 4 Metern einhalten.
- In Steillagen empfiehlt sich eine optische Erhöhung des Zauns durch eine Breitbandlitze, um die geringere effektive Höhe am Hang auszugleichen.
- Falls möglich, Tiere nachts in einen geschlossenen Stall holen.
- Tiere und Zäune täglich kontrollieren (Dokumentation zum Beispiel im Weidetagebuch).
- Damit Wildtiere den Zaun besser wahrnehmen, können 20 bis 30 Zentimeter lange, blau-weiße Absperrbandstreifen im Abstand von 3 bis 5 Metern am Zaun befestigt werden. Dies empfiehlt sich besonders an Stellen wie Waldrändern oder Wildwechseln.
- Blinklichter am Zaun oder ein Lappzaun können Wölfe vorübergehend abschrecken. Sie verlieren jedoch nach wenigen Wochen ihre abschreckende Wirkung und sollten daher nicht dauerhaft eingesetzt werden.
Empfehlungen für den Einsatz von Schutzzäunen
Abmessungen und Aufbau des Zauns
- Weidenetzzäune: mindestens 105 Zentimeter hoch und mit dichtem Bodenabschluss, eine zusätzliche optische Barriere in 120 Zentimetern Höhe durch eine Breitbandlitze/ein Flatterband circa 30 Zentimeter über dem Netzzaun bietet zusätzlichen Schutz
- mobile oder festinstallierte Litzenzäune mit mindestens 5 Litzen (Bodenabstände der Litzen: circa 20/40/60/90/120 Zentimeter)
- Bodenabstand der unteren stromführenden Litze maximal 20 Zentimeter an jeder Stelle des Zauns
- bestehende gut erhaltene Festzäune aus Drahtgeflecht nachträglich mit mindestens 3 Litzen elektrifizieren (Bodenabstände der Litzen: 20 (mit Abstandsisolator)/90/120 Zentimeter)
- schlecht erhaltene Festzäune durch elektrifizierte Zäune ersetzen
Stromführung
- Mindestspannung am Zaun: durchgängig mehr als 4.000 Volt
- Bodenvegetation regelmäßig entfernen, um das Abfallen der Spannung am Zaun zu verhindern
- Leitermaterialien sollten eine möglichst hohe Leitfähigkeit aufweisen (Gesamtwiderstand des Zaunsystems weniger als 1000 Ohm)
- Weidezaungerät mit einer Impulsenergie von 3 Joule oder mehr
- bei Mobilzäunen spezielle Weidezaun-Akkus verwenden, gegebenenfalls in Kombination mit einem Solarmodul
- die messbare Spannung an der Erdung sollte möglichst gering sein, maximal 600 Volt (Messung bei simuliertem Kurzschluss)
- verzinkte Erdungsstäbe verwenden, die in Anzahl und Länge an die Stärke des Weidezaungerätes angepasst sind
- bei starker Trockenheit Boden um die Erdungsstäbe wässern; feuchtigkeitsspeichernde Materialien wie Bentonit oder Katzenstreu in den Löchern der Erdungsstäbe können Leitfähigkeit des Erdungssystems verbessern
- ideal ist der Einsatz einer festinstallierten Erdung
Wildgehege
- Drahtgeflechtzaun muss intakt und immer geschlossen sein
- Untergrabschutz durch eine der folgenden drei Möglichkeiten:
- nachträgliche Elektrifizierung mit idealerweise zwei stromführenden Litzen (Bodenabstände der Litzen: 20 und 40 Zentimeter): Dabei hat sich der Einsatz von Abstandsisolatoren mit 20 Zentimetern Länge oder zusätzlichen mobilen Weidezaunpfählen bewährt. Die Stromspannungs- und Joule-Werte sollten die unter Stromführung genannten Werte aufweisen.
- eine verzinkte, außen am Zaun 1 Meter breit auf den Boden aufgelegte Zaunschürze (Durchmesser des Drahtgeflechts größer/gleich 2 Millimeter), die am Boden und am Zaun (größer/kleiner 40 Zentimeter Überstand) fest fixiert wird
- bei Neuanlagen das Drahtgeflecht circa 40 Zentimeter oder bei ausgeprägt flachgründigen Böden so tief wie möglich senkrecht in den Boden einlassen
- in schneereichen Gebieten Extra-Litzen empfohlen, die oberhalb der üblichen Schneehöhen angebracht werden
Offenstallhaltung
- alle oben genannten Maßnahmen kommen in Betracht, Einzelfallberatung empfohlen
Förderung von Herdenschutzmaßnahmen in Baden-Württemberg
Nachdem mehrere Wölfe im Land sesshaft geworden sind, unterstützt das Umweltministerium Herdenschutzmaßnahmen in den zwei Gebieten „Fördergebiet Wolfsprävention Schwarzwald“ mit rund 8.800 Quadratkilometern und dem „Fördergebiet Wolfsprävention Odenwald“ mit rund 2640 Quadratkilometer, finanziell.
