STUDIE ZUR ABFALLVERMEIDUNG IN BADEN-WÜRTTEMBERG

Produzierendes Gewerbe

robots in a car factory

Das produzierende Gewerbe trägt in Baden-Württemberg mit einem Anteil von etwa 29 Prozent zur Bruttowertschöpfung bei. Innerhalb des produzierenden Gewerbes sind es wiederum die Bereiche Maschinenbau, Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen sowie die Herstellung von Metallerzeugnissen, die den bedeutendsten Anteil aufweisen. 

Im produzierenden Gewerbe werden häufig komplexe Produkte unter hohem Rohstoffeinsatz hergestellt, die überwiegend auf andernorts erzeugte Vorprodukte aufbauen. Die Gewinnung der Rohstoffe und deren Aufbereitung sind mit unterschiedlich hohen Umwelt- und Abfalllasten verbunden. Die Produktionsprozesse selbst sind allerdings oft schon aus ökonomischen Gründen bei der Ressourcennutzung weitgehend optimiert. Weitere Optimierungen der Produktionsprozesse sind zumeist nur noch schwer zu erreichen. 

Abfallvermeidung insbesondere in der Produktgestaltung

Möglichkeiten zur Minderung des Abfallaufkommens und zur Verbesserung der Ressourceneffizienz werden jedoch noch in der Produktgestaltung gesehen. Hier wird unter anderem entschieden, aus welchen Materialien ein Produkt bestehen soll und in welchen Mengen diese Materialien zum Einsatz kommen. Beim Rohstoffbezug kann sich dabei über die Auswahl der Rohstoffe und der Vorlieferanten eine beachtenswerte Hebelwirkung ergeben. 

Zusätzlich kann im Rahmen der Produktgestaltung auf die Nutzungsphase Einfluss genommen werden. Aus Sicht der Ressourceneffizienz und der Abfallvermeidung ist eine möglichst lange Nutzungsphase gerade auch von komplexen hochwertigen Konsumgütern von zentraler Bedeutung. Können einzelne defekte Komponenten eines Produktes ausgetauscht werden, müssen nicht ganze Produkte sondern nur einzelne Komponenten verworfen werden. Bei der Produktgestaltung sollte diesem Aspekt Rechnung getragen werden.

Reparatur statt Neuanschaffung und längere Nutzungsdauer

Gerade bei hochwertig verarbeiteten Produkten sollte zudem die Möglichkeit bestehen, die ausgetauschten Komponenten einer umfassenden Reparatur zu unterziehen und diese erneut zu vermarkten. Dies ist für den Kunden vor allem dann attraktiv, wenn mit dem Erwerb dieser Güter die gleichen Garantieleistungen verbunden sind, wie sie beim Kauf eines Neuproduktes gewährt werden. Eine Reparatur ist bei gleicher Produktqualität aus Sicht des Ressourcenschutzes und der Abfallvermeidung in vielen Fällen der Herstellung eines Neuproduktes vorzuziehen. 

Ein weiterer Aspekt ist die Steigerung der Intensität während der Nutzungsphase. In der Folge werden bei gleichem Nutzen weniger Produkte benötigt. Da deren Herstellung und Distribution über alle Verarbeitungsstufen hinweg mit einem Abfallaufkommen verbunden ist, würde sich die Abfallmenge entsprechend reduzieren. 

Aufgrund dieser Überlegungen wird vorgeschlagen, die Metallindustrie Baden-Württembergs dazu zu bewegen, zum Beispiel über freiwillige Vereinbarungen auf ihre Vorlieferanten dahingehend einzuwirken, bei der Herstellung ihrer Produkte aus Metallen gezielt auf Rohstoffe und Vorprodukte zurückzugreifen, die aus abfallarmen Lagerstätten und Aufbereitungsverfahren stammen.

Zur Unterstützung könnten den jeweiligen Vorlieferanten Entscheidungshilfen zur Bewertung von Lagerstätten, Aufbereitungsverfahren, Produktionsketten und Ökobilanzen an die Hand gegeben werden. Auch der Rückgriff auf Sekundärrohstoffe sollte miteinbezogen werden und soweit qualitativ möglich sogar Vorrang haben. Die Entscheidungshilfe könnte gleichfalls als Basis von freiwilligen Vereinbarungen dienen. Zum Anreiz könnte die Landesregierung Wettbewerbe zur Auszeichnung von Produktionsverfahren initiieren. 

Ressourcenschonender Materialeinsatz 

Des Weiteren lassen die in der Produktionskette benötigten Verpackungen Abfallvermeidungspotenziale erkennen. Angesichts der ausdifferenzierten Produktionsweise spielen Warentransporte im Produktionssektor eine immer größere Rolle. Um die Waren jeglicher Art transportfähig zu machen, müssen sie in der Regel verpackt werden. Erst so werden sie handhabbar für die Be- und Entladung und vor negativen Einflüssen während des Umschlags und Transportes geschützt.

Oftmals sind diese Verpackungen bereits auf Mehrwegbehältnisse umgestellt. Firmen aus Baden-Württemberg können hier als Vorbild benannt werden. Ziel sollte es jedoch sein, diese Logistiklösungen zum Standard für die gesamte Branche zu entwickeln. In Zusammenarbeit mit der Logistikbranche und der Industrie wären daher Standards für eine auf Mehrwegbehältnissen beziehungsweise Mehrwegtransportverpackungen basierende Logistiklösung zu erarbeiten, die sich an den guten Beispielen der Branche orientiert.

Die erarbeiteten Standards könnten Grundlage einer freiwilligen Vereinbarung sein. Dieser Ansatz sollte in alle Ebenen eines Betriebes kommuniziert werden, die sich um eine ständige Optimierung der Produktions- und Logistikkette bemühen. Hierzu bedarf es Schulungen des Personals und möglicherweise Anreize durch firmeninterne Wettbewerbe. 

Um über die Produktgestaltung auf die Reparaturfreundlichkeit von Produkten und einen ressourcenschonenden Materialeinsatz einzuwirken, wird vorgeschlagen, Produktionsbetriebe oder stellvertretend die jeweiligen Verbände durch freiwillige Vereinbarungen zu veranlassen, ihre Mitarbeiter aus der Produktentwicklung regelmäßig zu schulen.

Darüber hinaus könnte das Land in regelmäßigen Abständen Wettbewerbe mit dem Ziel veranstalten, Produktionsbetriebe mit entsprechender Vorbildfunktion auszuzeichnen. Der Wettbewerb und die Auszeichnung der Gewinner könnte wiederum für eine breite Öffentlichkeitskampagne genutzt werden, mit der das Konzept des Remanufacturings zusammen mit dem Gewinner des Preises beworben wird. 

Konsumgüter-Sharing

Eine weitere Maßnahme zur indirekten Reduktion von Abfällen aus dem produzierenden Gewerbe könnte die Förderung von Produktdienstleistungssystemen sein. Nicht immer ist es sinnvoll, Gebrauchsgüter selbst zu erwerben. Die partnerschaftliche Nutzung von langlebigen Gütern, wie zum Beispiel Maschinen oder Fahrzeuge, ist nach ersten Ansätzen in den neunziger Jahren für Carsharing inzwischen sehr populär geworden.

Zur Weiterentwicklung dieser Systeme wird vorgeschlagen, zunächst eine Bestandsaufnahme und eine Situationsanalyse zum Konsumgüter-Sharing durchzuführen. Dies sollte im intensiven Austausch mit den in diesem Bereich tätigen Organisationen erfolgen. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse könnten als Basis für die Ausschreibung eines Ideenwettbewerbes, für Impulsprojekte zur Förderung abfallvermeidender Produktdienstleistungssysteme oder für eine Öffentlichkeitskampagne genutzt werden. 

// //