Fördergebiet Wolfsprävention Schwarzwald
Das Fördergebiet umfasst die Gemarkungsflächen aller Städte und Gemeinden im Schwarzwald, die in einem 30-Kilometer-Radius um den Mittelpunkt der beiden Wolfsnachweise der residenten Wölfe GW852m (im Norden) und GW1129m (im Süden) liegen. Das Territorium des dritten residenten Wolfs im Schwarzwald mit der Bezeichnung GW2103m befindet sich ebenfalls in der ausgeschriebenen Förderkulisse. Die Nachweise hat die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) im Auftrag des Umweltministeriums ausgewertet.
Darüber hinaus umfasst das neue Fördergebiet grundsätzlich alle Städte und Gemeinden, die im Naturraum Schwarzwald liegen. Abweichend von diesem Grundsatz wird das Fördergebiet an den klar erkennbaren Landmarken der Bundesstraße 3 im Westen, der Autobahn 81 im Osten und der Autobahn 8 im Norden „abgeschnitten“, falls betroffene Kommunen sich über diese ausdehnen.
Übersicht der Gemeinden des Fördergebietes Wolfsprävention Schwarzwald samt Karte
Fördergebiet Wolfsprävention Odenwald
Das Fördergebiet umfasst die Gemarkungsflächen aller Städte und Gemeinden im Odenwald, die in einem 30-Kilometer-Radius um den Mittelpunkt der Wolfsnachweise des Wolfes GW1832m liegt, welcher von 2020 bis April 2022 als resident galt. Die Nachweise hat die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) im Auftrag des Umweltministeriums ausgewertet.
Darüber hinaus umfasst das neue Fördergebiet grundsätzlich alle Städte und Gemeinden, die im Naturraum Odenwald liegen. Abweichend von diesem Grundsatz wird das Fördergebiet an den klar erkennbaren Landmarken der Bundesstraße 3 im Westen und der Autobahnen 6 und 81 im Osten beziehungsweise Nord-Osten abgegrenzt.
Übersicht der Gemeinden des Fördergebietes Wolfsprävention Odenwald samt Karte
Was wird gefördert?
Fördergegenstand | Fördersatz/Betrag | Hinweise | |
---|---|---|---|
Investitionen für Zäune und Zubehör | 100 Prozent | Umfasst sind beispielsweise mobile Zäune, Material zur Elektrifizierung, Untergrabschutz, Zaunmaterial wie Weidezaungeräte, Litzen, Pfosten Auch zur Sicherung von Offenställen! | |
Mehrwertsteuer | 100 Prozent | Nur bei Nichtvorsteuerabzugsberechtigten | |
Arbeitskosten der wolfsabweisenden Nachrüstung eines Festzaunes | 100 Prozent | Es werden auch eigene Arbeitsleistungen erstattet. Hierfür werden 60 Prozent der üblichen Marktkosten angesetzt. | |
Arbeitskosten für den Neubau eines wolfsabweisenden Festzaunes | 50 Prozent | Es werden auch eigene Arbeitsleistungen erstattet. Hierfür werden 60 Prozent der üblichen Marktkosten angesetzt. | |
Unterhaltskosten Herdenschutzhunde | 1.920 Euro pro Hund und Jahr | Es werden nur zertifizierte Herdenschutzhunde gefördert | |
a) Erschwernisausgleich beim Weidemanagement auf Schaf- und Ziegenweiden | 100 Euro pro Hektar und Jahr | Für bestehende und neue Verträge nach der Landschaftspflegerichtlinie. Auch für Hütehaltung ohne Zäune. Es kann nur alternativ a) oder b) gefördert werden. | |
b) Mehraufwand beim Weidemanagement |
| In der Regel im Zusammenhang mit einer erfolgten Zaunförderung. Es kann nur alternativ a) oder b) gefördert werden. | |
Fragen und Antworten zur Förderung für Tierhalterinnen und Tierhalter können Sie hier herunterladen [PDF; 05/21; 208 KB].
Erstattung im Falle eines Wolfsübergriffs
- Ausgleichszahlung für gerissene oder verendete Nutztiere (auch Gebrauchshunde)
- Tierkörperbeseitigung
- Tierarztkosten
- Kosten für Medikamente für verletzte Tiere
- Arbeitsaufwand für die Suche, das Einfangen oder die Bergung versprengter Tiere
Die Erstattung wird auch außerhalb des Fördergebiets gezahlt. Innerhalb des Fördergebietes wird nach einer Übergangsfrist von einem Jahr nach Ausweisung des Fördergebietes ein Schaden jedoch nur erstattet, wenn der Grundschutz (Schafe, Ziegen, landwirtschaftliches Gehegewild) zum Zeitpunkt des Übergriffes korrekt installiert war. Nach einer Förderung von Weiden mit Kälbern, Jungrindern und Fohlen bis zu einem Alter von 12 Monaten auf besonders zu schützenden Teilflächen ist ebenfalls der korrekt installierte Grundschutz Voraussetzung für eine Ausgleichszahlung. Darüberhinausgehende Schäden werden nicht erstattet.